
«Minecraft: The Movie» spielte zum Startwochenende weltweit über 300 Millionen Dollar ein – ein beachtlicher Erfolg, aber eben nicht mit einer hauseigenen Marke. Die im April 2025 veröffentlichte Komödie spielte über 870 Millionen US-Dollar ein. Der Film basiert auf einem lizenzierten Spiel von Microsofts Mojang Studios. Ähnlich lief es 2019 bei «Detective Pikachu» (428 Millionen US-Dollar), das auf der Nintendo-Marke Pokémon basierte. Selbst die gefeierte HBO-Serie «The Last of Us» stammt aus dem Hause Naughty Dog und ist ein PlayStation-Produkt – nicht Teil des Warner-Universums.
Das macht eines deutlich: Warner Bros. ist zwar hervorragend darin, erfolgreiche Videospielmarken anderer Unternehmen in hochwertige audiovisuelle Inhalte zu verwandeln. Doch wenn es um die eigenen Marken geht – also um die Integration der hauseigenen Welten wie «Harry Potter», DC Comics oder «Mortal Kombat» – herrscht eine auffällige Leere in der transmedialen Strategie.
Dass diese Lücke hausgemacht ist, zeigt das jüngste Beispiel aus dem „Wizarding World“-Franchise. „Hogwarts Legacy“ war 2023 das meistverkaufte Konsolen- und PC-Spiel weltweit. Die Fans hätten sich eine Erweiterung gewünscht – Warner plante sie ursprünglich für Ende 2024. Doch die Entwicklung wurde überraschend gestoppt. Dabei hätte es eine ideale Gelegenheit gegeben, die neue HBO-Serie rund um «Harry Potter» (geplant für 2026) bereits vorab medial zu stützen und durch neue Inhalte im Spiel zu bewerben.
Während Warner Bros. in starren Strukturen verharrt, zeigt Konkurrent Netflix, wie transmediale Inhalte sinnvoll ineinandergreifen können. Zur neuen Staffel der Serie «Black Mirror» entwickelte Netflix parallel ein Spiel namens „Thronglets“, das sich stilistisch und inhaltlich auf eine der Episoden der Serie bezieht. Laut Schöpfer Charlie Brooker war das Spiel von Beginn an Teil der Produktionsidee – also nicht bloß ein billiges Begleitprodukt, sondern ein kreativer Bestandteil der Erzählung.
Genau hier liegt der Unterschied: Netflix denkt Spiel und Serie gemeinsam. Und obwohl auch Netflix in seiner Gaming-Sparte mit Herausforderungen kämpft – der ehemalige Chef Mike Verdu verließ das Unternehmen erst im März 2025 – so zeigt die aktuelle Strategie unter Nachfolger Alain Tascan, dass sich transmediale Synergien auch mit kleinem Budget realisieren lassen. Statt auf teure AAA-Spiele zu setzen, arbeitet Netflix mit erschwinglicheren Konzepten, die Inhalte kreativ erweitern und das Publikum auf mehreren Ebenen ansprechen.
Warner Bros. plant für Juli 2025 mit James Gunns neuem «Superman»-Film einen Neustart des DC-Universums – eine ideale Gelegenheit, das Franchise über Film, Serie und Spiel hinweg neu aufzustellen. Doch auf Seiten der Gaming-Abteilung ist zu diesem Projekt bislang nichts bekannt. Keine Ankündigung, keine Begleitkampagne, kein digitaler Content. Angesichts der weltweit aktiven Comic- und Gaming-Community ein verpasstes Momentum sondergleichen.

Der Mangel an Verzahnung ist umso frappierender, wenn man sich vergegenwärtigt, dass Warner Bros. Discovery nicht an fehlenden Ressourcen leidet. Vielmehr wirkt es, als würde man intern zu wenig daran glauben, dass Spiele und Filme gemeinsam mehr sein können als die Summe ihrer Teile. Die Gaming-Abteilung scheint abgekoppelt von der übergreifenden Kreativstrategie – obwohl es gerade jetzt umso wichtiger wäre, crossmedial zu denken. Andere Studios wie Disney mit «Star Wars» und Marvel haben es vorgemacht: Dort existieren Games, Serien und Filme im selben Universum – mit verbindender Erzählweise und gemeinsamer Markenpflege. Dabei hat Disney sämtliche Spiele zuletzt von externen Unternehmen programmieren lassen.
Die Zeit des isolierten Denkens ist vorbei. Wenn Warner Bros. Discovery seine enormen IP-Schätze wirklich ausschöpfen will, muss das Unternehmen anfangen, Film-, Serien- und Spieleentwicklung als zusammenhängenden kreativen Prozess zu begreifen. Statt Erfolge wie «Minecraft» oder «The Last of Us» zu feiern, obwohl sie nicht zur eigenen Marke gehören, sollte Warner aufhören, Chancen bei eigenen Franchises zu verschenken.
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