Podstars

«OBSESSED – Döner Papers»

von

Eine investigative Spurensuche rund um ein ikonisches Popkultur-Symbol. Aylin Doğan konnte das Rätsel in dem Mehrteiler lösen.

Was haben ein schnauzbärtiger Mann mit Kochmütze, ein gigantischer Dönerspieß und zwei magische Worte – „Döner Kebap“ – gemeinsam? Sie alle zieren das bekannteste Logo der deutschen Imbisskultur. Fast jeder Döner-Fan kennt es, viele tragen es auf T-Shirts oder Caps, und sogar auf Demonstrationen gegen Rechts ist es zu sehen. Doch eine Frage blieb jahrzehntelang unbeantwortet: Wer hat das Döner-Logo eigentlich gezeichnet? Der sechsteilige ARD-Podcast «OBSESSED – Döner Papers», moderiert von Journalistin Aylin Doğan, begibt sich auf eine leidenschaftliche, teils skurrile Reise zur Aufklärung dieser Kultfrage – und liefert am Ende eine verblüffend unspektakuläre, aber hoch spannende Antwort.

Die Ausgangslage ist simpel und gleichzeitig komplex: Ein simples, rotes Piktogramm auf weißem Grund hat längst Kultstatus erreicht, doch niemand wusste, wer es entworfen hat. Schon 2020 stieß „FAZ“-Journalist Jonas Jansen mit einem Artikel das Thema an, konnte es aber nicht zu Ende recherchieren. An diesem Punkt übernimmt Aylin Doğan das Staffelholz – und wird „obsessed“. In bester True-Crime-Manier rekonstruiert sie die Geschichte des Logos, folgt Hinweisen, die zunächst ins Leere laufen, stößt auf Widersprüche, widersprüchliche Aussagen – und schließlich auf einen möglichen Urheber: Mehmet Unay, ein pensionierter Grafikdesigner aus Düsseldorf.

Unay hatte das Motiv einst Ende der 1980er-Jahre für ein türkisches Reisebüro gestaltet – als Nebenjob, kaum dokumentiert, mit einer vorhandenen Vorlage aus einem Letraset-Katalog. Der ursprüngliche Spitzenkoch mit Rollbraten wurde kurzerhand in einen Dönermann verwandelt. Die Arbeit dauerte kaum eine Stunde. Und doch sollte dieses beiläufig entstandene Design Jahrzehnte später ganz Deutschland zieren.

Der Podcast punktet mit viel journalistischer Akribie, Humor und einer kulturell und politisch klugen Perspektive. Denn Doğan geht über das bloße „Whodunit“ hinaus: In Folge vier („Follow The Fladenbrot“) beleuchtet sie die Migrationsgeschichte und den Beitrag türkischer Gastarbeiter zur deutschen Esskultur. In Folge drei („World Wide Döner“) trifft sie auf einen Immobilienhändler, der sich die Markenrechte am Logo gesichert hat – und zeigt damit auf, wie kulturelles Erbe ökonomisch vereinnahmt wird.

Die Stärke von «Döner Papers» liegt auch im authentischen, persönlichen Stil von Aylin Doğan. Ihre investigative Neugier wird nie sensationsheischend, sondern bleibt respektvoll, unterhaltsam und selbstreflektiert. Die Story wird liebevoll in Szene gesetzt, mit Sounddesign, O-Tönen und Dialogen, die sich wie ein Doku-Krimi zum Hören anfühlen. Am Ende steht ein Erkenntnismoment, der fast zu schlicht wirkt – aber genau deshalb berührt. Unay will sich nicht in den Mittelpunkt stellen, überlässt das Symbol der Community. Das Logo gehört, so lässt der Podcast erkennen, nicht einer Person, sondern einer Kulturleistung, die längst zum deutschen Alltag gehört.


Kurz-URL: qmde.de/161455
Finde ich...
super
schade
Teile ich auf...
Kontakt
vorheriger ArtikelPatricia Aulitzky: ‚Lisa zeigt ihre Emotionen nicht offen‘nächster ArtikelVOX frönt Freizeit an Pfingstmontag
Schreibe den ersten Kommentar zum Artikel

Optionen

Drucken Merken Leserbrief




E-Mail:

Quotenletter   Mo-Fr, 10 Uhr

Abendausgabe   Mo-Fr, 16 Uhr

Datenschutz-Info

Letzte Meldungen


Mehr aus diesem Ressort


Jobs » Vollzeit, Teilzeit, Praktika


Surftipp


Surftipps


Werbung