Die Kritiker

«Friesland – Fundsachen»

von

Leer ist ein gefährliches Pflaster. Bei einem Spaziergang mit ihrem Bruder Yunus entdeckt die Polizistin Süher Özlügül auf jeden Fall eine Leiche an einem nur wenig frequentierten Strandabschnitt. Der junge Mann ist ermordet worden. Seine Identität stellt die Ermittler vor ein Rätsel.

Stab

REGIE: Dominic Müller
BUCH: Mariann Kaiser
KAMERA: Simon Schmejkal
MUSIK: Stefan Hansen
KOSTÜME: Judith von der Burg
TON: Bennet Switala, Frank Haßelmann, Christian Casper
DARSTELLER: Sophie Dal, Maxim Mehmet, Yunus Cumartpay, Theresa Underberg, Holger Stockhaus, Felix Vörtler, Julia Jäger, Tina Pfurr, Steffen C. Jürgens, Lilly Menke, Baris Ar, Petra van de Voort
Auch eine Serie wie «Friesland» ist vor Routine nicht gefeit. Der sechzehnte Fall der Kriminalfilmreihe verläuft doch sehr stark nach inzwischen hinlänglich bekannten Mustern.

• Da ist der Fund einer Leiche? Check!
• Kriminalhauptkommissar Jan Brockhorst hält sich einmal mehr für den heißesten Wachtmeister Ostfrieslands und blockiert durch sein Auftreten mehr die Ermittlungen als dass er sie voranbringt? Check!
• Sühers Bruder Yunus hat eine Geschäftsidee? Check!
• Die Apothekerin Insa Scherzinger muss wieder als Hobby-Pathologin auftreten? Check.
• Irgendwie laufen die Fäden der Handlung alle beim Bestatter Wolfgang Habedank zusammen? Check.

Der «Friesland»-Baukasten bietet in diesem Film nicht wirklich viele Überraschungen. Zu sehr verläuft die Geschichte nach bekannten Schemata: Routine eben!

Es beginnt mit dem Fund der Leiche. Ein junger Mann. Offenbar erschlagen. In Ermangelung einer Gerichtsmedizin wird er beim Bestatter Wolfgang Habedank gelagert. Diesmal müssen die Ermittlungen aber streng nach Lehrbuch verlaufen. So verlangt es Brockhorst, denn Brockhorst ist auf eine Versetzung nach Wilhelmshaven scharf und umgarnt dafür die Polizeipräsidentin. Keine Alleingänge, gibt er seinen Untergebenen Özlügül und Henk Cassens mit auf den Weg. Woran diese sich auch weitestgehend halten. Zum Ärger der Apothekerin Insa Scherzinger, die einmal mehr ihre Fähigkeiten als Hobby-Forensikerin unter Beweis stellen will. Das geht aber nur, wenn sie einen etwas ausführlicheren Blick auf die Leiche werfen darf. Wie gut, dass gerade ein älterer Herr in Wolfgang Habedanks Gefrierschrank liegt und auf seine Bestattung wartet. Der bekannte Bootsbauer war ein schwieriger Mensch, dessen Tochter und Ehefrau nicht unbedingt viele Tränen um den Dahingeschiedenen vergießen. Das interessiert Insa zu diesem Zeitpunkt jedoch nicht. Der Tote bietet ihr vielmehr eine Chance: Sie tauscht die Schilder am Sarg des älteren Herrn und dem des unbekannten Toten aus, sodass die Gerichtsmedizin die falsche Leiche obduziert und Insa Zeit mit dem Unbekannten verbringen kann.

Ihr kleiner Trick bleibt natürlich nicht lange unentdeckt und Brockhorst ist, milde gesagt, außer sich. Nicht wegen des Tricks als solchem, sondern vielmehr, weil er nicht weiß, wie er diese Panne der Polizeipräsidentin erklären soll. Die „Verwechslung“ ist allerdings nicht das einzige Problem in dieser Angelegenheit! Die Obduktion nämlich hat ein überraschendes Ergebnis an den Tag gebracht: Der ältere Herr ist ermordet worden. Jemand hat ihm eine Spritze gesetzt, die ihm nicht hätte gesetzt werden dürfen. Ohne die „Verwechslung“ wäre der Mörder mit seiner Tat auf jeden Fall davongekommen.

Die Geschichte der zwei Morde, von denen einer nur durch einen Zufall überhaupt entdeckt wird, ist zwar recht originell in ihren Grundzügen, die recht übersichtliche Anzahl an handelnden Personen jenseits des Polizeireviers aber, lässt so recht keine Spannung aufkommen. Da gibt es eine Witwe (mit einem jüngeren Freund), da ist die Tochter, die mit dem Herrn Papa nicht wirklich harmonierte; ein schmieriger Müllentsorger scheint derweil mit dem Toten vom Strand in Verbindung zu stehen und – das war es auch schon. Vier Figuren, von denen jedoch keine eine wirkliche Präsenz entwickeln kann, da sich die Geschichte viel zu sehr in Brockhorsts Karriereträumen verfängt, ohne, dass dies die Story wirklich voranbringen würde. Im Gegenteil: Brockhorsts Ambitionen bremsen die Handlung aus.

Zwischendurch hat Yunus mal wieder eine Geschäftsidee – was eine Art Running Gag der Serie darstellt, denn all diese Ideen verlaufen für gewöhnlich im Sande -, die Kamera fängt einige schöne Bilder von Leer ein, Süher und Henk geben einmal mehr die einzigen vernunftbegabten Erwachsenen in dem Spiel, das Ermittlungsarbeit heißt – und dann ist der Fall auch schon gelöst. Die Auflösung ist zwar durchaus originell, muss aber zum Ende der Spielzeit hin aus dem Hut gezaubert werden, weil sich die Handlung viel zu oft in Nebensächlichkeiten verfängt.

Am Samstag, 22. Oktober 2022, 20.15 Uhr, ZDF

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