Stab
Darsteller: Anna Pieri Zuercher, Carol Schuler, Rachel Braunschweig, Aaron Arens, Babett Arens, Peter JecklinMusik: Fabian Römer
Kamera: Michael Saxer
Drehbuch: Adrian Illien
Regie: Tobias Ineichen
Da sind sie wieder: Grandjean und Ott. Die beiden ungleichen Ermittlerinnen mit dem unausgesprochenen Dauerknirschen. Anna Pieri Zuercher wie immer aufgeräumt in der Stirn, Carol Schuler etwas verwuschelter in der Seele – man kennt das Duo inzwischen, man schätzt die Dynamik. Auch diesmal gelingt es den beiden, den Fall mit Würde und wacher Präsenz durch den dramaturgischen Nebel zu führen. Doch der Nebel lichtet sich nicht überall.
Die Story kommt wirklich hochambitioniert daher: Haare von den Armen für die Reichen, Echthaarhandel als symbolisches Machtspiel, Kapitalismuskritik zwischen Schere und Shampoo. Eine junge Frau, Vanessa Tomasi, wird ziemlich übel gemeuchelt. Ihre Mähne – halb entfernt, halb Spur. Sie war Auszubildende in einer noblen Perückenmanufaktur. Ihr Vater? Star-Coiffeur. Der Verdacht? Ein ganzes Netzwerk aus Gier, Schuld und geschnittenen Biografien. Klingt gut. Klingt nach Kino. Klingt nach: bitte nicht versemmeln.

Adrian Illien, sonst eher für Historiendrama bekannt, schreibt sich mit «Rapunzel» an die Front der Krimiliteratur – mutig, durchaus clever, aber nicht ohne Stolperstellen. Der größte Lichtblick tritt in Gestalt von Stephanie Japp als Aurora Schneider auf – so kontrolliert, so bitter, so groß. Auch Rachel Braunschweig als Staatsanwältin Wegenast bringt wieder diese souveräne Mischung aus Entnervung und Scharfblick.

Aber dann: wieder eine Szene zu viel, ein Motiv zu glatt, ein Verdächtiger zu sichtbar. Man wünscht sich eine Frisur mit mehr Undone-Charme. Mehr Mut zum Chaos. Weniger Haarspray, mehr Eigensinn. Fast so, als hätte man Angst gehabt, den Stoff wirklich zu verstrubbeln.
Fazit? «Rapunzel» ist ein «Tatort», der sich was traut – inhaltlich, atmosphärisch, konzeptuell. Aber das große Märchen bleibt aus. Es bleibt bei einem gut gemeinten Drama, das seine stärksten Momente hat, wenn es leise wird, nicht laut. Und wenn es das Haar mal nicht in der Suppe sucht, sondern im Spiegel. Immerhin: ein Fall, der hängen bleibt. Nicht ganz glatt – aber mit genug Spliss, um darüber zu reden.
Der Film «Tatort – Rapunzel» wird am Sonntag, den 15. Juni um 20.15 Uhr im Ersten ausgestrahlt.
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