
In seinen Livestreams, Interviews und Gesprächsformaten öffnet Kreymeier immer wieder die Türen für rechte bis rechtsextreme Stimmen. Jüngstes Beispiel: Seine Nähe zu YouTubern wie „Clownswelt“ oder „Honigwabe“. Beides Kanäle, die offen mit AfD-Rhetorik flirten, demokratische Institutionen verächtlich machen und völkisch aufgeladene Narrative normalisieren. Dass Kreymeier diese Figuren auf seiner Plattform sprechen lässt, ist kein Zufall – es ist Teil eines Systems, das sich hinter dem Deckmantel der „Meinungsfreiheit“ versteckt, um gezielt extremistische Ideologien in die Mitte des Netzes zu spülen.
Was früher kritischer Journalismus war, ist heute bestenfalls eine Mischung aus Desorientierung und Populismus – schlimmstenfalls aktive Mithilfe bei der Normalisierung rechter Denkweisen. Denn Kreymeier tritt diesen Gästen nicht mit kritischem Widerspruch gegenüber. Er hinterfragt nicht, er legitimiert. Allein durch die Einladung, die Bühne, das Schweigen. In der Medienforschung nennt man so etwas „Plattformierung“. Und wer einmal damit beginnt, hört selten freiwillig auf – denn die Klickzahlen stimmen.

Kreymeier inszeniert sich gerne als Opfer einer vermeintlich „woken“ Medienlandschaft, als der letzte Aufrechte im Kampf gegen den Mainstream. Doch tatsächlich ist er längst Teil eines alternativen Medienökosystems geworden, das von Empörung lebt und längst gemeinsame Sache mit rechtsradikalen Kräften macht. Ob bewusst oder naiv, spielt keine Rolle mehr. Die Wirkung zählt – und die ist eindeutig. Er bot zuletzt Julian Reichelt viel Platz, weil der frühere Bild-Macher Kreymeier keine Zeit zum Antworten gab. Er holte sich Ken Jebsen ins Haus und setzte sich zu einer pro-russischen Sendung ins Fernsehen.
Wer „Clownswelt“ auf Augenhöhe begegnet, wer „Honigwabe“ als legitime Stimme im Meinungsspektrum behandelt, stellt sich objektiv auf die Seite jener, die Demokratie und Vielfalt verachten. Und wer dafür auch noch Abogeld und Patreon-Spenden kassiert, macht aus gefährlichen Haltungen ein Geschäftsmodell.
Auffällig ist dabei Kreymeiers inzwischen obsessiv wirkender Feldzug gegen die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten. In nahezu jedem zweiten Video werden ARD und ZDF zur Zielscheibe, oft pauschal und ohne differenzierte Einordnung. Kreymeier beklagt die angebliche „Zwangsgebühr“, prangert Redaktionen an und schürt Misstrauen gegenüber journalistischer Arbeit. Dabei lässt er regelmäßig außer Acht, wie vielfältig und kritisch auch intern mit Missständen umgegangen wird – etwa durch Rundfunkräte oder Medienmagazine, die tatsächlich zur Aufklärung beitragen.
Besonders scharf schießt Kreymeier regelmäßig gegen Jan Böhmermann. Der ZDF-Satiriker ist für ihn ein rotes Tuch: In einer Serie von Videos wirft Kreymeier Böhmermann Manipulation, moralische Überheblichkeit und sogar Hetze vor. Diese Angriffe wirken weniger wie medienkritische Auseinandersetzung, sondern vielmehr wie persönliche Abrechnung. Dass er dabei immer wieder Narrative aufgreift, die auch im rechtsalternativen Milieu kursieren – etwa die Darstellung Böhmermanns als Sprachrohr eines angeblich woken Machtapparats –, verleiht Kreymeiers Kanal zunehmend den Charakter einer Plattform, die fragwürdige Frontlinien bedient, statt journalistisch fundierte Kritik zu üben.
Der Kampf gegen Böhmermann ist für Abonnenten von Massengeschmack ein echtes Muss, auch wenn die Kritik inzwischen immer skurriler wird. In der Sendung vom 11. April 2025 wird dem Moderator vorgeworfen, dass er in einer Satire-Sendung nicht etwas anderes auf Polnisch sagen dürfe, das anschließend im Untertitel steht. Kreymeier meint tendenziös: „Weil er immer noch gehätschelt und getätschelt wird vom ZDF-Intendanten Himmler. Vielleicht hat er (Böhmermann, Anm. d. Red.) auch irgendetwas gegen Himmer in der Hand. Bei dem Namen würde es mich nicht wundern.“
Es ist längst überfällig, dass Kreymeier zur Rechenschaft gezogen wird – nicht im juristischen, sondern im gesellschaftlichen Sinn. Die mediale Öffentlichkeit sollte nicht länger wegsehen, wenn ein Mann mit seinem reichweitenstarken Format mit über 100.000 Followern und mehreren tausend Abonnenten dabei hilft, rechtes Gedankengut zu enttabuisieren. Kreymeier ist kein neutraler Beobachter. Er ist ein Akteur. Und als solcher trägt er Verantwortung. Dass er sich dieser nicht stellt, sondern in Endlosschleifen die Freiheit der Meinung über die Würde des Menschen stellt, macht ihn nicht nur irrelevant, sondern gefährlich. Holger Kreymeier ist vielleicht kein Rechter, aber er gibt der rechten Sparte unverhältnismäßig viel Platz. Die Frage ist, warum er in Kauf nimmt, dass seine Plattform zur rechten Bühne verkommt – vielleicht weil er damit sein Ziel, den Rundfunkbeitrag abzuschaffen, doch ein Stück näher kommt.
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