Serientäter

«Doppelhaushälfte» Vol. 4: Rocco ist der Star

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Neun Episoden haben die zahlreichen Autoren um Dennis Schanz verfasst. Die neuen Episoden sind wieder richtig lustig geworden.

Nachdem «Doppelhaushälfte» im Frühjahr 2022 bei ZDFneo startete, wurde die Produktionsfirma StickUp Filmproduktion um die Macher Dennis Schanz und Christoph Mushayija Rath sehr gelobt. Die zweite Staffel fiel hingegen deutlich schwächer aus, die dritte Runde kam so langsam wieder an die flotten Geschichten der ersten Folgen heran. Das Format um die migrantische Patchworkfamilie aus der Stadt und der ostdeutschen Dorffamilie Knuppe begeisterte zuletzt auch viele Netflix-Abonnenten, denn das ZDF konnte das Format dort lizenzieren.

Die neuen Geschichten bleiben vorerst dem ZDF vorbehalten. Die vierte Staffel startet mit der Episode „Der Switch“, in der Zoe auf ihrem TikTok-Kanal mit Roccos Vater Andi und Zoes Mutter Mari einen Körpertausch-Zauber vollzieht. Am nächsten Morgen wachen Andi und Zoe in den jeweils anderen Körpern auf. Obwohl die Folge nicht besonders originell ist, hat sie etwas viel Besseres vorzuweisen: Sie ist lustig! So mag diese Geschichte im Gesamtkanon der Serie nicht von großer Bedeutung sein, aber das Schauspiel von Milan Peschel und Maryam Zaree ist wirklich großartig. Die Storyline wiederholt sich mit früheren Geschichten, in denen Andi in die Firma von Mari muss. Eric Man ist im Übrigen auch die Fernsehversion von Elon Musk, dem seine Macht als Arbeitgeber bewusst ist. Die zahlreichen überlangen Episoden führen auch dazu, dass die Storylines nicht unnötig verkürzt werden. Die Produzenten haben mit der Serie einen so großen Erfolg, dass das ZDF diese nicht auf 30 Minuten einzwängt.

Die zweite Folge trägt den Titel „Neue Nachbarn“ und handelt davon, wie die verklemmte Mari die Neuen, ein Kollektiv aus Berlin, kennenlernen will. Die Episode hat Witz, aber die Neuen in der Straße kommen leider in der gesamten Staffel – noch nicht einmal in Erwähnungen – vor. Ein wirkliches Feuerwerk der Gefühle ist „Roccos Rache“, in der Andis Sohn einen kleinen Roboterhund aus dem Internet bestellt. Schnell freundet sich Rocco mit dem Spielgefährten an, wird jedoch von seinem Vater belächelt. Bei einigen Gassi-Geh-Übungen auf der Straße überfährt ein waghalsiger Fahrer das „Haustier“. Etwas unpassend ist, dass das Polizei-Duo Wörner (Peer Martiny) und Eckner (Asyima Ergün) noch nicht einmal bei Sachbeschädigung ermitteln will. Angelehnt an andere Spielfilme des Rache-Genres bahnt sich Rocco seinen Weg. Das ist komisch, das macht Spaß. Unterdessen kauft Andi eine Billig-Version des Hundes nach, die ihm viel Freude bereitet.

Weniger lustig sind Geschichten wie „Ortsvorsteher“, in der Gaststar Jochen Reimers eine Ruine in Schönefelde in eine Shopping-Mall für Luxusmarken umbauen möchte. Mari stellt deshalb zunächst ihren Partner Theo (Benito Bause) auf, doch neben Andi scheint er nicht aufzugehen. Aus diesem Grund muss Mari sich selbst noch aufstellen lassen. Tracy (Minh-Khai Phan-Thi) wiederum sieht nur ihre finanzielle Sicherheit im Vordergrund und torpediert ihren Ehemann, um in dem neuen Einkaufszentrum eine Filiale eröffnen zu können.

Mit „Therapie“ und „Tausend Mal berührt“ hat man zwei gute Geschichten, aber „Cultural Heritage“ toppt diese locker. Minh-Khai Phan-Thi ist dort selbst als Co-Autorin verantwortlich, und das merkt man der Serie deutlich an. Tracy will in Bubble Tea investieren und den alten Kram aus dem Keller wegschmeißen. Plötzlich findet man dort alte Artefakte, die Mari allerdings zurück nach Ruanda schicken möchte. Theo will diese lieber im heimischen Museum ausstellen lassen, Zoe (Helena Yousefi) möchte die kulturelle Aneignung lieber gleich zerstören.

Fulminant geht es mit „Money Talks“ weiter, in der endlich wieder Tracys Salon im Mittelpunkt steht. Nebendarstellerin Trang Le Hong hat als Ly wieder mehr zu tun. Weil das „Beauty Felde“ rote Zahlen schreibt, heuert Tracy einen Mönch an. Dieser geht der Sache nicht nur in den Gewerberäumen auf den Grund, sondern auch vor Ort. Rocco möchte den Hauptpreis bei der Brauerei gewinnen, indem er einfach nur noch Bier trinkt. Zudem will Zoe auf ein Taylor-Swift-Konzert gehen, das allerdings teuer ist. Gleichzeitig schmeißt Theo das Geld für Staubsaugerroboter raus.

Ende Mai releast ZDFneo auch noch die Weihnachtsfolge „Schöne Bescherung“, in der Maris Bruder Brian besoffen ankommt. Die Rolle des Weihnachtsmanns geht an Andi, der allerdings nicht mehr nach Hause möchte. Kurzerhand kommen die Sawadi-Krögers zu den Knuppes, und ein lustiges Wichtel-Spiel entsteht. Die 36-jährige Jasna Fritzi Bauer verkörpert dabei Andis Mutter und kann damit überzeugen. Allerdings verraten die Macher nicht, wieso sie nicht eine ältere Dame gecastet haben.

Die vierte «Doppelhaushälfte»-Staffel ist vor allem dann gut, wenn sie – wie alle guten Sitcoms – die gleichen Scherze endlos wiederholt. Es mag vielleicht künstlerisch nicht besonders wertvoll sein, dass beispielsweise Charlie Sheen als sein Alter Ego in «Two and a Half Men» acht Jahre lang die gleichen Bindungsängste hatte, aber es war lustig. So ist es auch bei der ZDF-Serie: «Doppelhaushälfte» ist vor allem dann gut, wenn alle in ihrem Element sind. Andi als Proll, Tracy als gewiefte Geschäftsfrau, Rocco als verknallter Junge, und Zoe denkt nur an sich selbst. Es ist Mari, die immer Probleme mit Andi hat. Leider fällt die Rolle von Benito Bause etwas aus dem Rahmen. Wie in jeder guten Sitcom ist er eigentlich der perfekte Normalo. Aber ein Ted Mosby aus Schönefelde zu sein, ist sicherlich auch nicht schlecht.

Die vierte «Doppelhaushälfte»-Staffel steht seit Ende April bei ZDF zum Streamen bereit. Das Staffelfinale ist am Dienstag, den 27. Mai 2025, ab 21:45 Uhr auf ZDFneo zu sehen.

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