Die Kritiker

«Tatort - Blinder Fleck»

von

Der Schweizer «Tatort» gerät ins Kreuzfeuer aus bosnischen Kriegsverbrechen und Anti-Spionage-Software.

Stab

Darsteller: Anna Pieri Zuercher, Carol Schuler, Rachel Braunschweig, Aaron Arens, Peter Jecklin, Igor Kovac
Musik: Fabian Römer
Kamera: Michael Saxer
Drehbuch: Claudia Pütz und Karin Heberlein
Regie: Tobias Ineichen
Ein brutaler Dreifachmord erschüttert das Zürcher Oberland. Die einzige Zeugin: ein sechsjähriges Kind, das sich nach der Bluttat unter dem Rock seiner Mutter versteckt hielt, bis die Polizei eintraf. Die beiden Kommissarinnen Isabelle Grandjean (Anna Pieri Zuercher) und Tessa Ott (Carol Schuler) werden auf den Fall angesetzt, und bei ihren Ermittlungen stoßen sie auf eine komplexe Verflechtung von moderner Software-Entwicklung und alten Verbrechen aus dem Bosnienkrieg. Leider kann der Film sich jedoch offensichtlich nicht entscheiden, welchen dieser Wege er denn nun einschlagen soll, und verliert dadurch an Kohärenz und Spannung.

Denn das Hauptproblem von «Blinder Fleck» besteht darin, dass die beiden Handlungsstränge nie effektiv miteinander verknüpft werden, sondern vieles den Anschein erweckt, als haben die Autorinnen und die Redaktion nicht so recht den Mut aufgebracht, auf eines der beiden Reizwörter Anti-Spionage-Software und Kriegsverbrechen zu verzichten; vielleicht weil sie ihrer eigenen Geschichte nicht das Vertrauen entgegengebracht haben, aus sich heraus einen Sonntagabend im Ersten zu tragen. Doch diese Entscheidungsverweigerung hat einen Preis, und der heißt Oberflächlichkeit.

So waren die Mordopfer in die Entwicklung einer Software involviert, die die automatische digitale Gesichtserkennung erschweren soll – ein großer Gewinn für Freiheit und Privatsphäre, wie man meinen möchte. Nun wollte allerdings ein Drohnenhersteller die Firma aufkaufen, wohl um die Software vom Markt zu nehmen. Das allerdings hat zu Streit geführt – und vielleicht auch zum Mord? Oder waren es doch eher alte Seilschaften aus dem Zusammenbruch des jugoslawischen Regimes, wie eine andere Verbindung zwischen den Ermordeten nahelegt?

Doch nicht nur die Handlung wird allzu oberflächlich dargestellt: Auch Isabelle Grandjean und Tessa Ott sind zwar weiterhin kompetente Ermittlerinnen, aber ihre Charaktere werden in dieser Folge kein Stück weiterentwickelt. So fällt es den Zuschauern weiterhin schwer, eine echte Verbindung zu ihnen aufzubauen. Auch die Nebenfiguren aus dieser Folge bleiben weitgehend flach und stereotyp. Es fehlt an emotionaler Tiefe und charakterlichen Motivationen, die die Handlungen der Figuren jenseits allzu plumper Motive erklären würden.

Spätestens im letzten Drittel mündet die bis dahin oberflächliche Erzählstruktur des Films vollends in allzu verwirrende Abschnitte und verliert sich in einer zunehmenden Unklarheit, durch die das dargestellte Seelenleben der Episodenfiguren nur noch fahriger gezeichnet wird. So baut sich bis zum Schluss nie ein effektiver Spannungsbogen auf, während die angedachten Wendungen vor dem Hintergrund der konfusen Handlungsschemata ebenso wenig verfangen. Die soliden schauspielerischen Leistungen in «Blinder Fleck» können die Schwächen des Drehbuchs dann leider nicht ausgleichen, während insbesondere Anna Pieri Zuercher und Carol Schuler einmal mehr die Gelegenheit genommen wird, in ihren Rollen zu glänzen.

Der Film «Tatort – Blinder Fleck» wird am Sonntag, den 24. September um 20.15 Uhr im Ersten ausgestrahlt.

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