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ProSieben gegen den «Tatort»: Ein jahrelang einseitiges Duell

von   |  5 Kommentare

In der Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen verlor ProSieben jahrelang an Zugkraft im Duell gegen taufrische «Tatort»-Folgen. Doch ganz langsam scheint sich der Trend wieder umzukehren.

Es war einmal, vor dem «Tatort»-Boom …


Es mag nunmehr nur eine ferne Erinnerung sein, doch es gab sie: Eine Zeit, als der «Tatort» noch nicht für einen großen Anteil der jungen Fernsehenden der TV-Pflichttermin schlechthin war. Gewiss, auch vor sieben Jahren schauten sehr viele 14- bis 49-Jährige den sonntäglichen Krimi im Ersten, allerdings war es damals kein Sonderfall, wenn eine «Tatort»-Erstausstrahlung vom ProSieben-Blockbuster überholt wurde. Allein 2009 wurden mehr als ein Dutzend der «Tatort»-Premieren durch die Blockbuster der roten Sieben entthront. Dabei reichte die Filmauswahl von Wiederholungen wie «Fluch der Karibik» und Kassenschlagern in Free-TV-Premiere wie «Pirates of the Caribbean – Fluch der Karibik 2» oder «Casino Royale» bis hin zu Leinwandflops wie «World Trade Center», «Ghost Rider» oder «Fantastic Four». 2010 zeichnete sich dasselbe Bild ab, mit unschlagbar erfolgreichen Ausstrahlungen für über ein Dutzend an Filmen trotz frischer «Tatort»-Konkurrenz. Darunter: «Rush Hour 3», «Men in Black II», «Shrek der Dritte», «Fantastic Four – Rise of the Silver Surfer», «Date Movie» sowie die erneute Primetime-Auswertung des Denzel-Washington-Thrillers «Déjà Vu». 2011 schlug der «Tatort» schon etwas erfolgreicher zu, dennoch konnte weiterhin eine akzeptable Summe an ProSieben-Blockbustern, stellenweise auch in der Wiederholung, nagelneue «Tatort»-Fälle schlagen. Der Münchener Sender musste dazu nun aber vermehrt schwere Geschütze wie die «Pirates of the Caribbean»-Filme oder David Finchers preisgekrönten «Der seltsame Fall des Benjamin Button» auffahren – als Ausrutscher gewann aber unterdessen etwa auch «Leg dich nicht mit Zohan an» das Duell.

2012 und 2013: Der «Tatort» gewinnt an Zugkraft


Weitere Siege ProSiebens gegen den «Tatort» bei den Umworbenen (2012)

  • 26. Februar: «Slumdog Millionär»: 3,16 Mio. // 20,5% MA gegen 3,05 Mio. // 18,4% MA
  • 25. März: «Sherlock Holmes»: 2,47 Mio. // 17,6% MA gegen 2,43 Mio // 16,4% MA
  • 6. Mai: «Beim Leben meiner Schwester»: 2,62 Mio // 17,8% MA gegen 2,59 Mio. // 17,0% MA
  • 2. Dezember: «Duell der Magier» 3,28 Mio. // 22,2% MA gegen 3,06 Mio. // 19,7% MA
2012 wiederum schlug ProSieben neuen «Tatort»-Ausgaben nur noch sieben Mal ein Schnippchen – am erfolgreichsten kurz nach Jahresbeginn mit Roland Emmerichs Katastrophenfilm «2012». 5,78 Millionen Umworbene wollten den Film am 8. Januar sehen und verhalfen dem Privatsender somit zu saustarken 37,3 Prozent Marktanteil. Der Fall «Keine Polizei» hielt nur mit 3,08 Millionen und 18,5 Prozent dagegen. Am 1. April 2012 folgte ein weiterer hoher Sieg gegen Das Erste: «Hangover» kam als Rerun auf 3,25 Millionen Werberelevante und sehr tolle 22,5 Prozent Marktanteil, der «Tatort» mit dem Titel «Alles hat einen Preis» ergatterte derweil nur 2,37 Millionen Jüngere und 16,0 Prozent. Eine sehr hohe Differenz herrschte auch am 26. August vor, als «Salt» 3,06 Millionen junge Filmfreunde anlockte und sich zu 22,2 Prozent schoss, während der Krimi «Hanglage mit Aussicht» 1,87 Millionen 14- bis 49-Jährige und 13,3 Prozent generierte. Vier weitere Duelle entschied ProSieben etwas knapper für sich (siehe Infobox).

