Stab
Darsteller: Axel Milberg, Julia Koschitz, Max Hubacher, Benjamin Sadler, Elisa Schlott, Luka OmotoMusik: Jörg Lemberg
Kamera: Walter Harrich
Drehbuch und Regie: Daniel Harrich
Harrich, der sich in den letzten Jahren als Regisseur mit Sendungsbewusstsein einen Namen gemacht hat, will viel: Er will aufklären, anprangern, aufrütteln. Doch «Verschollen» erweist sich als Paradebeispiel dafür, wie der noble Wille zur gesellschaftlichen Relevanz in dramaturgischer Trägheit und erzählerischem Überschwang ertrinken kann.
Schon die Prämisse wirkt bemüht: Ein deutscher Ingenieur (Axel Milberg) reist in den brasilianischen Regenwald, um seinen Sohn (Max Hubacher) zu suchen, der dort als Umweltwissenschaftler in ein dubioses Aufforstungsprojekt verwickelt ist. Klingt nach einem soliden Ausgangspunkt für einen Thriller. Doch was folgt, ist eine aufdringlich didaktische Abhandlung über CO₂-Zertifikate, Landraub und Klimapolitik – so holzschnittartig präsentiert, dass jeder Spannungsbogen schon im Ansatz abbricht.
Axel Milberg gibt sich als Klemens Stadler redlich Mühe, aber er kann gegen die Pappkulissenhaftigkeit des Drehbuchs wenig ausrichten. Seine Figur wird zum Stichwortgeber eines moralischen Diskurses degradiert, dessen Tiefe sich in wiederkehrenden Mahnungen erschöpft. Max Hubacher, der als Sohn Jan Stadler das emotionale Zentrum bilden soll, bleibt derweil blass – eine Figur ohne Konturen, deren Verschwinden emotional so wenig Gewicht hat, dass man es beinahe übersieht.
Die Kameraarbeit von Walter Harrich tut ihr Übriges: Zwar werden die brasilianischen Landschaften in schönes Licht getaucht, doch die Inszenierung bleibt erstaunlich steril. Alles wirkt arrangiert, sorgsam komponiert, aber ohne Leben. Diese Ästhetik der Hochglanz-Dokumentation nimmt dem Film jede Unmittelbarkeit. Statt Dschungel oder Bedrohung fühlt man sich, als säße man in einer ARD-Dokumentation zur besten Sendezeit, die vom nachfolgenden «Verschollen – Die Doku», das den realen Hintergrund der hier gezeigten Geschichte beleuchtet, ohnehin noch überboten wird.
Und das ist vielleicht der größte Fehler dieses Projekts: «Verschollen» ist kein Film, sondern ein verlängertes Begleitmaterial zur eigenen Dokumentation. Er hat die Haltung eines Beitrags aus dem «Brennpunkt», dem man fälschlicherweise eine Thriller-Struktur übergestülpt hat. Die Figuren dienen der Illustration eines Themas, nicht dem Erzählen einer Geschichte. Alles, was als Spannung intendiert ist, folgt der Logik eines Faktenreferats: „Jetzt zeigen wir Korruption“, „Jetzt kommt Gewalt“, „Jetzt das persönliche Dilemma“. Dramaturgisch wirkt das wie ein klappriger Zug, der nie wirklich Fahrt aufnimmt.
Dass Harrichs Drehbuch von echten Recherchen inspiriert ist, merkt man – und genau das ist das Problem. Jede Szene scheint durch die Pflicht getrieben, einen weiteren Missstand zu benennen. Was in einem investigativen Format funktioniert, lässt einen fiktionalen Stoff jedoch erstarren. Man spürt die Furcht vor Ambivalenz: Kein Charakter darf zu widersprüchlich, kein Konflikt zu moralisch unklar sein. So wird der Zuschauer zwar belehrt, aber nie berührt.Am Ende bleibt «Verschollen» ein seltsam blutleeres Werk, das den Zuschauer mit dem unguten Gefühl entlässt, eher einen Beitrag zur politischen Bildung als ein Stück Fernsehen gesehen zu haben. Es ist der Typus Film, der von sich selbst zu sehr überzeugt ist, um wirklich zu funktionieren – und damit das Gegenteil dessen erreicht, was er anstrebt: Statt aufzuklären, ermüdet er. Statt wachzurütteln, betäubt er.
Der Film «Verschollen» wird am Mittwoch, den 12. November um 20.15 Uhr im Ersten ausgestrahlt.







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Supervisor Sound Technics (m/w/d)
Initiativbewerbungen (m/w/d)
Rechtsreferendariat im Bereich Wirtschaftsrecht mit Schwerpunkt Urheberrecht 




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