Die Kritiker

«1899»

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Heute startet bei Netflix der neue Streich der Macher von «Dark». Kann der Neustart die hohen Erwartungen erfüllen?

Es ist 1899, und auf einem Schiff mitten im Atlantik, auf der Strecke von England nach New York, geht etwas nicht mit rechten Dingen zu. Schon die Passagiere wirken irgendwie seltsam, allen steht eine unbestimmte Angst in den Augen, und jeder von ihnen, wie bald festzustellen ist, hütet das ein oder andere dunkle Geheimnis. 13 Jahre, bevor die Titanic für immer auf den Grund des Ozeans gesunken ist, wird uns nun ein weiteres Schiffsdrama erzählt. Aber hat man das – zum Beispiel mit dem Untergang des weltberühmten luxuriösen Dampfers von Southampton – nicht alles schon einmal gesehen?

Nein, natürlich nicht, denn hinter «1899» stecken mit Jantje Friese und Baran bo Odar die Macher von «Dark», jenem Netflix-Format, das wohl zum ersten kleinen Welthit der deutschen Serien-Zunft avancierte. So ist auch ihre neue Schöpfung wieder ein düsterer, undurchsichtiger Mystery-Stoff, dem ab der ersten Minute dasselbe gelingt wie ihrer ersten Produktion für Netflix: eine beachtliche Sogwirkung, die den Zuschauer nicht mehr los lässt.

So mühelos wie dieser Effekt gelingt, so vielfältig sind auch die Voraussetzungen, die dafür erfüllt sein müssen. Am Anfang stehen zwei Figuren besonders im Zentrum der Aufmerksamkeit: die britische Neurologin Maura Franklin (Emily Beecham), die nach ihrem Medizinstudium nicht als Ärztin praktizieren darf, weil sie eine Frau ist, und der Kapitän des Schiffs namens Eyk Larsen (Andreas Pietschmann), der mit einem schweren Alkoholproblem kämpft, nachdem seine Frau und seine Töchter einem schrecklichen Unglück zum Opfer gefallen sind. Beide Charaktere haben markante und interessante Abgründe aufzuweisen, durch die sie sich perfekt für einen düsteren Stoff eignen, der im ausgehenden 19. Jahrhundert angesiedelt ist und noch dazu im rauen Klima auf hoher See spielt.

Gleichzeitig wird schon in den ersten Szenen deutlich, dass auf diesem Schiff kaum etwas so sein dürfte, wie es zunächst scheint. Bereits in den ersten Folgen wird die Besatzung von übernatürlichen Phänomenen heimgesucht, deren Schrecken sich immer weiter steigert. Zudem wirft fast jede Wendung neue Rätsel auf, die es zu ergründen gilt. Denn «1899» ist nicht nur eine Reise mitten auf den Atlantik, einen gefährlichen Ort, wenn man nur mit Morsecodes kommunizieren kann, sondern auch in die Abgründe der Charaktere. Gerade die Hauptdarsteller Emily Beecham und Andreas Pietschmann können hier besonders überzeugen und haben einen großen Anteil am Gelingen des Gesamtwerks.

Ohne Frage: Diese Serie ist großes Fernsehen, bildgewaltig, atmosphärisch und spannend. Hoffentlich lohnt sich diese Reise am Schluss aber auch, wenn man sie vom Ende her denkt. Denn die spannendste Geschichte wird zur großen Enttäuschung, wenn die Auflösung nicht so befriedigend ausfällt, wie sich die Zuschauer das am Anfang erhofft haben. Doch wenn der Masterplan der Autoren ähnlich eindrucksvoll ausfällt wie der bisher zurück gelegte Weg, wird man so gut wie alles richtig gemacht haben.

«1899» ist ab sofort bei Netflix verfügbar.

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