Stab
Darsteller: Laura Storz, Ekrem "Eko Fresh" Bora, Jasmin Schwiers, Holle Kirck, Tristan Seith, Henrick BlosseySchnitt: Maren Unterburger
Musik: Helmut Zerlett
Kamera: Claire Jahn
Drehbuch: Daniel Scotti-Rosin
Regie: Tini Tüllmann
Was zunächst wie eine leichte Komödie über eine Notlüge beginnt, entwickelt sich überraschend facettenreich zu einem Porträt der Überforderung, der Lebensentwürfe zwischen Individualismus und Verantwortung – und letztlich zur vorsichtigen Annäherung an das, was man vielleicht doch als Familie bezeichnen kann, selbst wenn sie nicht mehr so stark auf einer erfahrenen Selbstgewissheit gebaut ist.
Regisseurin Tini Tüllmann zeigt großes Gespür für Timing und Tonalität: Immer dann, wenn die Handlung Gefahr läuft, ins Groteske oder Slapstickhafte abzurutschen, wird sie durch präzise gesetzte Dialoge und feine Zwischentöne geerdet. Das Drehbuch von Daniel Scotti-Rosin versteht es, gängige Klischees – die kinderhassende Großstädterin, die besserwisserische Nachbarin, die verzogenen Gören – zunächst zu bedienen, um sie dann geschickt zu unterlaufen.
Ein besonderer Gewinn des Films sind derweil seine Kinderdarsteller: Die junge Holle Kirck als Frieda ist mehr als nur das gewitzte Gegenüber einer überforderten Erwachsenen – sie spielt mit Schärfe und Sensibilität eine Figur, die weit mehr versteht, als Nina lieb ist. Ihre Mischung aus Erpressung, Loyalität und leiser Sehnsucht nach Nähe verleiht dem Film Tiefe. Auch Henrick Blossey als Theo überzeugt mit unprätentiösem Spiel. Die Kameraarbeit von Claire Jahn bleibt angenehm unaufdringlich, setzt aber immer wieder gezielte Akzente – etwa in der pointierten Ausleuchtung des Kontrasts zwischen Ninas chaotischer Welt und dem penibel sortierten Leben der Familie ihrer Schwester.
Trotz all der gelungenen Details ist «Die Kinderschwindlerin» jedoch nicht frei von strukturellen Schwächen. Die Inszenierung wirkt stellenweise überfrachtet – besonders im letzten Drittel, wenn der Film plötzlich noch die Geschichte von Friedas „Freundin“ Jessy aufmacht. Dieses Subthema, so relevant es sein mag, wird zu schnell eingeführt und bleibt erzählerisch unterentwickelt. Hier hätte man dem Film etwas mehr Luft zum Atmen gewünscht – oder aber eine frühere Einführung dieser Ebene. Auch die musikalische Untermalung von Helmut Zerlett ist stellenweise etwas zu präsent. Sie drängt sich in ruhigen Szenen zu sehr in den Vordergrund und nimmt manchen Momenten die Leichtigkeit, die sie durch das Schauspiel allein bereits hätten.

Der Film «Die Kinderschwindlerin» wird am Donnerstag, den 7. August um 20.15 Uhr im ZDF ausgestrahlt.
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