Serientäter

«Jury Duty»: Ein wunderbares Schauspiel

von

Lee Eisenberg und Gene Stupnitsky haben mit zahlreichen Schauspielern, Statisten und einem dicken Drehbuch ein Geschworenengericht nachgestellt.

Bereits im April des Jahres 2023 startete die Reality-Show «Jury Duty», die im deutschen das Geschworenengericht bedeutet. In zahlreichen Ländern, die von Großbritannien besiedelt wurden, wie die Vereinigten Staaten von Amerika oder Australien spielen die zwölf auserwählten Menschen aus der Öffentlichkeit eine entscheidende Rolle. Während in Deutschland in einem großen Verfahren drei amtliche Richter den Ausgang des Prozesses mit Hilfe von zwei Laienrichtern, auch Schöffen genannt, beeinflussen, müssen sich in Teilen der angelsächsischen Welt die Zwölf auf ein Urteil einigen.

Lee Eisenberg, Autor von «WeCrashed», und Gene Stupnitsky, seines Zeichens bekannt für das «Bad Teacher»-Drehbuch, siedelten den gefälschten Schwurgerichtprozess in der in der Kleinstadt Huntington Park südwestlich von Los Angeles an. Trevor Morris (Ben Searward) soll als Angestellter des Bekleidungsherstellern Cinnamon and Sparrow nicht nur betrunken, sondern auch bekifft auf der Arbeit erschienen sein und dort einen Arbeitsunfall verursacht haben. So wurde er von einer Ladung T-Shirts begraben, in die er noch urinierte, da er sich nicht mehr bewegen konnte. Die Besitzerin Jacquilinie Hilgrove (Whitney Rice) verklagte daraufhin ihren Mitarbeiter auf mehrere Millionen Schaden.

Im Mittelpunkt steht allerdings der 29-jährige Ronald Gladden, einem Mitarbeiter eines Solarunternehmens aus San Diego, der nicht weiß, dass seine Vorladung zum Geschworenendienst ein Fake war. Bereits im Warteraum des örtlichen Gerichts haben die Autoren und Innendesigner die Szenerie so präpariert, dass Ronald den Machern die Falle ging. So landete beim Ausfüllen der Formulare neben Jeannie Abruzzo (Edy Modica), die ihm ein Twix anbot. Ronald fragte sie, ob sie den Automaten leergekauft habe, aber sie antwortete, dass sie – als keiner im Geschenkeladen war – diese einfach klaute. Es wird mit Hilfe von zahlreichen Kameras das gesamte Gebäude abgefilmt, in einem anderen Gerichtsaal durfte sich sogar die gesamte Crew einmieten. Um mit den Juroren drehen zu dürfen, ging das gesamte Projekt als eine Art-Dokumentarfilm durch.

Man könnte heutzutage doch etwas misstrauisch werden, wenn ein Produktionsteam eine besondere Szene begleiten möchte. Vor allem weil «Jury Duty» wie eine Verstecke-Kamera-Show beginnt und immer absurder wird. So taucht auch Schauspieler James Marsden auf, der ebenfalls als Juror ausgewählt werden soll. Während andere Personen wie eine alte Frau gehen darf, weil sie schlicht keine Lust hat, werde an dem «Sonic the Hedgehog»-Star ein Exemple statuiert. Pech für Marsden, gut für die Show. Denn schließlich tut der Schauspieler so, als hätte er Besseres zu tun und möchte für einen Spielfilm vorsprechen. Aus diesem Grund engagierte sein Agent Fake-Paparazzi, die das Gerichtsgebäude stürmen. Der Richter, ebenfalls ein Schauspieler, zieht Konsequenzen. Der Vorsitzende, Alan Rosen (Alan Barinholtz) schickt die zwölf Geschworenen in ein Hotel.

Zumindest fast: James Marsden bezahlt einen Polzisten aus seiner eigenen Tasche, damit er in seinem Anwesen wohnen darf. Allerdings kommt der Film- und Fernsehschaffende immer wieder am Wochenende vorbei, weil er sich so gut mit Ronald anfreundet. Zwecks Budget-Gründe hat man die Zwölf auf zwei Hotels aufgeteilt, also ist ein Teil auch nicht dauerhaft an den Dreharbeiten beteiligt. Es kommt immer wieder zu extrem seltsamen Situationen. So wird bereits am Anfang die «Family Guy»-Szene rezitiert, in der Peter nicht als Geschworener werden möchte, weil er behauptet, er sei ein Rassist. Das ist natürlich gerade deshalb lustig, weil Teile der Jury wie auch Officer Nikki Wilder (Rashida Olaywola) People of Color sind und alle nur entsetzt schauen und nachfragen, ob dies denn sei ernst sei. Einmal wird Ronald mit einem Kollegen zusammen gesetzt, der nicht nur extrem schräg aussieht, sondern auch verrückte Dinge baut. Beispielsweise kommt er eines Tages mit sogenannten Sitz-Krücken, die natürlich im Prozess stören.

«Jury Duty» ist zum Teil völlig absurd, doch Ronald Gladden kann dieses Schauspiel nicht durchschauen. Das führt auch dazu, dass die zahlreichen Statisten die Szenen im Vorfeld oft geübt haben und klare Regieanweisungen hatten. Es gab ein dickes Drehbuch, dass mehrere Handlungsverläufe vorsah. Also wenn Gladden einfach nicht so reagierte, wie es für eine lustige Serie passen würde.



Die Amazon-Produktion hat allerdings auch Schwächen, auch wenn diese nur wenig ins Gewicht fallen. Bis der Prozess überhaupt startet, vergehen schon während der Produktion Tage. Es nervt zum Teil, wenn der Schauspiel-Richter ständig den Prozess unterbricht. Gleichzeitig kann der Zuschauer gar nicht verstehen, wie viel tatsächlich an dem Tag gearbeitet wurde. So wird in einem Making-Of am Ende verraten, dass über 30 Stunden Aussagen zu hören waren, die allerdings nur wenige Minuten pro Folge einnehmen.

Unter Strich ist «Jury Duty» sehr gute Unterhaltung, die typische Comedy-Elemente mit Reality-Fernsehen kreuzt. Das war tatsächlich ein gutes einmaliges Experiment, allerdings kann man davon ausgehen, dass man im Jahres-Takt eine neue Staffel präsentiert bekommt.

«Jury Duty» kann bei Freevee gestreamt werden.

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