Die Kritiker

«Nord Nord Mord - Sievers und die stillen Austern»

von

Im Norden wird es zunehmend behäbiger: Denn die neue Folge von «Nord Nord Mord» hat wahrlich wenig Neues zu bieten.

Stab

Darsteller: Peter Heinrich Brix, Julia Brendler, Oliver Wnuk, Victoria Trauttmansdorff, Stephan A. Tölle, Anne Weber
Schnitt: Simone Klier
Musik: Jessica de Rooij
Kamera: Tobias Schmidt
Drehbuch: Katja Töner, Bruno Grass (auch Regie), Sebastian Bleyl
Schon die erste Einstellung von «Nord Nord Mord – Sievers und die stillen Austern» macht klar, wohin die Reise geht: entschleunigt, atmosphärisch, ein bisschen verschroben – und leider auch selbstzufrieden. Carl Sievers (Peter Heinrich Brix) und Tabea Krawinkel (Victoria Trauttmansdorf) spazieren mit Hund Joker am Sylter Strand entlang, bis eine tote Hand aus dem Watt ragt. Ein Bild, das sich einprägt und durchaus Potenzial für eine unheimliche, norddeutsch-herbe Kriminalgeschichte besitzt. Doch was daraus folgt, ist weniger ein scharf konturierter Whodunit als vielmehr ein routiniert abgespulter Fernsehkrimi, der sich zu sehr auf seine vertrauten Eigenheiten verlässt und dabei vergisst, erzählerisch wirklich zuzugreifen.

Regisseur Bruno Grass, der gemeinsam mit Katja Töner und Sebastian Bleyl auch am Drehbuch beteiligt war, bleibt der DNA der Reihe treu: skurrile Figuren, trocken hingeworfene Dialoge, eine gewisse ironische Distanz zum eigenen Krimiplot. Das ist grundsätzlich nichts Schlechtes – im Gegenteil, genau diese Tonlage hat «Nord Nord Mord» über Jahre hinweg von anderen ZDF-Krimis unterschieden. Doch in «Sievers und die stillen Austern» kippt diese Verlässlichkeit stellenweise in Behäbigkeit. Man hat das Gefühl, der Film wisse zu genau, was er ist, und sehe keinen Anlass mehr, sich selbst herauszufordern.

Der Mordfall rund um den toten Austernkönig Wolf Voss ist solide konstruiert, aber auffällig überfrachtet. Erbstreitigkeiten, familiäre Kränkungen, eine ausgespannte Liebe, dubiose Geschäftsbeziehungen, dazu eine mysteriöse Verbindung zu einem alten, ungelösten Fall – all das wird angerissen, aber selten konsequent vertieft. Statt Spannung zu erzeugen, zerfasert die Handlung zunehmend. Verdächtige kommen und gehen, Motive werden behauptet, ohne wirklich emotional verankert zu sein. Gerade die zentrale Vater-Sohn-Konstellation zwischen Wolf und Thorben Voss (Tim Kalkhof) bleibt erstaunlich blass, obwohl sie eigentlich das tragende emotionale Fundament des Films bilden müsste.

Schauspielerisch bewegt sich der Film derweil auf gewohnt ordentlichem Niveau. Gerade Peter Heinrich Brix trägt Carl Sievers wieder einmal mit überzeugender stoischer Gelassenheit. Doch auch hier stellt sich ein Déjà-vu-Effekt ein: Die Figuren funktionieren, überraschen aber kaum noch. Neue Impulse – etwa durch Nebenfiguren wie die verschrobene Austernzüchterin – werden zwar angedeutet, aber nicht ausgeschöpft. Man ahnt interessante Biografien, bekommt jedoch nur Skizzen.

Tobias Schmidts Kamera fängt die Insel unterdessen in den bekannt kühlen, oft melancholischen Bildern ein, die dem Film eine angemessene Grundstimmung verleihen, ohne in touristische Postkartenästhetik abzurutschen. Doch was «Sievers und die stillen Austern» letztlich fehlt, ist eine gewisse dramaturgische Dringlichkeit. Der Film plätschert – passend zum Watt – ruhig vor sich hin, verliert sich in Dialogen und Nebensträngen und vertraut darauf, dass die gleichsam vertraute Krimi-Formel schon tragen wird. Das tut sie auch, irgendwie. Aber sie trägt eben nicht weit. Statt eines pointierten Kriminalfilms bleibt ein ordentlich gemachter, stellenweise unterhaltsamer, aber insgesamt zu braver Serienbeitrag zurück, der sein Potenzial nur streift. Das ist durchaus ein Warnsignal: Denn wenn «Nord Nord Mord» langfristig relevant bleiben will, braucht es wieder mehr Mut zur Zuspitzung, mehr erzählerische Schärfe und weniger gemütliches Ausruhen im eigenen Tonfall.

Der Film «Nord Nord Mord – Sievers und die stillen Austern» wird am Montag, den 15. Dezember um 20.15 Uhr im ZDF ausgestrahlt.

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