Interview

Benjamin Stöwe: ‚Für die gute Einordnung des Wettergeschehens paradiesisch‘

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Der «Star Trek»-Fan moderiert das Wetter im «Morgenmagazin», ist allerdings auch als Synchronstimme im Fernsehen zu hören. Außerdem verrät Stöwe seine Meinung zum Trekkie-Franchise.

Hallo Herr Stöwe. Herzlichen Dank für Ihre Zeit! Sie präsentierten seit rund sieben Jahren im «ZDF-Morgenmagazin» das Wetter. Wie sind Sie an die Rolle gelangt?
Ich bin 2007 für einen Kollegen eingesprungen. Damals war ich Reporter beim rbb, der tägliche Wetterbericht in den Abendnachrichten war Teil einer Reportage. Da habe ich mich mit dem Wetter angefreundet und sechs Jahre lang Berichte aus Brandenburg mit integrierten Wetteraussichten produziert. Als ich dann gefragt wurde, ob ich mir die Moderation des Wetterberichts im «ZDF-Morgenmagazin» zutrauen würde, habe ich ja gesagt. Zwar ist der Ansatz beim «moma»-Wetter anders, deutlich meteorologischer, aber im Hintergrund sind wir dafür das perfekte Tandem: eine Meteorologin oder ein Meteorologe aus der ZDF-Wetterredaktion und ich. Jeden Morgen sprechen wir intensiv über die Wetterlage und planen im 30-Minuten-Takt den aktuellen Wetterbericht, eng verbunden mit den Zuschauerinnen und Zuschauern, die uns mit Wettereindrücken aus der ganzen Welt versorgen.

Das Wetter kann ja sehr schnell umschlagen und die Voraussagen können sich ebenso komplett verändern. Können Sie unseren Lesern ein paar Faustregeln mit auf den Weg geben, wie Sie die Wetterkarten studieren sollen/können?
Ich bin ein großer Fan des Satellitenfilms, daraus lässt sich Vieles ablesen. Zum Beispiel, von wo die Luft kommt. Hochs drehen sich im Uhrzeigersinn, Tiefs andersherum. Kommt die Luft genau von Osten, ist sie trocken, im Winter kalt, im Sommer heiß. Kommt sie von Westen/Südwesten, ist sie feucht und dann wird es wechselhaft, im Sommer schwül. Kommt sie von Norden, kann man sich die Wassertemperaturen von Nord- und Ostsee anschauen. Dann bekommt man eine Idee, ob es kalt wird oder nur kühl. Auch gut: Nicht nur die Wetterkarten studieren, sondern auch den Himmel beobachten.

Ein praktischer Tipp von einem Ihrer Kollegen war ja, dass Schnee in Deutschland nur liegen bleibt, wenn das Tiefdruckgebiet aus Russland kommt. Gibt es weitere solcher Weisheiten?
Schnee bleibt immer dann liegen, wenn der Boden kälter als null Grad ist. Ein Tief über Russland ist da hilfreich, aber keine zwingende Voraussetzung.

Gibt es eigentlich eine Institution in Deutschland, die die Richtigkeit der Wettervorhersagen überprüft?
Die Kolleginnen und Kollegen aus der ZDF-Wetterredaktion sind Diplom-Meteorologen, mit denen ich die Wettervorhersagen abstimme. Und auch unsere Zuschauerinnen und Zuschauer sind sehr aufmerksam. Im Verlauf der Sendung entsteht da oft ein richtiger Dialog, per Mail oder über die sozialen Netzwerke. Und natürlich schaue ich auch andere Wetterberichte, allein schon um sicherzugehen, dass wir nicht irgendetwas Relevantes übersehen haben. Wetter ist sehr komplex und keiner hat immer alles auf dem Plan.

Für das ZDF müssen Sie recht früh aus den Federn. Wie sieht denn ein normaler Arbeitstag mit dem «ZDF-Morgenmagazin» aus?
Um 2:30 Uhr stehe ich auf und dann geht es Richtung Studio, unterwegs telefoniere ich oft schon mit der Wetterredaktion und wir tauschen uns über die Wetterlage aus. Dann werden noch Grafiken und Fotos vorbereitet, ich ziehe mich für die Sendung um, ab in die Maske, anschließend der erste Kaffee des Morgens, parallel fortlaufend Rücksprache mit der Wetterredaktion und um halb sechs geht es dann los. Auch schon begleitet von Nachrichten unserer Zuschauerinnen und Zuschauer, wir sind eben alle früh wach. Von denen, die morgens Muße haben, sind dann sogar Wetterfotos direkt aus der Nacht in meinem Postfach: Aufnahmen der Milchstraße, der Sonnenaufgang in Australien oder spektakuläre Gewitterfotos.

