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«Great Big Beautiful Life»

von

Zwei Autoren, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten, kreuzen regelmäßig ihre Wege in einem kleinen Café. Wird aus Zufall mehr?

Mit „Great Big Beautiful Life“ veröffentlicht Emily Henry einen weiteren Liebesroman, der sowohl eingefleischte Fans als auch neue Leserinnen und Leser in seinen Bann ziehen dürfte. Die US-amerikanische Bestsellerautorin – bekannt für ihre humorvollen und tiefgründigen Geschichten – verknüpft auch in ihrem neuen Roman große Gefühle mit vielschichtigen Figuren, schlagfertigen Dialogen und einem Hauch von literarischer Selbstreflexion.

Im Mittelpunkt der Handlung stehen zwei gegensätzliche Schriftsteller: Alice Scott, eine hoffnungsvolle Nachwuchsautorin mit einem unerschütterlichen Optimismus, und Hayden Anderson, ein gefeierter Pulitzer-Preisträger, dessen zynische Haltung ihn wie eine ständige Gewitterwolke umgibt. Beide reisen unabhängig voneinander auf die fiktive Insel Little Crescent Island, einem abgeschiedenen, pittoresken Ort, der nicht nur Ruhe, sondern auch Inspiration verspricht. Ihr Ziel: die exzentrische und zurückgezogen lebende Margaret Ives, Tochter einer berüchtigten amerikanischen Familie, deren Biografie ein literarisches Großprojekt verspricht.

Margaret Ives, die als letzte Zeugin einer skandalträchtigen Ära gilt, trifft eine ungewöhnliche Entscheidung: Sie lädt sowohl Alice als auch Hayden zu einem einmonatigen Probewohnen auf ihr Anwesen ein. Am Ende des Monats soll entschieden werden, wer ihre Geschichte aufschreiben darf. Damit beginnt ein Wettstreit um Informationen, Vertrauen – und zunehmend auch um persönliche Nähe. Doch Margaret spielt ein eigenes Spiel: Sie gibt jedem der Autoren nur fragmentarische Einblicke in ihr Leben, manipuliert Erwartungen und setzt auf emotionale Distanz. Eine Verschwiegenheitserklärung untersagt den beiden zudem, sich über die erhaltenen Informationen auszutauschen. Die Biografie wird so nicht nur zur Rechercheaufgabe, sondern auch zur psychologischen Gratwanderung.

Was als professioneller Wettbewerb beginnt, entwickelt sich bald zu einer emotionalen Herausforderung. Zwischen Alice und Hayden entsteht eine intensive, wenn auch gänzlich unpassende Anziehungskraft. Beide kämpfen mit ihren eigenen Zweifeln, kreativen Blockaden und einer Vergangenheit, die sie unterschiedlich geprägt hat. Emily Henry gelingt es, diese Spannung subtil, aber eindringlich aufzubauen – nicht über plakative Liebesszenen, sondern über die allmähliche Annäherung zweier Menschen, die mehr gemeinsam haben, als sie zugeben wollen.

Henry beweist in „Great Big Beautiful Life“ erneut ihr Talent für Charakterzeichnungen. Alice ist nicht bloß die sympathische Träumerin, sie zeigt auch Ambivalenzen, Unsicherheiten und eine tiefe Leidenschaft für Geschichten. Hayden ist kein bloßer Zyniker, sondern ein Mensch mit komplexer Vergangenheit, der sich schwer damit tut, Vertrauen zu fassen. Die Dynamik zwischen den beiden ist das emotionale Herzstück des Romans – voller Reibung, aber auch voller Wärme und Entwicklungspotenzial.

Neben der Liebesgeschichte verhandelt der Roman auch die Bedeutung von Geschichten an sich: Wem gehört eine Geschichte? Wer darf sie erzählen? Und was ist Wahrheit, wenn Erinnerungen selektiv und subjektiv sind? Margaret Ives fungiert dabei nicht nur als Figur mit einer spannenden Biografie, sondern auch als Katalysator für die Auseinandersetzung mit Autorschaft, Wahrheit und Verantwortung.

Sprachlich bleibt Emily Henry ihrem bekannten Stil treu: lebendig, pointiert und zugänglich. Sie mischt romantische Komödie mit Tiefgang, schafft Stimmungsbilder und lässt die Schauplätze fast filmisch lebendig werden. Die Insel Little Crescent Island ist dabei nicht nur Kulisse, sondern auch Spiegelbild der inneren Konflikte der Figuren – ein Rückzugsort, an dem Wahrheiten ans Licht kommen.

„Great Big Beautiful Life“ ist ein Roman über das Schreiben, das Erinnern und das Lieben. Wer Emily Henrys frühere Werke wie „Happy Place“ oder „Book Lovers“ geschätzt hat, wird auch hier wieder fündig. Der Roman verbindet Leichtigkeit mit Substanz – eine warmherzige, kluge und romantisch aufgeladene Geschichte, die zeigt: Auch wenn der Weg zur Wahrheit steinig ist, lohnt es sich, ihn gemeinsam zu gehen.

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