Filme des Grauens

«Left Behind»

von

Selbst Nicolas Cage kann das Ruder nicht mehr herumreißen.

Es gibt Filme, bei denen man sich fragt: „Wie konnte das überhaupt passieren?“ «Left Behind» von 2014 ist ein Paradebeispiel für solch ein cineastisches Desaster. Regie führte der britische Stunt-Koordinator Vic Armstrong, das Drehbuch stammt von Paul LaLonde und John Patus. Basierend auf dem apokalyptischen Bestseller von Tim LaHaye und Jerry B. Jenkins, wollte man mit einem Budget von 16 Millionen Dollar ein christlich geprägtes Endzeit-Spektakel schaffen. Das Ergebnis: ein Film, der selbst für Trash-Fans schwer zu ertragen ist.

«Left Behind» erzählt die Geschichte des sogenannten „Raptures“, der Entrückung gläubiger Christen in den Himmel – ein zentraler Aspekt der evangelikalen Endzeit-Mythologie. Über Nacht verschwinden weltweit Millionen Menschen – darunter alle Kinder – plötzlich spurlos. Zurück bleiben verzweifelte Angehörige, Chaos und Panik. Im Mittelpunkt: Flugkapitän Rayford Steele (Nicolas Cage), der versucht, sein Passagierflugzeug sicher zu landen, während auf der Erde seine Tochter Chloe (Cassi Thomson) mit der neuen Realität konfrontiert wird. Doch statt spiritueller Tiefe oder relevanter Gesellschaftskritik serviert der Film ungelenke Dialoge, hanebüchene Wendungen und Spezialeffekte, die selbst für das Jahr 1995 veraltet gewirkt hätten.

«Left Behind» scheitert auf fast allen Ebenen. Die Inszenierung ist spannungsfrei, das Drehbuch wirkt wie aus einer christlichen Jugendgruppe kopiert, und selbst gestandene Darsteller wie Nicolas Cage wirken seltsam entrückt – nicht vom Himmel, sondern vom Geschehen. Cage spielt seinen Part mit einer Mischung aus gelangweilter Resignation und überzeichneter Panik. Der Versuch, eine religiöse Botschaft mit Elementen eines Katastrophenfilms zu verknüpfen, misslingt kläglich. Statt emotionale Tiefe zu erzeugen, pendelt der Film zwischen unfreiwilliger Komik und zähem Pathos. Die digitalen Effekte – etwa ein Flugzeugabsturz – wirken billig, der Score aufdringlich, die Nebenfiguren klischeehaft.

Die Fachpresse ließ kein gutes Haar an «Left Behind». Auf Rotten Tomatoes hält der Film einen legendär schlechten Score von 0 Prozent bei 70 Kritiken – ein „Plague of Locusts“-Zitat in der offiziellen Bewertung inklusive. Richard Roeper („Chicago Sun-Times“) gab dem Film ein D− und meinte, die Schauspieler seien „so hölzern, man könnte aus ihnen ein Basketballfeld bauen“. Auch christliche Kritiker übten harte Kritik: Die Zeitschrift „Christianity Today“ bezeichnete den Film als „nicht christlich, sondern berechnend, laut und dumm“. Selbst gläubige Zuschauer fühlten sich durch das plakative Missionieren und die dürftige Qualität bevormundet.

Trotz dieser Bruchlandung ist Cage bis heute unermüdlich aktiv. 2021 feierte er mit «Pig» ein gefeiertes Comeback, zuletzt brillierte er in «Dream Scenario» und «Renfield». Bekannt aus «One Tree Hill», arbeitet Chad Michael Murray heute eher im Serienbereich und für Hallmark-Produktionen. Cassi Thomson Durchbruch blieb aus. Nach wenigen TV-Auftritten zog sie sich aus dem Rampenlicht zurück. Die «Zurück in die Zukunft»-Ikone Lea Thompson ist mittlerweile als Regisseurin tätig und Jordin Sparks, die Sängerin und «American Idol»-Gewinnerin hat ihre Filmkarriere weitgehend aufgegeben, konzentriert sich auf Musikprojekte.

Die «Left Behind»-Marke hatte trotz einer bereits wenig überzeugenden Trilogie aus den 2000er-Jahren (mit Kirk Cameron) eine treue christlich-konservative Fanbasis. Produzent Paul LaLonde wollte mit dem Reboot ein „Hollywood-taugliches“ Apokalypse-Epos schaffen – auch, um von Gläubigen buchstäblich ganze Kinosäle füllen zu lassen. Doch die Strategie ging nicht auf. Der Film war weder evangelikale Predigt noch Katastrophenunterhaltung. Er wurde zur Karikatur seiner selbst. Trotz der vernichtenden Kritiken spielte der Film immerhin rund 27 Millionen Dollar weltweit ein – genug, um 2023 eine Fortsetzung zu rechtfertigen: «Left Behind: Rise of the Antichrist». Cage war diesmal nicht mehr dabei. Stattdessen übernahm Kevin Sorbo die Hauptrolle – ein weiterer Schauspieler mit Hang zu christlich geprägten Filmprojekten. Die Fortsetzung ging weitgehend unter.

«Left Behind» ist ein Paradebeispiel für gescheiterte Filmprojekte mit ideologischem Überbau. Statt spannende Unterhaltung oder spirituelle Tiefe liefert der Film billigen Alarmismus, peinliche Dialoge und Darsteller, die offensichtlich selbst nicht daran glauben, was sie da tun. Wer ihn dennoch sehen will, findet ihn auf DVD, Blu-ray oder Streaming – aber besser wäre es, man ließe ihn einfach zurück.

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