Stab
Cast: Katia Fellin, Miguel Ángel Silvestre, Margarita Broich, Mariam Hernández, Iria Santana, Thomas HeinzeSchnitt: Gaspar Broullón
Musik: Santi Jul, Iván Laxe
Kamera: Jaime Pérez
Drehbuch: Carlota Dans, Nina Hernández, Alberto Guntín, Alfonso Blanco
nach einer Idee von: Pepe Coira
Regie: Oriol Ferrer
Die Kameraarbeit von Jaime Pérez gerät dabei ohne Frage zur mitunter größten Stärke dieser ersten Folge. Sie taucht das Geschehen in ein helles, beinahe überbelichtetes Licht, das die Figuren aus ihrer vermeintlichen Urlaubsidylle herauslöst und eine latente Bedrohung entstehen lässt. In langen, ruhigen Einstellungen verweilt Pérez auf Gesichtern, dem Meer und anderen eindrücklichen Motiven – und schafft damit eine Atmosphäre, die an den Slow-Crime-Trend der letzten Jahre erinnert. Leider ist das, was sich innerhalb dieser ästhetischen Rahmen bewegt, jedoch erzählerisch deutlich konventioneller.
Das Drehbuch der ersten Folge – verfasst von Carlota Dans, Nina Hernández, Alberto Guntín und Alfonso Blanco nach einer Idee von Pepe Coira – bemüht sich, sowohl die deutsche Krimistruktur als auch den spanischen Serienrhythmus miteinander zu versöhnen. Das führt zu einer gewissen Unruhe im Ton: Mal glaubt man, sich in einer ZDF-Montagskrimi-Episode wiederzufinden, dann wieder erinnert die langsame Figurenzeichnung an Produktionen wie «Hierro» oder «La isla mínima». Doch wo jene Serien es schaffen, ihre Charaktere über kleine Gesten und Schweigen zu definieren, erklärt «Weiss & Morales» zu oft, was es eigentlich zeigen sollte.
Katia Fellin als Nina Weiss bringt zwar eine sympathische Bodenständigkeit in ihre Rolle, doch ihr Spiel bleibt – zumindest in dieser ersten Folge – erstaunlich zurückhaltend. Ihre Figur soll zerrissen sein zwischen familiären Altlasten und professioneller Pflicht, doch diese innere Spannung bleibt Behauptung. Anders Miguel Ángel Silvestre, der als Raúl Morales eine fast melancholische Präsenz entwickelt. Sein Konflikt zwischen Beruf und Ehe wirkt glaubwürdiger, auch weil er mit einer gewissen körperlichen Direktheit spielt, die Fellin an seiner Seite manchmal vermissen lässt. Die Chemie der beiden Hauptfiguren deutet sich an, zündet aber noch nicht – was einerseits realistisch ist, andererseits die Episode etwas spannungsarm macht.
Erzählerisch bietet der Fall um den toten Ingenieur Bruno Kohl (Pau Requesens) zunächst klassische Ermittlungsarbeit, inklusive familiärer Verstrickungen, zwielichtiger Geschäftsleute und undurchsichtiger Motive. Doch das Drehbuch scheut davor zurück, echte Ambivalenz zuzulassen. Stattdessen werden Verdachtsmomente mit betulicher Klarheit ausformuliert, als wolle man dem Publikum keine Unsicherheit zumuten. Ein bisschen mehr Mut zum moralischen Graubereich – gerade bei einem solchen Stoff – hätte der Serie gutgetan.

So beginnt «Weiss & Morales» zwar als visuell eindrucksvolle, atmosphärisch dichte Krimiserie, die jedoch erzählerisch noch unter ihrer deutsch-spanischen Doppelidentität leidet. Zwischen touristischer Postkartenoptik und psychologischer Tiefe sucht die erste Episode nach dem richtigen Gleichgewicht – und findet vor allem eines: solides, aber wenig überraschendes Fernsehen. Bleibt zu hoffen, dass die kommenden drei Folgen mutiger werden, damit aus dem atlantischen Sonnenschein-Krimi kein weiteres Sonntagsrätsel in schönem Licht wird.
Die erste Folge von «Weiss & Morales» wird am Sonntag, den 19. Oktober um 22.15 Uhr im ZDF ausgestrahlt.
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