Die Kritiker

«Laim und die Tote im Teppich»

von

Eine tote Frau, eingewickelt in einem Teppich an einem Müllcontainer an der Theresienwiese. Während die Frau zunächst nicht identifiziert werden kann, lässt sich der Besitzer des Teppichs schnell ausfindig machen. Der hat den Teppich nämlich als gestohlen gemeldet. Wer stiehlt einen Teppich aus einer Mietwohnung, um eine Leiche darin einzuwickeln?

Stab

DARSTELLER: Max Simonischek, Gerhard Wittmann, Shenja Lacher, Tinka Fürst, Heinz-Josef Braun, Helmfried von Lüttichau
BUCH: Christoph Darnstädt
REGIE: Michael Schneider
SCHNITT: Jörg Kroschel
KOSTÜME: Theresia Wogh
PRODUCER: Robert Schaefer
MUSIK: Dirk Leupolz
REDAKTEUR: Daniel Blum
Maximilian Simonischek spielt seit 2012 den Münchener Ermittler Lukas Laim, der sich einen gewissen Eigensinn erlauben kann, da er im Grunde nur arbeitet, weil er dies möchte. Müssen muss er es nicht. Er entstammt einer Familie des Münchener Geldadels, was vor allem den Autos anzusehen ist, mit denen er durch die Gegend rausch. Laim gehört zu den unbekannteren Fernsehkommissaren des deutschen TV-Kriminalfilms, da seine bisherigen Bildschirmauftritte übersichtlich ausfallen. «Laim und die Tote im Teppich» ist gerade einmal der vierte Spielfilm der Reihe, deren Premiere 2012 erst 2017 eine erste Fortsetzung erfahren hat, um dann im Mai 2020 eine dritte Inkarnation zu erleben. Da kommt der vierte Teil nicht ganz zwölf Monate später direkt fix hinterher.

Und dieser vierte Film beginnt mit einem Wissensvorsprung für die Zuschauer. Ein Mann bricht in eine Wohnung ein, rollt einen Teppich zusammen, stellt eine Bronzefigur in den Schrank. Wer dieser Mann ist, bleibt vorerst unbeantwortet, eines jedoch erscheint an seinem Vorgehen seltsam – denn die Wohnung, in die er gerade eingebrochen ist, scheint seine eigene Wohnung zu sein...

Schnitt. Eine Frau liegt in einem Teppich eingerollt an einem Müllcontainer an der Theresienwiese. Sie ist eine Muslima, trägt ein Kopftuch. Papiere besitzt sie keine und vermisst wird sie offenbar auch nicht. Der Teppich aber lässt sich schnell einem Besitzer zuordnen. Hans Heinrich "Hinni" Feuer heißt der Mann, der einen Einbruch in seine Wohnung gemeldet hat. Dieser Hans Heinrich Feuer ist ein seltsamer Typ. Er redet gerne und viel – und er hat eine Theorie dafür, wie die Frauenleiche in seinen Teppich geraten ist. Was, wenn zwei Personen in seine Wohnung eingebrochen sind. Es ist eine gute Wohngegend, die Einbrecher haben mit einer feinen Beute gerechnet. Doch dann stehen sie in seiner Wohnung – in der es nicht viel zu holen gibt. Das Apartment hat Hans Feuer von seinem Vater geerbt, er selbst lebt von dem, was er als Fechtlehrer verdient, selbst das Gros der Einrichtung stammt aus dem Besitz seines Vaters und ist – alt und wertlos. Die beiden Diebe geraten in Streit, einer greift nach einem Gegenstand vom Wohnzimmerregal, schlägt mit diesem Gegenstand zu und – hat nun ein Problem. Kurzerhand wickelt er die Tote (da es Kraft braucht, die Leiche verschwinden zu lassen, ist es wahrscheinlich, dass der Täter ein Mann ist) in den Teppich ein und schafft sie raus aus dem Haus.

Keine Frage: Feuers Geschichte klingt definitiv an den Haaren herbeigezogen. Allerdings klebt an einer Bronzestatue in Griffweite des möglichen Tatortes tatsächlich Blut. Das Blut der Toten!

