Wirtschaft

„Unmittelbare Wertvernichtung“: P7S1 lehnt MFE-Forderung entschieden ab

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Durch die Aufspaltung würde der Verschuldungsgrad der Gesellschaft erheblich steigern, argumentiert man in Unterföhring. Auch an die Neubesetzung des Aufsichtsrates lehnt man ab.

Vergangene Woche hatte der größte Minderheitsaktionär der ProSiebenSat.1 Media SE, Media For Europe (MFE), die Aufspaltung des Konzerns gefordert (Quotenmeter berichtete). Die Bereiche Dating & Video sowie Commerce & Ventures sollen dabei in eine neue Gesellschaft ausgegliedert werden. Knapp eine Woche später tritt der Vorstand und Aufsichtsrat von ProSiebenSat.1 dieser Forderung entschieden entgegen. Zur Begründung heißt es, dass Vorstand und Aufsichtsrat seit einem Jahr konsequent die Strategie der Fokussierung auf das Entertainment-Segment verfolgten. Der Vorstand prüfe laufend mögliche Schritte und bereitet im Hinblick auf einzelne Beteiligungen der Segmente Commerce & Ventures sowie Dating & Video entsprechende Verkäufe vor. Diese sollen vorbehaltlich des Marktumfeldes über die nächsten zwölf bis 18 Monate erfolgen.

Dies solle aber im Interesse der Gesellschaft und aller Aktionäre wertmaximierend erfolgen, nicht zuletzt um mittels der Veräußerungserlöse die Verschuldung und den Verschuldungsgrad der Gesellschaft erheblich zu reduzieren. „Vorstand und Aufsichtsrat halten die von MFE geforderte Aufspaltung des Unternehmens für nicht sinnvoll“, heißt es in einer am Mittwoch verbreiteten Mitteilung. Als Folge der Aufspaltung würde sich der Verschuldungsgrad der Gesellschaft erheblich auf mehr als das Vierfache des adjusted EBITDA (Basis 2023) erhöhen und damit strategische Akquisitionen ebenso unmöglich machen wie eine übliche Dividendenpolitik. Eine Aufspaltung anstelle eines Verkaufs von Beteiligungen schade der notwendigen Fortentwicklung des Kerngeschäfts mittelfristig, so die Argumentation aus Unterföhring.

Vorstand und Aufsichtsrat sprechen gar von einer „unmittelbaren Wertvernichtung“, würde man die vorgeschlagene Aufspaltung des Unternehmens durchziehen. Man sei davon überzeugt, dass nach der von MFE vorgeschlagenen Aufspaltung auch solche Unternehmen wie SevenVentures, die die erfolgreichen „Media for Equity“- und „Media for Revenue“-Modelle betreibt, oder marktguru abzuspalten wären, bei denen mit einem Wegfall erheblicher Werbesynergien zwischen der ProSiebenSat.1 Group und den abgespaltenen Beteiligungen in mittlerer zweistelliger Millionenhöhe zu rechnen wäre. Würden alle Portfoliounternehmen des „Commerce & Ventures“- und „Dating & Video“-Segments mit allen Vermögenswerten auf die neue Gesellschaft übertragen, hätte dies eine entsprechende Reduzierung des Unternehmenswerts von ProSiebenSat.1 zur Folge. Bei gleichzeitig unveränderter Nettoverschuldung würde der Eigenkapitalwert der ProSiebenSat.1 Media SE daher entsprechend sinken. Die Marktkapitalisierung des verbleibenden Unternehmens, also des Entertainment-Segments, wäre infolgedessen „voraussichtlich äußerst gering“, so das Eingeständnis. Da die abgespaltete Gesellschaft aus einer Vielzahl von sehr unterschiedlichen Geschäftsmodellen und Finanzprofilen bestünde, geht der Vorstand und Aufsichtsrat von einem „erheblichen Konglomeratsabschlag“ aus, der im nächsten Schritt „wahrscheinlich erneut zu entsprechenden Verkäufen und damit einer Zerschlagung der abgespaltenen Gesellschaft“ führen würde.

Auch in der Besetzung des Aufsichtsrates gibt es Widerspruch
Neben der Aufspaltung des Unternehmens forderte MFE zudem die Absetzung des Aufsichtsratsmitglieds Rolf Nonnenmacher, der auch Vorsitzender des Prüfungsausschusses ist. MFE schlug den ehemaligen italienischen EY-Wirtschaftsprüfer Simone Scettri als Nachfolger vor. In der Personalie sieht der P7S1-Vorstand jedoch Gefahren eines Interessenskonflikts, denn EY Deutschland war von 2019 bis 2023 Abschlussprüfer der ProSiebenSat.1 Group und auch von Jochen Schweizer mydays. EY hat in dieser Zeit Verstöße gegen das Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG) bei Jochen Schweizer mydays nicht beanstandet. Die ProSiebenSat.1 Media SE werde eine Inanspruchnahme von EY prüfen, heißt es nun. Außerdem hat MFE den ehemaligen italienischen Citibank-Investmentbanker Leopoldo Attolico als weiteren Kandidaten für den Aufsichtsrat nominiert. Der tschechische Minderheitsaktionär PPF wiederum schlägt Christoph Mainusch als Kandidaten vor.

Da mit Katharina Behrends (MFE) und Klára Brachtlová (PPF) bereits zwei Personen Teil des Aufsichtsrates sind und darüber hinaus der von MFE vorgeschlagene Thomas Ingelfinger ebenfalls zum Gremium gehört, hätten weitere Sitze für die Minderheitsaktionäre zur Folge, dass die Mehrheit der Mitglieder im Aufsichtsrat enge Beziehungen zu den beiden größten Aktionären der Gesellschaft hätten. Da stehe im Widerspruch zum Aktienkapital, an dem MFE und PPF zusammengerechnet nicht die Mehrheit halten.

Außerdem fordere MFE, das derzeit bestehende genehmigte Kapital aufzuheben und durch ein neues, deutlich eingeschränktes genehmigtes Kapital zu ersetzen. Dadurch sollen bestimmte marktübliche Möglichkeiten zur Kapitalerhöhung mit Bezugsrechtsauschluss gestrichen werden. Dies würde der Gesellschaft die Möglichkeit nehmen, neues Eigenkapital schnell und flexibel aufzunehmen oder neue Aktien als Gegenleistung für mögliche Akquisitionsvorhaben einzusetzen. Der Vorstand und Aufsichtsrat sind der Überzeugung, dass dies nicht im Interesse der Gesellschaft und ihrer Aktionäre sei. „Vielmehr würde dies im ausschließlichen Interesse von MFE dazu dienen, eine prozentuale Verwässerung der Beteiligung von MFE an der Gesellschaft durch für die Gesellschaft und die Gesamtheit ihrer Aktionär:innen sinnvolle Maßnahmen zu verhindern“, so Vorstand und Aufsichtsrat.

Zum Abschluss der Mitteilung hieß es: „Zusammenfassend sind Vorstand und Aufsichtsrat der ProSiebenSat.1 Media SE der Ansicht, dass die genannten Anträge nicht zur Wertsteigerung der Gesellschaft beitragen, sondern im Gegenteil das Risiko einer Wertminderung für die Gesellschaft bzw. ihre Aktionär:innen beinhalten.“ Der drohende Machtkampf am 30. April rückt näher.

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