Hintergrund

Das Jüngste Quoten-Gericht: Wird das Privatfernsehen egal?

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Immer montags blickt Quotenmeter auf die Quoten-Highlights und Marktanteil-Flops der zurückliegenden Woche. Diesmal bereiten die Quoten des Privatfernsehens Sorgen. Liegt das nur an den European Championships?

Als vor vier Jahren zum ersten Mal die «European Championships» ausgetragen wurden, war die Übertragung des Sportevents im Sommer 2018 ein voller Erfolg für die ARD und das ZDF. Teils mehr als fünf Millionen Zuschauer interessierten sich damals für die Wettbewerbe am Abend, besonders erfolgreich waren die Leichtathletik-Wettkämpfe, die auch in der klassischen Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen auf grandiose Einschaltquoten von bis zu über 15 Prozent kamen. Das ist zwar nicht ganz mit einer Fußball-Großveranstaltung vergleichbar, doch sind das höchst ansehnliche Zahlen für die beiden öffentlich-rechtlichen Sender, deren Publikum doch etwas betagter daherkommt. Ein Glücksfall für ARD und ZDF, denn in diesem Jahr fand bereits die Frauen-EM in England statt, die zu grandiosen Marktanteilen führte und im Winter folgt bekanntlich noch die umstrittene Herren-WM in Katar, die trotz aller Diskussion ebenfalls für hohe Reichweiten und starke Quoten sorgen dürfte.

Auf der Stecke bleibt da vor allem das Privatfernsehen, das sich dieser Tage durchaus selbst darum bemüht in Vergessenheit zu geraten. Aufgrund der Weltmeisterschaft schicken die Sender ihre Leuchtturm-Formate etwas früher als gewohnt auf Sendung und so startete «The Voice of Germany» bereits in der vergangenen August-Woche. Während die Leichtathleten im Ersten von 4,51 Millionen Zuschauern bewundert wurden, kam die Staffelpremiere bei ProSieben nur auf 2,18 Millionen Zuschauer – zweifellos ein hoher Wert für das ProSieben der heutigen Zeit, doch die gemessenen 14,0 Prozent Marktanteil in der Zielgruppe bedeuten eben auch den schwächsten Start einer «TVOG»-Staffel aller Zeiten. Ob dies nur an der Konkurrenz aus dem Münchner Olympiapark lag? Die Antwort dürfte es spätestens in dieser Woche geben, aber Fakt ist eben auch, dass «The Voice» schon mehr als ein Jahrzehnt auf dem Buckel trägt – da hilft womöglich auch kein Peter Maffay gegen die Abnutzungserscheinungen.

Zur Vergessenheit trägt man insofern auch bei, da die hauseigene Konkurrenz im Gegenprogramm sich vornehm zurückhält. Am Donnerstag lief gegen ProSiebens «The Voice» mit «Unser Mallorca – mit Birgit Schrowange» in Sat.1 ein Format, das seit der Premiere angesichts der Einschaltquoten eigentlich auf den Fernsehfriedhof gehört. Dauerhaft weniger als eine Million Zuschauer und weniger als fünf Prozent bei den Umworbenen sind keine guten Argumente, um zur besten Sendezeit dauerhaft zu überleben. Fast noch mehr zum Kopfschütteln regt die Programmierung von ProSieben gegen «The Voice» in Sat.1 am Freitagabend an. Dort war der zweite «Der Herr der Ringe»-Teil zu sehen – ein Film-Franchise, das zwar demnächst mit einer Amazon-Serie fortgesetzt wird, der Film „Die zwei Türme“ aber allein seit 2010 auf vier verschiedenen Free-TV-Sendern nun schon zum 17. Mal ausgestrahlt wurde. Dass damit trotzdem 7,8 Prozent eingefahren wurde, ist somit durchaus beachtlich, lädt aber auch nicht zu Jubelarien ein. 0,35 Millionen 14- bis 49-Jährige sind die Folge, die aus der Dauerversendung hervorgeht.

Und was macht die RTL-Gruppe? Die setzte am Donnerstag auf einen der breiten Öffentlichkeit vollkommen egalen Wettbewerb, der UEFA Europa Conference League. Zu harte Worte? Eine Gegenfrage sei an dieser Stelle erlaubt: Welche beiden Klubs bestritten das erste Finale dieses Wettbewerbs vor drei Monaten? Sicherlich wird sich RTL etwas mehr als eine Niederlage des FC Köln gegen den ungarischen Vertreter Fehérvár FC erhofft haben, doch selbst die Spiele der Frankfurter Eintracht in der vergangenen Europapokal-Saison wurden erst in der heißen Phase der K.O.-Runde zum Straßenfeger. VOX hingegen setzte auf den 27 Jahre alten Bond-Film «GoldenEye», blieb mit 5,6 Prozent aber ähnlich blass wie RTL, das rund 9,0 Prozent mit der Fußballübertragung holte.

Das ZDF wiederum war am Donnerstag noch die größte Konkurrenz für die übermächtige Leichtathletik im Ersten. Dort lief mit «Men In Black: International» gar eine Free-TV-Premiere, die 12,8 Prozent der 14- bis 49-Jährigen nicht verpassen wollte. Mit etwas mehr als drei Millionen Zuschauern war man das zweitgefragteste Programm des Abends und auch die 0,69 Millionen 14- bis 49-Jährigen müssen sich keineswegs vor den 0,74 Millionen ProSieben Zuschauern verstecken. Sich ergänzende Programmierungen sind an sich nichts Neues und ergibt ja durchaus Sinn, doch wenn selbst der Leuchtturm nicht so funktioniert wie früher, ist es an der Zeit die Strategie zu überdenken. Bei ProSieben kam man zu dem Schluss, den Blockbuster am Sonntagabend abzuschaffen und ihn ab September mit Reality-Fernsehen zu bestücken. Ob dies die Quoten-Rettung ist, bleibt abzuwarten, es macht das Fernsehen aber jedenfalls nicht bunter. Factual, Reality oder Livesport, so lautet die Formel des Privatfernsehens in diesen Tagen.

Wie lief es beim Öffentlich-Rechtlichen?
Auch abseits der sportlichen Wettbewerbe läuft es derzeit ausgezeichnet für Das Erste. Exemplarisch dafür steht in dieser Woche die Quizshow «Gefragt – Gejagt», die am vergangenen Montag die höchste jemals bei der Sendung gemessene Einschaltquote einfuhr. Auf dem Gesamtmarkt holte man 19,0 Prozent, was nichts anderes bedeutet, dass nahezu jeder fünfte Fernsehzuschauer um 18:00 Uhr Alexander Bommes und seine Quizjäger verfolgte. Selbst beim jungen Publikum lief es mit 10,8 Prozent herausragend. Dass dieser Erfolg keine Eintagsfliege war bewies man bereits am Ende der Woche, als am Freitag erneut 10,8 Prozent zu Buche standen.

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