Serientäter

Die neue «Matlock» hat Schwächen – aber auch Stärken

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Doch die Neuauflage überzeugt auch mit einigen gelungenen Elementen. Vor allem gegen Ende der Staffel zieht die Serie spürbar an.

Zwischen 1986 und 1995 beauftragten zunächst NBC, dann ABC die Viacom Productions mit dem Anwaltsdrama «Matlock» aus der Feder von Dean Hargrove. In Deutschland war die Serie Anfang der 2000er Jahre bei ProSieben regelmäßig vor dem Mittagsmagazin «SAM» zu sehen – nahezu in Endlosschleife. Andy Griffith gehörte damit für viele Jahre zum festen Inventar des Senders. In insgesamt neun Staffeln entstanden 193 Episoden. Der Plot war einfach, aber effektiv: Ben Matlock gewann nahezu jeden Fall, und am Ende wurde stets der wahre Täter entlarvt – ein bewährtes Erfolgsrezept.

Die Neuauflage stammt nun von Jennie Snyder Urman, die ihre Karriere mit Comedy-Formaten wie «Hope & Faith» begann und später unter anderem zum Produktionsteam der «Gilmore Girls» gehörte. Nach Stationen bei Serien wie «Men in Trees» und dem «90210»-Reboot entwickelte sie schließlich mit «Jane the Virgin» ein gefeiertes Dramedy-Format. Dass Urman nun eine Neuinterpretation von «Matlock» verantwortet, kam überraschend – schließlich ist ihr bisheriges Werk eher im humorvollen Serienfach angesiedelt.

In der neuen Version übernimmt Oscarpreisträgerin Kathy Bates die Hauptrolle als Madeline „Matty“ Matlock, eine angeblich verwitwete Anwältin, die nach finanziellen Schwierigkeiten zurück ins Berufsleben drängt. Sie heuert bei der angesehenen Kanzlei Jacobson Moore an – nachdem sie sich mit Tricks an den Pförtnern vorbeischleicht und sich in ein Vorstellungsgespräch manövriert. Dort überzeugt sie prompt und arbeitet fortan mit der Seniorpartnerin Olympia Lawrence (gespielt von Skye P. Marshall) zusammen. Ihr zur Seite stehen außerdem die beiden jungen Juristen Billy Martinez (David Del Rio) und Sarah Franklin (Leah Lewis), die neben Matty am häufigsten im Zentrum der Handlung stehen.

Bereits der Pilot setzt auf große Themen: Ein ehemaliger Häftling fordert eine Entschädigung in Millionenhöhe für seine unrechtmäßige Verurteilung wegen Vergewaltigung und Mord. Das Team der Kanzlei recherchiert und entdeckt eine verschwundene Anzeige einer früheren Zeugin. Am Ende wird eine Zahlung von 20 Millionen Dollar erreicht – Fall gewonnen. Doch der Fall ist nur die halbe Wahrheit: Die Zuschauer erfahren, dass Matty Matlock sich aus einem ganz anderen Grund bei der Kanzlei beworben hat. Ihre Tochter starb an einer Opioid-Überdosis – und Matty glaubt, dass jemand in der Kanzlei aktiv daran beteiligt war, dass die gefährlichen Medikamente viel zu spät vom Markt genommen wurden.

Im Gegensatz zum Original geht die neue Serie damit über das klassische Fall-der-Woche-Prinzip hinaus. Sie entwickelt einen fortlaufenden Handlungsbogen, der die Serie über weite Strecken zusammenhält. Gleichzeitig spielt sie geschickt mit Anspielungen auf die alte Serie: Ähnliche Vornamen tauchen auf, das Grundprinzip bleibt erhalten – nur in modernisierter Form. Dennoch offenbaren sich Schwächen: Die Fälle werden im Laufe der Staffel zunehmend konstruiert. Beweise tauchen teils plötzlich auf, und Informationen gelangen über fragwürdige Wege – etwa durch Hacking – an die Anwälte. Das untergräbt die Glaubwürdigkeit der Ermittlung.

Auch das Privatleben der Figuren nimmt einen großen Stellenwert ein. Olympia und Julian Markston (Jason Ritter) lassen sich scheiden, ihre Beziehung zerbricht im Laufe der Episoden. Elijah Walker (Eme Ikwuakor) taucht auffallend häufig als Liebhaber auf – seine eigentliche Rolle als Mentor bleibt blass. Edwin Kingston, Mattys Ehemann, sorgt für zusätzliche Konflikte: Im Verlauf der Staffel kommt es vermehrt zu Spannungen zwischen ihm und Matty, die jedoch nur oberflächlich ausgestaltet sind. Enttäuschend ist vor allem Beau Bridges, der Howard „Senior“ Markston spielt – ihm gelingt es nicht, seinem Charakter die notwendige Tiefe zu verleihen. Im Gegensatz zu seinem Bruder Jeff Bridges blieb ihm der große Durchbruch bislang verwehrt.

Auch die jüngeren Figuren bekommen eigene Storylines: Billy wird bei einem Heiratsantrag verlassen, seine Kollegin Sarah beginnt eine Beziehung mit IT-Fachfrau Kira (Piper Curda), die allerdings lieber eine offene Beziehung führen möchte. Die Serie deutet immer wieder an, dass sich Sarah und Billy irgendwann näherkommen könnten – bisher bleibt das allerdings rein spekulativ.



Im zweiten Teil der Staffel intensiviert sich Mattys heimliche Ermittlung. Das Katz-und-Maus-Spiel zwischen ihr und der Kanzlei ist durchaus spannend erzählt und verleiht der Serie zusätzliche Tiefe. Allerdings enttäuscht das Staffelfinale: Die Auflösung des großen Geheimnisses bleibt aus. Nach 19 Episoden endet die Staffel mit einem Cliffhanger. Das ist riskant – denn sollte es keine zweite Staffel geben, bleibt die zentrale Geschichte unvollständig. Und sollte sich die Auflösung noch über viele weitere Folgen ziehen, droht eine überstrapazierte Handlung.

Im Gegensatz zum Original, dessen Einzelfolgen man problemlos "wegbingen" konnte, erschwert der rote Faden der neuen Version das gelegentliche Reinschalten. Die klassische «Matlock»-Struktur wird damit zwar modernisiert, büßt aber auch Zugänglichkeit ein. Gerade deshalb wäre es ratsam, das Opioid-Geheimnis zügig aufzulösen und sich in zukünftigen Folgen wieder stärker auf spannende, in sich geschlossene Fälle mit überraschenden Wendungen zu konzentrieren.

Die neue «Matlock» will mehr sein als ein simples Reboot – das ist lobenswert. Doch der Mix aus fortlaufender Handlung, überzeichneten Nebenplots und teilweise schwachen Fällen verhindert, dass die Serie ihr volles Potenzial entfalten kann. Kathy Bates überzeugt in der Hauptrolle, aber das Format muss erzählerisch noch klarer werden, um langfristig zu bestehen.

«Matlock» kann bei Sky und WOW abgerufen werden.

Kurz-URL: qmde.de/163124
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