2013 dagegen gelang es nur noch drei ProSieben-Blockbustern, sich im Duell mit neuen «Tatort»-Ausgaben durchzusetzen. Am 10. Februar ulkte sich Adam Sandler mit «Meine erfundene Frau» zu 2,28 Millionen Umworbenen und 17,6 Prozent Marktanteil. Ein ORF-«Tatort» fesselte derweil 2,13 Millionen Jüngere, was dem Neunzigminüter 15,8 Prozent einbrachte. Sieben Tage später legte die Dramödie «Blind Side» mit 2,82 Millionen und einem Zielgruppenwert von 20,1 Prozent nach. Der «Tatort» generierte mit 2,68 Millionen und 17,8 Prozent im Gegenprogramm. Am 9. Juni letztlich explodierte «Transformers 3» mit 3,17 Millionen Werberelevanten und 25,8 Prozent auf den Mattscheiben, wohingegen der «Tatort» nur 2,51 Millionen Jüngere anlockte und 18,2 Prozent einholte.

Was seither geschah …


2014 erreichte der «Tatort»-Hype ein neues Hoch, das für den Münchener Privatsender schwere Folgen hatte: ProSieben gelang es kein Mal, Das Erste zu toppen, wenn der öffentlich-rechtliche Kanal einen neuen «Tatort» ins Rennen schickte. 2015 wiederholte sich dieses Spiel, während im Spätsommer 2016 kurz nach Anbruch der neuen «Tatort»-Saison ProSieben erstmals wieder die Oberhand gewann: «Maze Runner – Die Auserwählten im Labyrinth» reizte 2,15 Millionen Werberelevante, dies brachte ProSieben 19,5 Prozent Marktanteil ein. Ein Stuttgarter Sci-Fi-«Tatort» mit dem Titel «HAL» kam mit 2,06 Millionen 14- bis 49-Jährigen und 18,2 Prozent Markanteil nicht dagegen an.

Am 9. Oktober letztlich pulverisierte «Fack Ju Göhte» den «Tatort» im Ersten: 4,10 Millionen Filmfreunde im umworbenen Alter sahen den Kassenschlager in der Free-TV-Premiere, der Krimi im Ersten brachte es auf 2,60 Millionen Jüngere. Die Marktanteile beliefen sich auf fantastische 31,3 Prozent Marktanteil für die Münchener und 19,1 Prozent beim Ersten. Beim Gesamtpublikum jedoch wussten selbst Herr Müller und seine Chaosklasse ProSieben nicht zu helfen. Um den letzten Sieg des Privatsenders gegen einen frischen «Tatort» bei den Fernsehenden ab drei Jahren zu finden, muss man bis zum 14. März 2010 zurückgehen: Damals holte die Free-TV-Premiere von «Pirates of the Caribbean – Am Ende der Welt» 22,4 Prozent aller TV-Nutzer an Bord. Der «Tatort» landete exakt einen Prozentpunkt dahinter.

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Es gibt 5 Kommentare zum Artikel
Gnutzhasi
10.10.2016 11:31 Uhr 1
Hoffentlich Ansporn auch für andere Sender ! Tatort und Kochlöffel sind schlagbar !
P-Joker
10.10.2016 13:44 Uhr 2


Wieso hoffentlich?



Beim Tatort kommt es nach wie vor darauf an, woher und mit wem er ist.
Familie Tschiep
10.10.2016 14:03 Uhr 3
Das lässt sich nicht so leicht wiederholen, Fuck ju Göthe war ja auch im Kino erfolgreich, ich glaube, über 7 Millionen Zuschauer im Kino. Wer hat die Rechte an Honig im Kopf und am zweiten Fuck-ju-Film? Wer strahlt den neuen Star Wars-Film aus?
Cheops
10.10.2016 16:32 Uhr 4
Für mich hat sich der Tatort erledigt als dort ein Till Schweiger den Nick Tschiller geben durfte. Der Tatort, in dem in meiner frühen Jugend ein Götz George ruppig sein durfte, zum ersten Mal im deutschen Fernsehen Scheiße sagte und eine Ulrike Volkerts Tabus gebrochen hat, wurde von Til Schweiger begraben!
Sentinel2003
10.10.2016 19:54 Uhr 5
Das ne absolute Ausnahme, da "Fuck ju Göthe" auch im Kino total erfolgreich war....so schnell wird sich das nicht wiedrholen!
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