Sie präsentieren jede halbe Stunde verschiedene Wetterkarten. Welchen Fokus legen Sie denn wann?
Sieben Mal «moma»-Wetter in dreieinhalb Stunden sind für die gute Einordnung des Wettergeschehens paradiesisch. Der Fokus liegt immer auf dem, was aktuell ist und wie sich das Wetter über den Tag voraussichtlich entwickelt. Darüber hinaus blicken wir aber auch beispielhaft auf verschiedene Städte, haben Wettertrends und das Weltwetter sowie die Wetterfotos im Programm. Inspiriert von den Zuschauerinnen und Zuschauern gab es in den vergangenen Jahren «moma»-Wettertouren unter anderem zum nördlichen Polarkreis, von der Küste auf die Zugspitze, die Elbe entlang, über die Alpen und vor der Pandemie zuletzt nach Island zwischen Sommer- und Wintersonnenwende. Am Pfingstmontag lief jetzt erstmals eine Wettertour im ZDF-Abendprogramm. Ab 19:30 Uhr gingen wir der Frage nach, woher unser Sommer kommt. Erster Anlaufpunkt dafür sind die Azoren. Wer kennt nicht das Azorenhoch aus dem Wetterbericht? Wir haben vor Ort gedreht und uns seinen Ursprung angeschaut. Außerdem treffen wir Menschen, die in direkter Abhängigkeit vom Wetter leben. Das wird eine schöne Tour, weitere Stationen sind Island und Schweden.

Haben Sie eigentlich auch Ihren Beruf zum Hobby gemacht? Interessieren Sie sich für spezielle Wetterphänomene?
Natürlich verfolge ich das Wetter inzwischen bewusster und intensiver. Über ein gutes Satellitenbild kann ich mich richtig freuen.

Wer beim «ZDF Morgenmagazin» noch schläft, kann sie dennoch kennen. Sie haben bereits mehrere hundert Sprechrollen verkörpert. Unter anderem zuletzt Andrew Burnap und Steven Boyer in der Apple-Serie «WeCrashed». Wie sind Sie zu diesem Job gekommen und wollen Sie diesen auch weiterhin ausführen?
Genauso wie die Begeisterung für Journalismus, begleitet mich die Freude am Schauspiel seit meiner Kindheit. Nun lässt sich das eine mit dem anderen nur schwer verbinden. Reale Nachrichten und fiktives Drama passen nicht zusammen. Doch ich habe für mich das Synchrongewerbe entdeckt und bin da hineingewachsen, wobei Synchronisation nur ein Bereich des Berufs als Sprecher ist. Großen Spaß hatte ich bei meinem letzten Hörbuch «Der ewige Ort», aber auch als Off-Sprecher bei Maybrit Illner. Sprache und das Sprechen sind eine faszinierende Welt, die Arbeit am Mikrofron ergänzt sich für mich perfekt mit meiner Arbeit vor der Kamera.

Meiden Sie eigentlich Filme und Serien, in denen Sie selbst zu hören waren?
Nein, mich interessiert ja, wie es geworden ist. Wir nehmen oft getrennt auf, schon deshalb ist es spannend, die fertige Mischung zu hören und natürlich den kompletten Film oder die komplette Serie zu sehen.

In Ihrem Heimatort Eberswalde sind Sie Kurator des «Star Trek»-Museums. Seit wann sind Sie ein Trekkie?
Schon immer. Die unendlichen Weiten, Raumschiffe und fremde Welten. Und wer würde nicht gerne wissen, was die Zukunft bringt.

Paramount lässt derzeit zahlreiche neue «Star Trek»-Serien und die Fortsetzung der Filmreihe erarbeiten, worauf freuen Sie sich derzeit?
Auf alle Abenteuer, die da kommen, und die dieses große fiktive Universum noch reichhaltiger und vielfältiger machen. Vor allem aber auf die fünfte Staffel von «Star Trek Discovery». Ab dem Sommer wird gedreht und dann bald auch wieder synchronisiert: Für die deutsche Fassung darf ich Wilson Cruz als Bordarzt Hugh Culber meine Stimme leihen. Vor drei Jahren haben wir uns sogar persönlich kennengelernt. Dieser Moment, aber überhaupt als Synchronsprecher ein bisschen an Star Trek beteiligt zu sein, ist für mich ein wahrgewordener Traum.

Inzwischen hat Paramount auch mit «Lower Decks» auch eine Animationsserie im Programm. Funktioniert Ihrer Meinung nach «Star Trek» und Comedy?
Na klar! Was wäre der Alltag ohne ein bisschen Humor. Das gilt für die Gegenwart wie für die Zukunft. Und Lower Decks schafft den großartigen Spagat, es ernst mit Star Trek zu meinen und dennoch komisch zu sein.

Sind Sie auch Fan von anderen Science-Fiction-Formaten wie «Star Wars» oder «Doctor Who»?
Ich verfolge sie lose, bin kein Fan, aber interessiert. Ich freue mich sehr auf Ncuti Gatwa als der neue Doctor Who.

Vielen Dank für das Gespräch!

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