Interview

‚Film ist kein Wunschkonzert‘: Oliver Wnuk über Sylt, Stromberg und die Kunst des Komischen

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In «Sievers und die stillen Austern» taucht Oliver Wnuk erneut in die vertraute, aber stets herausfordernde Welt von «Nord Nord Mord» ein. Im Gespräch erzählt er, warum ihm einzelne Drehtage längst verschwimmen, weshalb Komik immer emotional angebunden sein muss – und wie er den Hype um den neuen «Stromberg» erlebt.

Hinnerk Feldmann gerät in «Sievers und die stillen Austern» in einen Fall, der viel mit alten Kränkungen und Familiendynamiken zu tun hat. Welche Facette hat Ihnen beim Spielen diesmal besonders Spaß gemacht?
Wir haben gerade den 32. Film abgedreht. Irgendwie verschwimmt alles. Mir geht es mehr um das Gefühl auf der Insel, um die Atmosphäre mit den Kollegen, die Lebenszeit, den Genuss. Einzelne Drehmomente lassen sich da nur noch schwer herausarbeiten.

Die erste Einstellung zeigt Sievers und Tabea mit Hund „Joker“ am Strand. Wie sehr verändert so ein tierischer Neuzugang die Dynamik im Team – vor und hinter der Kamera?
Ich habe mit dem Hund nichts zu tun, außerdem wird der auch nicht konsequent durcherzählt. Die einzige Erfahrung, die ich in den letzten Jahren mit einem Hund am Set hatte, war nicht so schön. Ein Dackel biss mich während einer Szene ins Gesicht. Mein Tag endete in der Notaufnahme. Ich arbeite lieber mit Menschen. Die können zwar auch bissig sein, diese Zusammentreffen enden aber selten mit Nadel und Faden.

Die Folge erzählt viel über Sylt als Mikrokosmos – Austernzucht, Tourismus, Eitelkeiten. Wie sehr beeinflusst die Insel Ihre Figur und die Stimmung der Dreharbeiten?
Weniger dieser Mikrokosmos als die Gezeiten. Wir haben gerade 2,5 Wochen im November auf der Insel verbracht. Da kann es schon recht zopfig werden vor der Kamera. Außerdem muss man schon zwischen 4 und 5 Uhr morgens raus, da das benötigte Tageslicht gegen 15 Uhr Feierabend macht und jeder Sonnenstrahl genutzt werden will.

Der Tote liegt im Watt, verstrickt in Austernbänke. Was sind Ihnen persönlich die eindrucksvollsten oder auch physisch anspruchsvollsten Szenen dieser Episode?
An einem zugigen Februarmorgen stundenlang im Watt arbeiten ist für meine Kondition schon physisch anspruchsvoll genug.

Hinnerk ist als Figur bekannt für seine Mischung aus Tapsigkeit und präzisem Spürsinn. Wie halten Sie diese Balance, ohne dass es in Richtung Klamauk kippt?
Durch Anbindung. Komik ist nur für mich nur dann lustig, wenn sie emotional angebunden ist. Es muss authentisch sein, egal wie albern die zu spielende Situation gerade ist. Die Komik muss aus einer Not der Figur heraus entstehen. Erst dann ist es für mich lustig - erst dann habe ich Spaß, es darzustellen.

Die Folge spinnt einen Bogen zu einem älteren, ungelösten Fall. Wie wichtig finden Sie diese leisen, fortlaufenden Erzählstränge für «Nord Nord Mord»?
Schwierig durchzubekommen, da der Sender die Folgen sehr oft durcheinander wiederholt und eine horizontale Erzählweise zu Irritationen beim Zuschauer führen könnte. Wir bauen auf unsere 16jährige gemeinsame Geschichte. Man merkt wie eingespielt wir sind und wie sehr sich die Figuren vertraut sind - auf dieses mächtige Pfund lässt sich viel aufbauen.

Mit Julia Brendler und Peter Heinrich Brix spielen Sie seit Jahren ein eingespieltes Trio. Wie sorgt ihr dafür, dass die Zusammenarbeit frisch bleibt und jede neue Folge neue Nuancen bringt?
Muss es das? Gerade in einer so langlebigen Reihe ist das Vertraute das Wesentliche. Die Zuschauer können sich auf uns verlassen. Sie kennen die Wünsche, Probleme und Bedürfnisse der Figuren und sehen uns gerne, wie wir uns wieder einem neuen Fall stellen. Wir sind seit so vielen Jahren zu Gast in den Wohnzimmern, da möchte man doch nicht plötzlich zu sehr überrascht werden.

In dieser Episode stecken besonders viele starke Nebenfiguren – von der exzentrischen Stammkundin bis zum verletzten Sohn. Wie sehr inspirieren Sie solche Figuren für Ihr eigenes Spiel?
Ich liebe es, wenn ich auf ebenso leidenschaftliche Komödianten stoße, wie ich mich als einer definieren würde. Die Zusammenarbeit mit Fridolin Sandmeyer, der in diesem Film einen ambitionierten Friseur spielt, hat mir ganz große Freude gemacht. Ein äußerst talentierter Kollege.

Gleichzeitig läuft die Doku «Backstage – Nord Nord Mord». Wie fühlt es sich an, wenn das Publikum so nah in die Arbeitsprozesse hineinschauen darf?
Schön. Wenn wir auf Sylt drehen, vor allem in Westerland, manchen wir das mittlerweile vor den Augen unzähliger Passanten und Fans. Unter Ausschluss der Öffentlichkeit findet unser Arbeitsprozess schon lange nicht mehr statt.

Der neue «Stromberg» hat einen enormen Hype ausgelöst: Wie haben Sie diese Begeisterung aus Ihrer Perspektive erlebt?
Mit großer Freude. Ich darf bei zwei so großen und extrem langlebigen Publikumserfolgen mein Pfund in die Waage legen. Ich fühle mich mitverantwortlich für das Gelingen dieser Projekte, die so vielen Menschen etwas bedeuten. Das ist ein sehr schönes Gefühl.

Der Kinofilm ließ bewusst mehrere Enden offen und viele Figuren im Schwebezustand. Waren Sie persönlich zufrieden mit diesem Ausgang – oder hätten Sie sich etwas Radikaleres oder Klareres gewünscht?
Meine persönliche Meinung ist irrelevant. Film ist kein Wunschkonzert. Vielleicht lässt man ja auch Enden offen, um später weiter machen zu können.

Vielen Dank für Ihre Zeit!

«Nord Nord Mord» ist am 15. Dezember im ZDF zu sehen. Die neue Ausgabe ist bereits seit 6. Dezember 2025 in der ZDFmediathek abrufbar. «Backstage» läuft am Sonntag, den 28. Dezember, 19.10 Uhr.

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