Die Kritiker

«Gar kein Geld macht auch nicht glücklich»

von

Drei Schwestern, ein Einbruch, fünf Jahre Knast. Danach: ein Neustart? Am Montagabend versucht sich das ZDF an dieser gewollt charmanten Gaunerkomödie.

Stab

Darsteller: Katharina Wackernagel, Julia Becker, Sara Fazilat, Christoph Bach, Jan Kampmann, Franziska Hartmann
Schnitt: Christoph Lumpe
Musik: Lisa Morgenstern
Kamera: Fabian Spuck
Drehbuch und Regie: Jonas Grosch
In «Gar kein Geld macht auch nicht glücklich» versucht Jonas Grosch, der sich zugleich für Regie und Drehbuch verantwortlich zeichnet, einen Heist-artigen Moralfilm mit sozialkritischem Anstrich zu erzählen – und landet dabei irgendwo zwischen bemühter Kapitalismussatire, schwesterlichem Empowerment-Kino und unfreiwilliger Stildivergenz. Das Ergebnis ist, um es mit einer gewissen höflichen Direktheit zu sagen, durchwachsen. Und zwar in jenem Sinne, in dem sich Ambition und Ausführung nur punktuell berühren, während der Rest im luftleeren Raum verharrt.

Man erkennt Groschs Anliegen sofort: Er will ein Genre in den deutschen Film importieren, das hierzulande traditionell als schwer bespielbar gilt – der elegante, dramaturgisch durchchoreografierte Coup-Film. Doch anstatt die Mechanik eines solchen Plots konsequent durchzuziehen, verliert sich der Film in einer Vielzahl von Nebentönen, die erstens nicht recht zueinanderfinden und zweitens in ihrer Ausführung oft eher grob als pointiert geraten. Die Prämisse allerdings hat Charme: Drei Halbschwestern, deren gescheiterter Bankeinbruch aus moralischen Gründen – und eben nicht aus monetären – sie fünf Jahre ins Gefängnis bringt, formieren sich danach erneut zu einem aufrechten, moralisch überhöhten Gangsterkollektiv, um einen korrupten Wissenschaftler zu entlarven.

Katharina Wackernagel als Virologin Kim Hansen liefert dabei eine energische, allerdings zuweilen überschärfte Performance. Ihr moralischer Furor ist zwar nachvollziehbar, wirkt aber oftmals wie aus einem anderen Film importiert – einem, der stärker im politischen Kommentar und weniger im leichtfüßigen Genre-Spiel verwurzelt ist. Julia Becker und Sara Fazilat als Lesley und Olivia bilden den sozial aufgelockerten Gegenpol, doch auch sie geraten in ein Spannungsfeld zwischen Humorversatzstücken und ernsthafter Familientragödie, das erzählerisch nie wirklich austariert wird.

Das größte Problem des Films liegt jedoch nicht im Spiel, sondern in seinem Ton. Grosch möchte gleichzeitig Satire, Thriller, Familienkomödie, Gesellschaftsdiagnose und Buddyfilm sein. Das ist ambitioniert, scheitert aber an der mangelnden Priorisierung. Manche Szenen, etwa im Umfeld des übersteigert karikaturhaft gezeichneten Antagonisten Christian Heisinger (Christoph Bach), wirken, als seien sie der Versuch einer bissigen Satire, wogegen andere Passagen – besonders jene rund um Lesleys Imbisskrise – eine fast sozialrealistische Traurigkeit anstreben. Diese beiden Ebenen prallen unkommentiert aufeinander und erzeugen eine merkwürdige Ausdruckshemmung: Der Film weiß nicht, ob er zynisch oder hoffnungsvoll, politisch oder poppig, leicht oder schwer sein will.

Technisch ist «Gar kein Geld macht auch nicht glücklich» solide, aber selten inspirierend. Fabian Spucks Kameraarbeit bemüht sich sichtbar um rhythmische Dynamik in den Coup-Sequenzen, verliert sich jedoch immer wieder in generischen Einstellungen. Die Montage von Christoph Lumpe hält das Geschehen anständig zusammen, kann aber die deutlichen tonalen Sprünge auch nicht glätten. Lisa Morgensterns Musik setzt reizvolle Akzente – manchmal sogar zu reizvoll, denn ihr Score wirkt nicht selten hochwertiger als die Szene, die er untermalt.

Positiv hervorzuheben ist die Chemie der drei Hauptdarstellerinnen: Wenn der Film funktioniert, dann in ihren gemeinsamen Momenten, die – frei von Plotzwängen – eine gewisse Wärme und Komik entfalten. Doch am Ende bleibt der Eindruck einer verpassten Chance. Was als feministischer Robin-Hood-Heist mit zeitkritischem Anstrich gedacht war, zerfasert in Richtungswechseln, dramaturgischen Ungenauigkeiten und einer merkwürdigen Überfrachtung der Motive. «Gar kein Geld macht auch nicht glücklich» ist zweifellos kein schlechter Film – aber eben auch keiner, der seinen eigenen Anspruch erfüllt. Er ist ein respektabler Versuch, der sich an einem großen Genre verhebt, ohne gänzlich daran zu scheitern. Ein Werk also, das man nicht bedingungslos empfehlen kann, dessen einzelne Funken von Spielfreude und moralischer Ambition aber durchaus sehenswert sind.

Der Film «Gar kein Geld macht auch nicht glücklich» wird am Montag, den 8. Dezember um 20.15 Uhr im ZDF ausgestrahlt.

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