Die Kritiker

«Inga Lindström – Herz über Kopf»

von

Ein Wiedersehen, ein Streit um ein Kind und jede Menge Schwedenaufnahmen. Der neue Film von «Inga Lindström» ist sehr Inga Lindström.

Stab

Darsteller: Zoe Moore, Félix Herzog, Michaela May, Nayla Brehmer, Jochen Matschke, Andreas Elsholz
Schnitt: Manuela Kempf
Musik: Andy Groll
Kamera: Sebastian Wiegärtner
Drehbuch: Aline Ruiz Fernandez und Oliver Dieckmann (auch Regie)
Es gibt eine gewisse Erwartungshaltung, mit der man an einen neuen Film der «Inga Lindström»-Reihe herangeht. Man rechnet mit weitläufigen Landschaften, sanftem Licht, zarten Liebesgeschichten und Konflikten, die so harmlos sind, dass sie nach 90 Minuten verlässlich in einer Umarmung und einem Sonnenuntergang enden. Doch selbst innerhalb dieser engen Grenzen ist es möglich, eine Geschichte zu erzählen, die berührt, unterhält oder wenigstens glaubhaft wirkt. «Inga Lindström – Herz über Kopf» ist leider keines dieser Beispiele. Vielmehr handelt es sich um ein Paradebeispiel dafür, wie aus kalkulierter Routine und formelhafter Regiearbeit ein Film entsteht, der nicht einmal mehr den Anspruch erhebt, authentisch zu sein.

Schon der Einstieg lässt ahnen, wohin die Reise geht. Nora (gespielt von Zoe Moore) verliert ihren Job als Tierärztin und reist in ihre alte Heimat, um das Haus ihrer Großmutter Alma (eine wie immer solide, aber verschenkte Michaela May) zu verkaufen. Dort trifft sie auf ihre Jugendliebe Samu (Félix Herzog), der sie einst sitzengelassen hat, und den sympathischen Weltenbummler Ole (Jochen Matschke), der offenbar nur da ist, um romantische Verwirrung zu stiften. Der Film versucht, dieses Dreiecksverhältnis als emotionalen Kern zu verkaufen, doch schon nach wenigen Szenen ist klar: Hier schlägt kein Herz über Kopf, hier funktioniert alles nach Schema F.

Das Drehbuch von Aline Ruiz Fernandez und Oliver Dieckmann bemüht sich redlich, Tiefe in die Figuren zu bringen – besonders durch den Nebenplot um Samus Nichte Binta (Nayla Brehmer), für die er die Vormundschaft zu verlieren droht. Doch statt aus dieser durchaus brisanten Ausgangslage emotionales Kapital zu schlagen, wird sie zum reinen Katalysator einer vorhersehbaren Romanze degradiert. Das Kind dient als dramaturgisches Werkzeug, um Nora und Samu wieder zusammenzuführen, ohne dass ihre Annäherung jemals organisch wirkt. Die Dialoge sind so hölzern, dass man meint, sie seien direkt aus einer Drehbuchsoftware der frühen 2000er entsprungen.

Oliver Dieckmann, der hier auch Regie führt, scheint sich der Belanglosigkeit seines Materials bewusst zu sein und flüchtet sich in Hochglanzästhetik. Kameramann Sebastian Wiegärtner fängt die schwedische Landschaft zwar in postkartenreifen Bildern ein – leuchtende Seen, wogende Felder, goldene Abendsonne –, doch die visuelle Schönheit bleibt reine Oberfläche. Hinter all der malerischen Idylle versteckt sich ein Film, der emotional völlig leerläuft. Jede Szene wirkt gestellt, jeder Blick berechnet. Selbst die Musik von Andy Groll überzuckert das Geschehen mit so viel sentimentaler Romantik, dass man sich fragt, ob hier Gefühle erzeugt oder schlichtweg erzwungen werden sollen. Gleichzeitig fehlt «Inga Lindström – Herz über Kopf» jegliches Gespür für Rhythmus oder Dynamik. Die Übergänge sind so behäbig, dass man das Gefühl hat, der Film stolpere von einem Klischee zum nächsten. Szenen enden nicht, sie versanden.

Schauspielerisch bleibt ebenfalls wenig hängen. Zoe Moore spielt Nora mit jener Mischung aus verletzlicher Stärke und romantischer Ratlosigkeit, die man in diesen Filmen erwartet – aber nicht mehr. Félix Herzog bemüht sich um Charisma, bleibt jedoch blass. Nur Michaela May schafft es, ihrer Figur Alma einen Hauch von Leben einzuhauchen; man wünschte, der Film hätte sich mehr auf sie konzentriert.

Am Ende steht ein Finale, das weder überrascht noch berührt. Alles läuft auf die obligatorische Versöhnung hinaus, und wenn sich die wiedergefundenen Liebenden schließlich in den Armen liegen, fühlt sich das eher nach vertraglicher Pflicht als nach echter Emotion an. «Inga Lindström – Herz über Kopf» ist ein Film, der so sehr in seinen eigenen Konventionen gefangen ist, dass er vergisst, warum diese Geschichten einst so beliebt waren: Weil sie vom Glauben an Liebe, Hoffnung und zweite Chancen erzählten. Hier bleibt davon nur eine hübsch verpackte Leere.

Der Film «Inga Lindström – Herz über Kopf» wird am Sonntag, den 26. Oktober um 20.15 Uhr ausgestrahlt.

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