Zentraler Bestandteil waren ihre Bücher „Die Frauen von Birkenau“ und „Die Unschuldigen in Nürnberg“. Sewerynas Sohn, der im Film mitwirkte, hatte auch Anmerkungen für die Darstellung seiner Mutter, die bei der Einordnung ihrer eigenen Beschreibungen halfen. Dadurch wurde die Darstellung ihrer Ängste beispielsweise, ein immer schmalerer Grad und eine recht konkret definierte spielerische Aufgabe.
Szmaglewska war eine der wenigen Frauen, die im Nürnberger Prozess aussagen durften. Was hat Sie an dieser historischen Figur am meisten beeindruckt?
Mich hat sehr beeindruckt, wie Seweryna dafür kämpfte, dass die Geschichten und ihre Erlebnisse weitergegeben und erhalten bleiben. Sie hat diese große Verantwortung gespürt auszusagen und in ihren Büchern ihre Erfahrungen niederzuschreiben.
Die Dreharbeiten fanden komplett in Budapest statt, auch der Gerichtssaal wurde dort eingerichtet. Wie war es für Sie, in einem künstlich geschaffenen, aber historisch stark aufgeladenen Raum zu spielen?
Durch die Rekonstruktion konnte man die verschiedenen Komponenten sehen, die da aufeinander trafen – z.B. wie nahe die Angeklagten saßen oder die Kamera, die das ganze dokumentierte. Sie schwenkte immer wieder von den Zeug*innen weg und konzentrierte sich zum Beispiel mehr auf die zu dem Zeitpunkt sehr bekannten Angeklagten. Deshalb wurde die Aussage Szene auch im Film – statt die Aufnahmen der Nazis zu zeigen – dem schriftlichen Protokoll nach mit fiktiven Szenen von Seweryna ergänzt.
Wie erleben Sie die Verbindung aus Spielszenen, Dokumentation und den Interviews mit Angehörigen – zum Beispiel mit dem Sohn von Seweryna Szmaglewska?
Die Mitwirkung der Angehörigen, das dokumentarische Material von Ernst Michel aus Aufnahmen der Öffentlich-Rechtlichen und von Seweryna sind die ausschlaggebenden Faktoren, weshalb ich bei dem Projekt mitwirken wollte. Vor einigen der Szenen hatte ich große Berührungsängste, aber einen Beitrag zur Erinnerungskultur zu machen, bei dem man die Geschichten primär von den Betroffenen und Angehörigen erzählen lässt, halte ich für wichtig.
Sie standen u. a. mit Jonathan Berlin vor der Kamera. Wie haben Sie das Zusammenspiel erlebt?
Mit Jonathan zusammen zu spielen hat mich sehr gefreut. Er ist so ein lieber Kollege und hat mit Kampagnen wie dem „Act Out“-Manifest und seinem Engagement für Umweltschutz und andere Politische Themen schon viel bewegt. Im Zuge der Doku wird auch versucht, Seweryna Szmaglewska und Ernst Michel in das Memorial in Nürnberg auszunehmen, die dort noch nicht genannt werden. Beide sind in Deutschland nicht vielen ein Begriff, da Sewerynas Bücher erst vor wenigen Jahren in Deutschland erschienen sind, was eigentlich unglaublich ist, weil es ja um die Verbrechen der Deutschen geht - und eines der Bücher „Die Frauen von Birkenau“ – in Polen schon lange Pflichtlektüre in der Schule war.
Ihre Figur trägt die Last, stellvertretend für Millionen Opfer zu sprechen. Wie sind Sie mit diesem Gewicht während des Drehs umgegangen?
Also erstmal will sie ja unbedingt sprechen und unbedingt so detailreich wie möglich. Dass ihr zunächst suggeriert wird, dass sie vielleicht gar nicht aussagen darf, ist sehr schlimm für sie. Ich finde es interessant, wie ihr Sohn das beschrieben hat; dass sie sich eine bestimmte Stimme für die Aussage überlegt hat, in welcher sie in der Aussage sprach, mit der sie im sonstigen Leben aber nicht sprach, um mit dem Druck umzugehen. Sie blieb konzentriert, fokussierte mit dem Blick nur eine Person, zeigte wenig Emotionen. Und trotzdem fühlte sie sich im Anschluss, als habe der Raum ihr nicht interessiert zugehört und die Menschen seien unberührt geblieben. Deshalb freute sie sich so über den Artikel von Ernst Michel, durch welchen sie dann auch Witek finden konnte.
Ihre Rolle basiert auf einer realen Person, deren Lebensgeschichte dokumentiert ist. Wie sind Sie damit umgegangen, dieser historischen Figur gerecht zu werden, ohne dabei die künstlerische Freiheit zu verlieren?
Meine künstlerische Freiheit war in dem Zusammenhang eigentlich nicht so wichtig. Meine Aufgabe bestand eher darin, den gemeinsamen Nenner aus den verschiedenen Beschreibungen und dem Archivmaterial zu finden oder die Ambivalenz auszubreiten, um die Geschichte darzustellen.
Viele junge Menschen kennen die Nürnberger Prozesse nur aus Geschichtsbüchern. Welche Wirkung erhoffen Sie sich vom Film auf das jüngere Publikum?
Ich hoffe, dass der Film die Neugierde des jüngeren Publikums weckt und sie sich damit auseinandersetzen, wie es damals dazu kommen konnte, damit sie sich gegen den Faschismus engagieren. Bei den erschreckenden AfD-Wahlergebnissen gibt es da leider wirklich viel zu tun. Außerdem hoffe ich, dass sie sich durch die Beschreibungen von Lauren Shachar, der Tochter von Ernst Michel, und Jacek Wisniewski, dem Sohn von Seweryna Szmaglewska, aus der Perspektive 80 Jahre später, Zusammenhänge erkennen lassen und ein komplexeres Verständnis für die Nachwirkungen des Nationalsozialismus entsteht.
Vielen Dank für Ihre Zeit!
«Nürnberg 45 - Im Angesicht des Bösen» ist am Sonntag, den 9. November, um 21.45 Uhr im Ersten zu sehen.







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Supervisor Sound Technics (m/w/d)
Initiativbewerbungen (m/w/d)
Rechtsreferendariat im Bereich Wirtschaftsrecht mit Schwerpunkt Urheberrecht 




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