Filme des Grauens

«Crossroads – Not a Girl»

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Als Britney Spears Hollywood erobern wollte – und spektakulär scheiterte. Der Spielfilm stammte ausgerechnet von Shonda Rhimes, die später riesige Hits schrieb.

Als «Crossroads – Not a Girl» im Frühjahr 2002 in die Kinos kam, schien der Weg für eine neue Multitalentin-Karriere geebnet: Britney Spears, damals der unbestrittene Superstar des Pop, wollte auch Hollywood erobern. Der Film sollte der Beweis sein, dass sie mehr kann als Musikvideos und Bühnenchoreografien – doch das Experiment scheiterte auf fast allen Ebenen. Was als Coming-of-Age-Roadmovie mit Musik und Gefühl verkauft wurde, entpuppte sich als seichtes, klischeebeladenes und erstaunlich schlecht geschriebenes Werk – mit einer Botschaft, die so dünn war wie das Drehbuch selbst.

In «Crossroads» spielen Britney Spears, Zoe Saldana und Taryn Manning drei Freundinnen, die sich nach Jahren der Trennung wieder treffen und gemeinsam einen Roadtrip unternehmen. Sie sind Anfang 20, jeder von ihnen hat ein Problem im Gepäck: Lucy (Spears) ist ein zurückhaltendes Mädchen, das ihre Mutter sucht; Kit (Saldana) kämpft mit Beziehungsproblemen; und Mimi (Manning) hat eine ungewollte Schwangerschaft hinter sich. Gemeinsam reisen sie im Auto eines mysteriösen Typen namens Ben (gespielt von Anson Mount) durch die USA, erleben dramatische Enthüllungen, peinliche Gesangseinlagen – und ganz viel Unsinn.

Was wie ein halbwegs charmanter „Mädchen finden sich selbst“-Film klingen könnte, ist in Wahrheit ein wirrer Mix aus MTV-Ästhetik, sentimentaler Schmonzette und fragwürdigen moralischen Botschaften. Der emotionale Tiefgang bleibt auf dem Niveau eines Teenie-Magazins, der Humor ist flach, die Handlung konstruiert, und die Dialoge wirken, als seien sie in einer Werbepause geschrieben worden.

Überraschenderweise stammt das Drehbuch von Shonda Rhimes, die später mit Serienhits wie «Grey’s Anatomy», «Scandal» und dem «Bridgerton»-Franchise weltweiten Ruhm erlangte. Damals stand sie noch am Anfang ihrer Karriere – und «Crossroads» ist ihr erster veröffentlichter Spielfilm. Dass sie seither betont, bei diesem Projekt kaum kreative Kontrolle gehabt zu haben, überrascht wenig. Der Film wirkt wie ein PR-Projekt rund um Britney Spears, nicht wie eine Erzählung mit echter Dringlichkeit.

Rhimes selbst sagte später in Interviews, sie habe das Drehbuch unter engen Vorgaben geschrieben – Spears und ihr Team hatten lautstark mitgeredet. Ziel sei es gewesen, die Sängerin möglichst sympathisch und bühnenwirksam in Szene zu setzen, ganz gleich, ob das zur Figur oder zur Geschichte passte. Auch der Titel „Not a Girl, Not Yet a Woman“, der gleichzeitig ein Song von Spears ist und die zentrale Botschaft des Films darstellen soll, wurde offensichtlich nachträglich eingebaut, um dem Film eine Pseudotiefe zu verleihen.

Die Regie übernahm Tamra Davis, eine solide TV- und Musikvideoregisseurin, die in den 90ern unter anderem mit Adam Sandler in «Billy Madison» Erfolge feierte. Davis schien wie eine pragmatische Wahl: jemand, der sich mit jungen Zielgruppen auskennt, schnelle Drehs abliefern kann und Stars nicht widerspricht. Leider wirkte sie im Fall «Crossroads» wie eine Statistin hinter der Kamera. Der Film ist visuell blass, inszenatorisch ideenlos und dramaturgisch vollkommen zerfahren. Davis selbst äußerte sich später kaum zum Projekt, das für sie ebenfalls kein Karrieresprungbrett war. Auch andere Beteiligte distanzierten sich mehr oder weniger deutlich. Der Film wurde zum Paradebeispiel für Promi-Vehikel ohne Substanz – ein Produkt der Hochphase von Spears’ Ruhm, nicht aber ein echtes Filmprojekt mit erzählerischem Anspruch.

Kritiker sparten nicht mit Spott: Roger Ebert bezeichnete «Crossroads» als „nicht wirklich schlecht, sondern einfach leer“ – ein vernichtendes Urteil aus dem Munde eines sonst recht fairen Kritikers. Auch bei Rotten Tomatoes kommt der Film gerade einmal auf 15 Prozent positive Kritiken. Das Publikum reagierte ähnlich ernüchtert: Zwar spielte der Film weltweit rund 60 Millionen Dollar ein (bei einem Budget von 12 Millionen), aber der Imageschaden war größer als der kurzfristige Erfolg.

Für Britney Spears blieb es der einzige Kinofilm mit ihr in der Hauptrolle. Später gestand sie ein, die Dreharbeiten seien anstrengend und enttäuschend gewesen. Ein Karrierewechsel zur Schauspielerei kam nie wieder ernsthaft infrage – auch weil ihr öffentliches Leben in den folgenden Jahren zunehmend von Skandalen, dem Zusammenbruch ihrer Vormundschaft und psychischen Problemen geprägt war. «Crossroads» war nie als Film gedacht, sondern als verlängerte PR-Kampagne in Spielfilmlänge – und das spürt man in jeder Szene.

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