Serientäter

«Boom Boom Bruno» Kritik: Ein ungleiches Duo ermittelt

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Ein alter Möchtegern-Macho und ein junger, homosexueller Transvestit bilden in «Boom Boom Bruno» ein grundverschiedenes Ermittler-Duo.

Boom Boom Bruno (Ben Becker) ist der härteste und coolste Cop in seinem Berliner Vorstadtbezirk. Zumindest glaubt er das. Mit Cowboyhut und Bierplautze mischt er cracksüchtige Huren und gewalttätige Ehemänner auf. Mit einer ordentlichen Portion Frauen- und Schwulenfeindlichkeit lebt er in seiner eigenen, kleinen Welt. Der neue Partner Mark (Vincent zur Linden) ist schwul, zieht gerne Frauenkleider an und ist so schüchtern, dass er kaum ein Wort herausbekommt. Schnell wird deutlich, dass keiner dieser beiden Protagonisten sonderlich geeignet für die Polizeiarbeit zu sein scheint und doch, so will uns zumindest die Geschichte glaubhaft machen, scheinen die beiden ungleichen Polizisten im Verlauf der Serie zueinander zu finden und ein Team zu bilden, das einander besser macht.

«Boom Boom Bruno» größtes Problem hierbei ist jenes der Glaubwürdigkeit. Die Protagonisten wirken schlicht zu konstruiert, wie maximal übertriebene Hirngespinste, wodurch die Immersion übermäßig ins Hintertreffen gerät. Dass der eigentliche Kriminalfall, um einen ermordeten Transvestiten, zudem nur Durchschnittskost darstellt, macht es nach anfänglichem Schmunzeln über die karikativen Darstellungen der Hauptfiguren, durchaus schwer, für Spannung zu sorgen.

Letztlich ist die Serie mehr eine Underdog-Geschichte, zweier, auf ihre ganz eigene Weise, sozialer Außenseiter, als klassischer Krimi. Die Serie macht keinen Hehl daraus, Bruno in aller Deutlichkeit als Versager darzustellen, dessen übertriebene Macho-Paraodie ihn nicht nur gesellschaftlich isoliert, sondern soweit geht, ihn nach einer ignorierten Prostatakrebs Diagnose an den Rand des Grabes zu bringen („Ich hab keinen Pimmelkrebs“). Bei seinem nicht minder sozial isolierten Kollegen kommt zudem die Frage auf, wie jemand, der so schüchtern ist und vor allem Angst hat, jemals die Polizeischule gemeistert haben soll.

Während es beim Drehbuch an starken Plausibilitätsproblemen und viel zu übertriebenen Karikaturen hakt, sind die schauspielerischen Leistungen von Ben Becker und Vincent zur Linden hervorzuheben, die ihre Rollen hervorragend spielen. Beide holen hier das bestmögliche aus ihren Figuren heraus. Interessant ist auch die Kameraarbeit und das set building, denn diese zeigen eine Welt, die so kongruent unglaubwürdig ist, wie die Figuren, die sie bevölkern. Vor den Toren Berlins wirkt es beim Frühstück im Diner und in abgeranzten Stripclubs, gepaart mit einem ordentlichen Retro-Farbfilter auf der Kameralinse, teilweise, wie in einer amerikanischen Südstaaten Kleinstadt der 80er Jahre.

Die Idee hinter «Boom Boom Bruno», diese zwei überzeichneten Welten miteinander kollidieren zu lassen und als Rahmenhandlung noch eine allseits beliebte Kriminalgeschichte hiermit zu kombinieren, mag auf dem Blatt Papier sicherlich wie eine frische Idee mit einer Menge Potential gewirkt haben. Doch abseits der gelungenen schauspielerischen Darbietungen, ist diese Karikatur in die Kategorie „zu viel des Guten“ einzuordnen, die artifiziellen Figuren und ihre Umgebung lassen kein Eintauchen in diese Geschichte zu.

«Boom Boom Bruno» läuft ab dem 7. Dezember 2023 um 20:15 Uhr in Doppelfolgen bei Warner TV Serie, ist im Streaming Abo bei Sky und Wow verfügbar und kann bei Amazon geliehen oder gekauft werden.

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