Serientäter

«The Sandman» Staffel 2: Traumreise ohne Tiefgang

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Nach drei Jahren kehrt «The Sandman» zurück – mit imposanten Bildern, aber ohne die emotionale Wucht der ersten Staffel.

Drei Jahre mussten die Zuschauer auf die Fortsetzung von «Sandman» warten. Netflix gab eine zweite Staffel bei Warner Bros. Television in Auftrag. Die Serie von Neil Gaiman, David S. Goyer und Allan Heinberg erhielt mit ihren ersten Episoden gute Kritiken. Im Sommer 2024 wurden jedoch Vorwürfe der sexuellen Nötigung gegen Heinberg bekannt, weshalb er von der Serie abgezogen wurde. Da die Serie jedoch – wie die Graphic Novel – ein festes Ende hat, ist fraglich, ob die Vorwürfe wirklich zu einem Serienende geführt haben.

Während in der ersten Staffel vor allem die Geschichte von Rose Walker und ihrem Bruder Jed zu den absoluten Highlights gehörte, beginnt die zweite Staffel durchaus eindrucksvoll. Dream (Tom Sturridge) macht sich daran, sein Reich wieder aufzubauen. Dabei kommt es zu einem Treffen mit seinen Geschwistern Destiny (Adrian Lester), Death (Kirby Howell-Baptiste), Desire (Mason Alexander Park), Despair (Donna Preston) und Delirium (Esmé Creed-Miles) – nur Destruction (Barry Sloane) fehlt. Dream erinnert sich an Nada, eine menschliche Königin, die er vor Jahrtausenden in die Hölle verdammte, nachdem sie sich von ihm getrennt hatte. Nun beschließt Dream, Nada zu retten und sie zurückzuholen.

In den folgenden zwei Episoden wird Dream von zahlreichen Gestalten – darunter Götter und Feen – heimgesucht. Odin, Thor und Loki betreten sein Traumreich neben weiteren Gastfiguren. Mit einem Trick gelingt es Dream, Azazel aufzuhalten. Die Szene ist jedoch eher unauffällig geraten – der große Effekt bleibt aus. Die Serie wirkt in den ersten drei Episoden zwar visuell imposant, doch es fehlt an Fallhöhe. Dream scheint nie wirklich in Gefahr, stattdessen verkommen die Episoden zu endlosen Dialogen zwischen den Figuren.

Schließlich kann Dream seine frühere Geliebte Nada befreien – doch diese will nichts mehr von ihm wissen. In der nächsten Folge, die einen neuen Handlungsbogen einläutet, taucht Delirium auf und überredet Dream, sich mit ihr auf die Suche nach Destruction zu begeben. Zunächst zögert er, willigt dann aber ein. Ein früherer Freund von Destruction stirbt jedoch kurz vor der Kontaktaufnahme. Die Transfrau Wanda könnte den beiden weiterhelfen. Autor Austin Guzman erzählt eine recht rührende Geschichte um Wanda. Gemeinsam versuchen sie es bei der Göttin Ishtar, die inzwischen als Tänzerin in einem Nachtclub arbeitet. Nach einem Streit mit Dream tanzt sie hypnotisch, was in einer Katastrophe endet: Feuer und Gas vermischen sich – alle Anwesenden sterben, nur Dream und Delirium überleben.

Nach Wandas Beerdigung wird der Handlungsstrang unterbrochen. Die Handlung springt zu Dream und seinem Sohn Orpheus – Kind von Dream und der Muse Kalliope. Die Geschichte mit Kalliope ereignete sich im Jahr 1700 v. Chr. Shadi Petosky schrieb diese Episode, in der Orpheus und Eurydike heiraten sollten. Während die restlichen Familienmitglieder Morpheus verlassen, bleibt Death zurück – mit einem letzten Auftrag. Wie es kommen muss: Orpheus wird unsterblich.

In der letzten Folge vor dem zweiten Teil trifft Dream im Jahr 1794 auf Lady Johanna Constantine. Sie soll Orpheus’ Kopf aus Frankreich bergen und in einen griechischen Tempel bringen. Dort wird Dream ihr ein Geschenk machen – das jedoch anders ausfällt, als erwartet. Am Ende erhält auch Orpheus das Geschenk, das er sich wünscht. Außerdem findet Dream seinen Bruder Destruction.

Im zweiten Teil, der Ende Juli veröffentlicht wurde, versucht Dream, seinem eigenen Tod zu entkommen. Die Episoden von Vanessa Benton, Jay Franklin, Greg Goetz und Marina Marlens wirken stellenweise sehr verworren. Die Drehbücher sind nicht immer stringent, zahlreiche Nebenfiguren tauchen plötzlich auf und verschwinden wieder. Besser gelungen ist das Finale, das von Allan Heinberg stammt. Da die Serie allerdings wie die Graphic Novel endet, ist für eingefleischte «Sandman»-Fans wenig Überraschung dabei.



Die zweite Staffel krankt vor allem daran, dass sich alles nur um Dream dreht. Der Traumkönig hat tausende Jahre erlebt – sein möglicher Tod wirkt eher wie das stille Ableben eines 95-jährigen Verwandten. Man fühlt mit, aber echte Trauer kommt nicht auf. Es fehlt eine Geschichte, die sich wirklich um Menschen dreht – wie einst um Rose und ihren Bruder. Vanesu Samunyai ist zwar wieder in ihrer Rolle zu sehen, bleibt jedoch reine Staffage. Auch die Geschichte um ihre Freundin Lyta Hall (Razane Jammal), die um ihren toten Ehemann trauert, wirkt eher zäh.

Tatsächlich ist die einzige Hoffnung die Zusatzfolge, die am 31. Juli veröffentlicht wurde. Im Mittelpunkt steht ein Journalist (Colin Morgan) von „The Guardian“, der mit dem Leben hadert und Selbstmord begehen will. Auf einer Müllkippe trifft er auf Death, die gerade einen freien Tag genießt. Im Verlauf des Tages gelingt es ihr, den Journalisten Sexton Furnival doch noch für das Leben zu gewinnen.

Obwohl die Autoren mit der zweiten Staffel an den Erfolg der ersten anknüpfen wollten, fühlt sich dieser Teil völlig anders an. Das liegt sicher auch an der dreijährigen Pause. Die neuen Episoden wollen tiefer gehen – so ist Death nun häufiger zu sehen, statt wie in Staffel eins nur einmal aufzutauchen. Doch Dreams Probleme bleiben für den Zuschauer abstrakt – Mitfiebern ist kaum möglich.

«The Sandman» kann bei Netflix gestreamt werden.

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