Laim und sein Kollege Anton Simhandl müssen die vollkommen irrwitzige Theorie des Fechtlehrers tatsächlich als einen möglichen Tathergang in Betracht ziehen. Sie wissen ja nicht, was das Fernsehpublikum weiß - nämlich, dass Hans Feuer der Mann ist, der sich mit einem Brecheisen Zutritt zu seiner eigenen Wohnung verschafft hat. Dafür glauben die Ermittler bald die Identität der Toten geklärt zu haben. Bei dem Opfer soll es sich um eine syrische Asylbewerberin handeln, die erst vor Kurzem nach Deutschland gekommen ist und an einem Gehirntumor gelitten hat. Allerdings zeigt das Gehirn der Toten im Rahmen der Obduktion keinerlei Tumorbildung auf. Und mit Hilfe eines Übersetzers erfahren Laim und Simhandl von den Kindern, dass die tote Frau tatsächlich sehr lieb zu ihnen gewesen ist und sie – verwaiste Kinder – nach Deutschland gebracht hat, damit sie hier ein besseres Leben als in ihrer Heimat führen können. Ihre Mutter aber war sie nicht. Außerdem sprach sie kein gutes Arabisch.

Ziemlich verzwickt ist die Geschichte, die bald in das Umfeld eines Verlages der Neuen Rechten führt. Ein Umfeld, in dem auch Heinrich Feuer daheim ist. Denn es stimmt, dass er Fechtlehrer ist. Was er den Polizisten nicht erzählt hat: Er arbeitet für eine schlagende Burschenschaft und bringt den Sprösslingen wohlhabender Herren den richtigen Umgang mit dem Säbel für die Mensur und nicht den sportlichen Wettkampf bei. Man kennt sich in diesen Kreisen.

Auf welchen Wegen die Polizisten zum Verlag finden? Nun, es gibt da noch einen Journalisten, der offenbar in Verbindung mit der Toten gestanden und in Richtung dieses Verlages etwas recherchiert hat. Was? Das kann niemand sagen. Der Mann ist seit ein paar Tagen nämlich spurlos verschwunden.

Zugegeben, vieles an dieser Geschichte klingt konstruiert. Das ist aber nicht zu kritisieren, da die Inszenierung keine Zeit mit Nebensächlichkeiten verschwendet, sondern recht zügig ihre Wege beschreitet, schnell im Umfeld des Verlages landet, eine ganze Reihe von Fragen in den Raum stellt und immer wieder seine Spannung daraus generiert, dass das Publikum etwas mehr weiß als die beiden Ermittler. Diese kleinen Wissensvorsprünge bieten aber immer nur einen Teil eines Gesamtbildes. So wird recht bald der Aufenthaltsort des Journalisten für die Zuschauer bekannt. Die Situation aber, in der er sich befindet, wirkt dabei so seltsam, dass man nun unbedingt wissen will, was es mit dieser Situation auf sich hat. Was jedoch nicht sofort beantwortet wird. Die Spannung soll doch aufrecht gehalten werden!

Man merkt der Inszenierung an, dass Regisseur Michael Schneider hauptsächlich im Serienmilieu unterwegs ist – so hat er über 50 Episoden diverser «Soko»-Serien inszeniert. Er verliert keine Zeit etwa dadurch, dass er seine Hauptfiguren gegenüber den Neurechten besonders aktivistisch auftreten ließe. Man kennt dies aus diversen «Tatort»-Kriminalfilmen, in denen das gesellschaftlich relevante Thema der Woche nicht selten mit einem erhobenen Zeigefinger inszeniert wird, damit auch ja niemand die Relevanz der Thematik übersieht. Schneider reichen ein, zwei Szenen, um die Fronten zu klären und sich dann wieder ganz der Kriminalhandlung zu widmen und deren Aufklärung bis zu einem echten Showdown voranzutreiben.

Fazit: In der Form darf dieser Kommissar Laim 2022 gerne wieder auf den Bildschirm zurückkehren.

Am Montag, 19. April 2021, im ZDF ab 20.15 Uhr.

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