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Pokalfieber im DFB-Pokal: Wenn Provinzklubs große Träume leben

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Der DFB-Pokal öffnet kleinen Klubs Türen zu großen Bühnen. Tradition trifft Leidenschaft – und manchmal auch einen Bundesligisten.

Der DFB-Pokal startet in eine neue Runde, und wieder einmal stehen nicht nur Bundesliga-Teams im Rampenlicht. Auch kleine Vereine wie RSV Eintracht Stahnsdorf, der 1. FC Schweinfurt oder die SG Sonnenhof Großaspach nutzen die Bühne für große Träume. Einige davon haben sich über Jahre aus der Bedeutungslosigkeit nach oben gearbeitet – andere kehren zurück ins Licht. Ein Überblick über die spannendsten Underdog-Geschichten zum Auftakt des Pokalwettbewerbs.

Aufsteiger im Fokus: RSV Eintracht Stahnsdorf


Stahnsdorf, eine 16.000-Einwohner-Gemeinde südwestlich von Berlin, spielte jahrzehntelang keine Rolle im deutschen Fußball. Zwar umfasst der Gesamtverein stolze 3.100 Mitglieder, doch Schlagzeilen schrieb meist die Basketballabteilung, die neben Alba Berlin eine wichtige Anlaufstelle in der Hauptstadtregion darstellt. Die Fußballer hingegen kickten lange Zeit auf Kreisebene. Erst 2009 gelang der Aufstieg von der Kreisklasse in die Landesklasse. Fünf Jahre später folgte der erste Sprung in die Brandenburgliga. Mit einem Zehn-Punkte-Vorsprung schaffte man es schließlich in die Oberliga Nordost.

Im Brandenburgischen Landespokal setzte sich das Team im Finale gegen den VfB 1921 Krieschow durch – im Volksparkstadion Neuruppin, vor 2.134 Zuschauern. Am Sonntag um 15.30 Uhr wird die Bühne größer: Der Zweitligist 1. FC Kaiserslautern ist zu Gast. Aus Kapazitätsgründen zieht man ins Potsdamer Karl-Liebknecht-Stadion um, und auch Sky überträgt das Spiel live. Für den RSV Eintracht Stahnsdorf ist das ein Meilenstein.

Comeback auf großer Bühne: SG Sonnenhof Großaspach


Der DFB-Pokal wird am Freitag um 18.00 Uhr von der SG Sonnenhof Großaspach eröffnet. Der Verein aus Baden-Württemberg zählt nur etwa 800 Mitglieder, spielte aber zwischen 2014 und 2020 in der 3. Liga. In der Saison 2015/16 erreichte man sogar einen beachtlichen siebten Platz.

Hinter dem Aufstieg stand unter anderem Uli Ferber, Hotelier, Spielerberater und Ehemann von Schlagersängerin Andrea Berg. Er war Mitgründer und Sponsor des Klubs. Nun ist der Verein zurück in der Regionalliga und bekommt mit dem Pokalspiel wieder bundesweite Aufmerksamkeit. Neben Großaspach trifft auch der 1. FC Saarbrücken auf den 1. FC Magdeburg – ein brisantes Duell mit Drittliga-Flair. Der FC Gütersloh empfängt mit dem 1. FC Union Berlin sogar einen Champions-League-Teilnehmer.

Ein Möbelmogul für den Aufstieg: 1. FC Schweinfurt


Neu in der Profiliga ist der 1. FC Schweinfurt. Der unterfränkische Klub arbeitet daran, die Würzburger Kickers als regionale Fußballhochburg abzulösen. Hinter der Fußballabteilung steht Unternehmer Markus Wolf, Gründer von "Wolf Möbel", der 49,9999 Prozent der Profiabteilung hält und beachtliche Summen investiert hat. Noch vor zwei Jahrzehnten kickte Schweinfurt in der Landesliga. Erst vor zehn Jahren gelang der Aufstieg in die Bayernliga, zuletzt folgte der Sprung in die Regionalliga Bayern.

Trotz zwischenzeitlicher Abstiegsgefahr stabilisierte Trainer Marc Reitmeier die Mannschaft, bevor er zum 1. Juli ausgerechnet zu den Würzburger Kickers wechselte. Pikant: Im Pokalduell besiegte Schweinfurt die Kickers mit 2:1 und qualifizierte sich für den DFB-Pokal. Der Verein ist kein Unbekannter mehr: Bereits 2017/18 schlug man vor 4.600 Zuschauern den SV Sandhausen, unterlag danach Eintracht Frankfurt mit 0:4. 2018 und 2020 war jeweils gegen den FC Schalke 04 Schluss. Diesmal heißt der Gegner Fortuna Düsseldorf. Anstoß ist Montag, 18.00 Uhr. Die Generalprobe für Schweinfurt verlief gemischt: In der Liga unterlag man Viktoria Köln mit 0:2, gegen Energie Cottbus verlor man allerdings 0:2. Die Testspielbilanz macht aber Mut: Ein 1:0 gegen Union Berlin und ein 2:1-Sieg gegen den 1. FC Nürnberg lassen aufhorchen.

Pokal der Möglichkeiten


Der DFB-Pokal bleibt der Wettbewerb der kleinen Vereine mit großer Bühne. Dass der FC Bayern dort einst mit 12:0 gegen den Bremer SV gewann, ist die Ausnahme. Die meisten Top-Teams gehen vorsichtig ins Spiel: Kein Risiko, keine Verletzungen. Die Underdogs hingegen überbieten sich mit Motivation und Kampfeslust. Oft wollen die Lokalmatadoren nicht nur bestehen, sondern Geschichte schreiben.

Am Samstag, 16. August, stehen gleich sechs Partien an. So reist der 1. FC Heidenheim zum Bahlinger SC, die TSG Hoffenheim muss zu Hansa Rostock. RB Leipzig tritt in Sandhausen an. Der FC Eintracht Norderstedt darf im ehrwürdigen Millerntor-Stadion gegen St. Pauli ran. Hemelingen empfängt den VfL Wolfsburg im Bremer Weserstadion. Und in Bayern kommt es zum Kräftemessen zwischen dem 1. FC Nürnberg und dem FV Illertissen.

Der Pokal lebt von seinen Geschichten – nicht nur auf, sondern auch abseits des Platzes. Wenn Dorfgemeinden zu Pokal-Helden werden, Hotelbesitzer zu Mäzenen mutieren und Sportler über sich hinauswachsen, ist das die Essenz des deutschen Fußballs. Für Vereine wie Stahnsdorf, Großaspach oder Schweinfurt ist der DFB-Pokal nicht nur ein Spiel, sondern ein Stück gelebter Traum.

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