Interview

Florian Gallenberger: ‚Der Filmpreis ist bei Claudia Loewe in den allerbesten Händen‘

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Am Freitagabend werden die Lolas die Berlin vergeben. Präsidiums-Co-Chef Gallenberger verrät, warum die Deutsche Filmakademie den Verleihung selbst produziert.

Erstmals seit gut 20 Jahren wird «Der deutsche Filmpreis» wieder live vergeben. Wie haben Sie sich mit dem ZDF einigen können, die Übertragung nicht mehr nach 22.00 Uhr zu verstecken?
Der Filmpreis wird dieses Jahr live in der ZDFmediathek gestreamt, aber auch in einer etwas gekürzten Form am späteren Abend im Hauptprogramm gezeigt. Für uns ist das wirklich eine ideale Kombination, denn so können die Fans, die live dabei sein wollen, die Show von Anfang an verfolgen und für ein breites Publikum gibt es dann die reguläre Version im Spätprogramm des linearen Fernsehens. Toll, dass wir das so mit dem ZDF organisieren konnten.

Zuletzt waren die Reichweiten für den Deutschen Filmpreis meist sehr niedrig. Wieso gibt es so wenige deutsche Filmfans?
Ich glaube, dass es für die echten Fans schade war, dass sie nur eine Zeit verzögerte Zusammenfassung zu sehr später Stunde sehen konnten. Da musste man natürlich aus dem Internet längst, wer gewonnen hat, was dann die Spannung natürlich rausnimmt. Ich glaube, dass wir dieses Jahr wirklich ein deutlich besseres Angebot für Zuschauer:innen haben.

Mit «Im Westen nichts Neues» haben Sie dieses Jahr mehrfach einen Film nominiert, der bereits vier Oscars in der Tasche hat. Wird der Netflix-Film auch hier zahlreiche Preise gewinnen?
Das kann ich Ihnen nicht sagen, weil ich es schlichtweg nicht weiß. Obwohl die Stimmen ja schon abgegeben und ausgezählt sind, kennt das Ergebnis im Moment nur der Notar. Sicherlich wäre es keine Überraschung, wenn «im Westen nichts Neues» auch bei der Vergabe der Lolas eine Rolle spielen wird, aber das ist ja gerade der Reiz des Abends, dass man sich überraschen lassen muss und es nicht vorhersehen kann

Die Deutsche Filmakademie feiert in diesem Jahr das 20. Jubiläum. War der Schritt richtig, die Wahl der Preise in die Mitglieder-Hände zu geben?
Für mich gibt es da keinen Zweifel, dass der Schritt richtig war. Die Akademie steht für mich sowohl für den Zusammenhalt als auch für die Mündigkeit der Branche. Es gibt gleichartige Filmakademien in allen größeren Film Ländern, die dort ebenso die jeweiligen Film Preise vergeben. Dass es immer Diskussionen über die prämierten Filme geben wird, ist ganz normal und war vor der Gründung der Akademie, als der deutsche Filmpreis noch von einer Jury vergeben wurde, kein bisschen anders.

Sie und Alexandra Maria Lara sind die Präsidenten der Akademie. Welche Aufgaben haben Sie und wie viel Zeit umfasst dies pro Woche?
Ich vergleiche es der Einfachheit halber mal mit der Politik. Alexandra Maria Lara und ich sind sozusagen Frank-Walter Steinmeier. Der Vorstand der Akademie ist das Kabinett und Benjamin Hermann, der Vorstandsvorsitzende, ist der Kanzler. Unsere Aufgabe ist also nicht das Tagesgeschäft, sondern vor allem die Akademie nach außen zu repräsentieren. Der Arbeitsaufwand ist immer sehr unterschiedlich und natürlich jetzt, kurz vor dem deutschen Filmpreis höher als in anderen Phasen. Aber ich bin wahnsinnig froh, dass ich das zusammen mit Alexandra machen darf, so können wir uns auch abwechseln und gegenseitig Aufgaben abnehmen, sollte einer gerade zum Beispiel wegen Dreharbeiten unabkömmlich sein.

