Die Kritiker

«Nord Nord Mord - Sievers und der tiefe Schlaf»

von

Am Montagabend zeigt das ZDF einen Film, der zu sehr auf „funktioniert schon irgendwie“ setzt.

Stab

Darsteller: Peter Heinrich Brix, Julia Brendler, Oliver Wnuk, Victoria Trauttmansdorff, Stephan A. Tölle, Anne Weber
Schnitt: Verena Herzog
Musik: Johannes Brandt
Kamera: Georgij Pestov
Drehbuch: Berno Kürten (auch Regie) und Sven Nagel
Ein Krimi, der sich wie eine halbgare Traumdeutung anfühlt – das ist «Nord Nord Mord – Sievers und der tiefe Schlaf». Ein Film, der auf Sylt spielt, aber seine Seele irgendwo auf der Strecke zwischen Dienstbesprechung und Biokaffee verloren hat. Und während draußen das Watt sanft glitzert, schläft drinnen das Drehbuch tief und fest. Hypnose? Ja, bitte – aber vor dem Film, damit man sich danach an nichts mehr erinnern muss.

Peter Heinrich Brix als Kommissar Sievers darf diesmal nicht nur ermitteln, sondern sich gleich zu Beginn selbst ausschalten lassen: Hypnose gegen Flugangst. Der Clou – oder was man hier dafür hält: Just nach dieser Sitzung ist die Hypnotiseurin tot, die Treppe runtergestürzt, und Sievers gleich hinterher. Ein Ermittler als Tatzeuge ohne Gedächtnis – das klingt erst einmal wie ein guter Ansatz für Spannung. Leider versandet das alles schneller als eine Wattwanderung mit Plattfuß.

Denn was folgt, ist kein packendes Puzzle, sondern ein zähes Suchbild, bei dem man irgendwann aufhört, mit den Augen Ausschau zu halten – weil man ohnehin weiß: Das Bild bleibt blass. Es ist alles da – Drogen, Erpressung, ein mysteriöser Todesfall – und trotzdem wirkt es, als hätte man das alles schon einmal gesehen. Nur irgendwie besser. Irgendwie wacher.

Die Dialoge schwanken derweil zwischen zahnlosem Witz und bedeutungsschwangerem Seufzen. Da wird ermittelt, als würde man beim Sektfrühstück ein Sudoku lösen. Carl Sievers murmelt sich durch die Szenen, als wolle er bloß nicht stören. Julia Brendler und Oliver Wnuk wirken solide wie immer, was in diesem Fall bedeutet: wie die Kollegen auf dem Sommerfest, mit denen man sich nett unterhält, aber nicht tanzt.

Und dann ist da auch noch diese Marihuana-Plantage im Keller. Einmal kurz für den Schockeffekt ins Bild gehalten, dann wieder vergessen. Es geht um Besitz, um Verkauf, um Wattgrundstücke, die sich angeblich nicht nur gut für Zugvögel eignen. Und trotzdem fragt man sich die ganze Zeit: Warum fühlt sich das alles so entkoffeiniert an? Der große Twist lässt auf sich warten, die große emotionale Wucht bleibt aus. Und auch visuell kommt dieser Film daher wie ein Werbefilm für gehobenes Friesenmöbel-Design: viel Pastell, wenig Punch. Die Kameraarbeit von Georgij Pestov ist bemüht schön, bleibt aber oft kulissenhaft – als hätte man vergessen, dass ein Tatort auch Spuren hinterlassen darf.

Was bleibt, ist ein Fall, der zu sehr auf „funktioniert schon irgendwie“ setzt. Man ahnt, dass hier etwas Tieferes erzählt werden soll: über Selbsttäuschung, über die Angst vor der Wahrheit, vor dem eigenen Gedächtnis vielleicht. Doch das alles bleibt so unausgeschlafen wie der Titel selbst. «Sievers und der tiefe Schlaf» ist kein Totalausfall – dafür ist die Reihe zu etabliert, zu professionell produziert. Aber der Film ist eben auch kein Krimi, der im Gedächtnis bleibt. Vielleicht ist genau das sein größtes Verbrechen: so unauffällig zu sein, dass man sich schon beim Abspann fragt, ob man nicht besser selbst schon schlafen gegangen wäre.

Der Film «Nord Nord Mord – Sievers und der tiefe Schlaf» wird am Montag, den 12. Mai um 20.15 Uhr im ZDF ausgestrahlt.

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