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Regen oder Sonne – macht das einen Unterschied bei «Wetter vor acht»?

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Schaut das Publikum wirklich Wetter, wenn draußen Regen oder Sonnenschein das Leben bestimmen? Eine Analyse von Zuschauerzahlen und Wetterdaten zeigt: Die Quoten hängen weit weniger von der Witterung ab, als man vermuten würde.

Seit Jahren ist die kurze Wettersendung «Wetter vor acht» ein fester Bestandteil von Das Erste. Immer direkt vor der «Tagesschau» platziert, erreicht sie regelmäßig Millionenpublikum – und das, obwohl es sich lediglich um wenige Minuten Vorhersage handelt. Naheliegend wäre die Vermutung, dass das tatsächliche Wetter draußen Einfluss darauf hat, ob Menschen einschalten oder nicht. Schließlich dreht sich die Sendung um genau das Thema, das viele tagtäglich beschäftigt. Doch eine Auswertung von Wetterdaten und Quoten liefert ein überraschend klares Bild: Sonne oder Regen sind fürs Publikum nur Nebensache.

Ein Blick auf die Durchschnittstemperaturen zwischen Ende März und Mitte April 2024 zeigt Werte zwischen 9 und 19 Grad Celsius. Das entspricht einer typischen Übergangsphase mit eher wechselhaftem Wetter. Legt man die Zuschauerzahlen daneben, ergibt sich jedoch kein klarer Trend. Bei rund 10 Grad am 1. April schauten 1,61 Millionen Menschen zu, bei 19,8 Grad am 31. März waren es 1,68 Millionen. Am 2. April, bei moderaten 10,7 Grad, fiel die Reichweite dagegen deutlich auf 1,23 Millionen. Die Temperatur alleine erklärt diese Schwankungen also nicht. Vielmehr zeigt sich: Ob kühl, mild oder warm – die Zuschauerbasis bleibt erstaunlich stabil.

Noch deutlicher wird das Bild bei den Niederschlagswerten. Während es am 31. März mit 4,2 Millimetern recht feucht war und 1,68 Millionen einschalteten, brachte der fast trockene 2. April nur 1,23 Millionen. Am 3. April regnete es wieder stärker (3,2 Millimeter), die Reichweite kletterte auf 1,96 Millionen. Aber: An Tagen mit ähnlicher Regenmenge lagen die Quoten auch schon mal unter 1,6 Millionen. Statistisch lässt sich daraus keine stabile Korrelation ableiten. Ob Regen oder Trockenheit – die Reichweiten schwanken unabhängig davon. Ein plötzlicher Schauer führt also nicht dazu, dass mehr Menschen rechtzeitig den Fernseher einschalten, um die Wetteraussichten zu prüfen.

Der feste Sendeplatz als Konstante


Weshalb ist das so? Der wichtigste Grund liegt in der Programmstruktur. «Wetter vor acht» läuft seit Jahren zuverlässig um 19.45 Uhr im Ersten, unmittelbar vor der «Tagesschau». Viele Zuschauer, die zur Hauptnachrichtensendung einschalten, sind in dieser Viertelstunde bereits am Bildschirm und lassen die Wettersendung automatisch mitlaufen. Das erklärt die erstaunliche Stabilität der Reichweite – und warum externe Faktoren wie das Wetter selbst nur eine untergeordnete Rolle spielen. Hinzu kommt die kurze Dauer. Mit knapp vier Minuten ist «Wetter vor acht» zu schnell vorbei, als dass Zuschauerzahlen während der Sendung spürbar steigen oder fallen könnten. Wer Das Erste um diese Zeit einschaltet, bekommt das Wetter automatisch mitgeliefert.

Schwankungen eher durch andere Faktoren


Wenn es dennoch Schwankungen von einigen Hunderttausend Zuschauern gibt, liegen diese weniger an Regen oder Sonne, sondern an konkurrierenden TV-Angeboten, Feiertagen oder sportlichen Großereignissen. Ein Fußball-Abend im ZDF kann die Reichweite im Ersten ebenso beeinflussen wie ein langes Osterwochenende. Auch die Verweildauer nach einer starken Vorabendserie oder einem schwächeren Vorprogramm spielt eine Rolle. Ein weiteres Detail: Die Reichweite im jungen Publikum zwischen 14 und 49 Jahren schwankt noch stärker. Hier sind Wetterdaten als Erklärung erst recht untauglich. Junge Zuschauer informieren sich über Wetter-Apps oder Online-Dienste, die jederzeit verfügbar sind. Für sie ist «Wetter vor acht» weniger Must-See, sondern eher Beiwerk, wenn der Fernseher ohnehin läuft.

Trotzdem bleibt «Wetter vor acht» programmstrategisch wichtig. Die Sendung signalisiert Verlässlichkeit, schafft einen thematischen Übergang zwischen Unterhaltung und Information und bereitet die «Tagesschau» vor. Selbst wenn die Inhalte nicht ausschlaggebend für die Quote sind, trägt das Wettersegment zur Gesamtmarke des Ersten bei. Außerdem laufen zwischen Wetter, Börse und Wissen zahlreiche Werbespots. Dass die Einschaltquoten nicht mit den Wetterdaten korrelieren, bedeutet also nicht, dass die Sendung überflüssig ist. Im Gegenteil: Gerade weil sie unabhängig von Regen oder Sonnenschein stabil performt, erfüllt sie ihren Zweck als konstanter Publikumsmagnet.

Um es noch einmal zu verdeutlichen: Zwischen 30. März und 5. April 2024 schwankten die Tagesmitteltemperaturen zwischen 9,3 und 19,8 Grad, der Niederschlag zwischen 0,4 und 4,2 Millimetern. Die Zuschauerzahlen lagen in dieser Woche zwischen 1,22 und 1,96 Millionen. Eine statistische Korrelation zwischen Wetterlage und Reichweite ließ sich nicht feststellen.

«Wetter vor acht» ist eine Institution im Ersten – und zwar weitgehend wetterunabhängig. Ob draußen die Sonne scheint oder der Regen prasselt, das Publikum schaltet nicht wegen, sondern trotz der Wetterlage ein. Der feste Sendeplatz direkt vor der «Tagesschau» ist der eigentliche Garant für die Reichweite.

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