
Dies gelang mal mehr und mal weniger erfolgreich, wie der Negativpreis „Goldene Kartoffel“ im Jahr 2019 bewies. Der bundesweite Zusammenschluss Medienschaffender mit und ohne Migrationshintergrund, Neue deutsche Medienmacher*innen, verlieh in jenem Jahr den öffentlich-rechtlichen Talkshows «Hart aber fair», «Maischberger», «maybrit illner» und eben «Anne Will» diese „Auszeichnung“, weil ihre „reißerisch, klischeehafte und diskriminierende“ Berichterstattung ein „verzerrtes Bild vom Zusammenleben im Einwanderungsland Deutschland entwerfen und Probleme überzeichnen“ würde.

Zur Wahrheit gehört aber eben auch, dass «Anne Will» einen äußerst attraktiven Sendeplatz hat. Sie geht in der Regel nach dem «Tatort» auf Sendung, der bislang im Schnitt 8,32 Millionen Zuschauer mit seinen Erstausstrahlungen vor dem Bildschirm fesselte. Aus dem Publikum stammten 1,54 Millionen aus der klassischen Zielgruppe, was die Leistung von «Anne Will» durchaus schmälert. Sie behielt im Schnitt nämlich nur 0,42 Millionen im direkten Anschluss. Am gestrigen Sonntag wurden 0,37 Millionen gezählt. Auch der Marktanteil lag mit 6,3 Prozent klar unter dem Jahresschnitt von 8,2 Prozent. Damit ging sie zumindest mit dem Kölner Krimi im Gleichschritt, der ebenfalls mit 19,6 Prozent rund drei Prozentpunkte unter dem gewohnten Wert (22,5%) lag.
Ob die guten Leistungen nun ausschließlich an «Anne Will» lagen, lässt sich nur schwierig beurteilen. Während Wills Sommerpause sorgten die Krimi-Wiederholungen von «Mario Wern, Kripo Gotland» und «Mord auf Shetland» für ähnliche Werte wie «Anne Will» im Juni und Juli als ebenfalls Wiederholungen des «Tatorts» und «Polizeiruf 110» das Vorprogramm bildeten. Nach 16 Jahren auf Sendung kommt man an einer gewissen Routine des Publikums eben nicht herum. Diese Gewohnheit der Zuschauer wird ab dem kommenden Jahr nun gebrochen. Caren Miosga wird sich in die prominente Talker-Riege am Sonntagabend einreihen, wobei ihr Premieren-Termin noch nicht feststeht. Unklar ist ohnehin, wie es mit den Talkshows der blauen Eins im kommenden Jahr konkret weitergehen wird. «Hart aber fair» soll bekanntlich „ins Digitale weiterentwickelt“ werden. Was das konkret bedeutet, darüber hält sich die ARD einen Monat vor dem Jahreswechsel bedeckt. «Maischberger» wird sich breiter aufstellen und kein reiner Polit-Talk mehr werden, was er derzeit ohnehin schon nicht mehr ist. Es bleibt spannend, wie sich der ARD-Talk im neuen Jahr entwickelt. Das Erste hätte nach dem Ende der Ära «Anne Will» aber wohl keinen besseren Zeitpunkt finden können, um auf ganzer Linie neue Impulse zu setzen.
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