Zeitweise wurde der Publikumspreis vergeben, seit Jahren wird der besucherstärkste Film prämiert. Könnte man nicht einfach den besten Mainstream-Film küren?
Ich denke, alle Varianten, die sie ansprechen, zielen eigentlich auf das gleiche ab, man muss also überlegen, wie man es am besten fassen kann, damit es funktioniert. Beim Vorschlag mit dem besten Mainstream-Film, frage ich mich, wie man das definieren möchte. Wer legt fest, was ein Mainstream-Film ist und was nicht? Es geht ja immer darum, eindeutige Regularien formulieren zu können. Aber wir diskutieren im Moment auch wieder, ob wir einen praktikablen Weg finden, um einen Publikumspreis einzuführen. Uns ist es einfach wichtig, dass es auch eine Auszeichnung für die populären, besucherstarken Filme gibt.

Der Deutsche Filmpreis macht immer wieder von sich reden, dass die Auszeichnung mit einem Preisgeld versehen ist. Wer bekommt denn dieses Geld und ist es wirklich wichtig, diese Geldsumme immer wieder zu erwähnen?
Bei den Preisen für die Einzelleistungen erhält die Dotierung natürlich der ausgezeichnete. Bei den Preisen für den besten Film beziehungsweise Dokumentarfilm oder Kinderfilm, geht das Preisgeld an den Produzenten. Der Filmpreis ist der von der BKM höchstdotierte deutsche Kulturpreis, was für die Branche großartig ist und natürlich an vielen Stellen Erwähnung findet.

Ein weiterer Kritikpunkt beim Deutschen Filmpreis ist die zeitweise Nominierung von Filmen, die noch gar nicht im Kino angelaufen sind. Können Sie verstehen, dass das bei den Zuschauern merkwürdig rüberkommt?
Ja, das kann ich nachvollziehen, ist aber unvermeidlich, dass es Filme gibt, die so knapp vor der Verleihung des Filmpreises im Kino starten, dass sie dem Publikum noch relativ neu sind. Die Mitglieder haben diese Filme natürlich gesehen und können deshalb auch darüber abstimmen. Es hat sich in der Vergangenheit gezeigt, dass Filme, die Lolas gewinnen und knapp danach im Kino starten, aus dieser Auszeichnung und der dadurch gewonnenen Aufmerksamkeit bei den Besuchern profitieren konnten. Und darum geht es uns ja auch: den deutschen Film zu bewerben.

Sie ziehen von der Messe Berlin zum Theater am Potsdamer Platz um. Welche Vorteile sehen Sie am neuen Veranstaltungsort?
Das Theater am Potsdamer Platz ist uns Film Leuten natürlich sehr vertraut durch die Berlinale. An diesem Wochenende wird es jetzt der Filmpreispalast. Der Raum hat eine festliche Atmosphäre, die natürlich den Gedanken des Kinos stärker mit aufgreift, als dass in der Messe der Fall war. Ich glaube auch, dass die Stimmung im Saal konzentrierter sein wird und von daher vielleicht auch emotionaler. Aber es ist jetzt das erste Mal am Potsdamer Platz und wir hoffen natürlich, dass das Konzept heute Abend aufgeht.

Die Deutsche Filmakademie produziert den Filmpreis selbst. Scheuen Sie die Zusammenarbeit mit etablierten Produktionsfirmen oder sagen Sie, dass Sie als Kinomacher selbst genügend Erfahrungen haben, dass die Filmakademie keine Unterstützung braucht?
Der Filmpreis ist bei Claudia Loewe, die die Produktionsfirma der Deutschen Film Akademie leitet, in den allerbesten Händen. Claudia hat ja bevor sie die Produktion der Deutschen Film Akademie übernommen hat, große deutsche Spielfilme produziert. Von daher bringt sie jeden Sachverstand und jede Expertise mit, die man nur haben kann, und kämpft mit der größten Hingabe dafür, jetzt alles Vorstellbare für die Filmpreis Show zu ermöglichen. Eine normale Produktionsfirma könnte das niemals in dieser Art und Weise leisten und daher dürfen wir uns glücklich schätzen, Claudia und Ihr Team zu haben.

Vielen Dank für Ihre Zeit!

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