Debatte

Aus der Schlinge hilft Merz niemand

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Es konnte nur schiefgehen: Das ZDF landete mit dem Sommerinterview des CDU-Vorsitzenden einen Coup, die Medien eröffnen einen neuen Nebenschauplatz, doch schlussendlich wird die Diskussion verpuffen.

„Kommunalpolitik ist etwas anderes als Landespolitik und Bundespolitik. Es geht hier um gesetzgebende Körperschaften, es geht hier um Regierungsbildungen. Auslöser war natürlich der Auslöser vor einiger Zeit in Thüringen, wo ein Ministerpräsident gewählt worden ist, mit den Stimmen der FDP, der CDU und AFD“, versuchte sich Friedrich Merz am vergangenen Sonntag im ZDF-Sommerinterview gegen Theo Koll zu wehren. Doch bereits im Vorfeld wurde der CDU-Vorsitzende in die Falle gelockt. Mit Aussagen wie Martin Schweinsburg (CDU und Landrätin in Thüringen), Michael Brychcy (CDU, Bürgermeister von Walterhausen, ebenfalls Thüringen) und Werner Henning (CDU, Landrat in Eichsfeld, Thüringen), die die einzelnen politischen Mitbewerber der Alternative für Deutschland (AfD) gar nicht so schlecht finden. Man habe schließlich mit gewählten Politikern zusammen zu arbeiten, so Henning. „Brandmauer geht auf unserer Seite gar nicht“, wurde der Landrat in einem Einspielfilm zitiert.

Für Theo Koll ist das natürlich ein gefundenes Fressen: Der Interviewer vom Zweiten Deutschen Fernsehen hält ein Zitat vor, dass Merz mal erwähnte. Er sagte, man müsse alle Mitglieder ausschließen, wenn diese mit der AfD zusammenarbeiten wollen. Das ist natürlich eine gewagte Aussage gewesen, denn schon die SPD zeigte eindrucksvoll, dass man unbequeme Mitglieder wie Thilo Sarrazin nicht so einfach aus der Partei werfen konnte. Die CDU tut sich ihrerseits mit Hans-Georg Maaßen schwer.

Merz musste also entweder auf Distanz gehen – oder seinen Kurs verlassen. Er hat sich auf ein gemeinschaftliches Miteinander verständigt, schließlich werden am 8. Oktober 2023 die Landtage in Bayern und Hessen neu gewählt. „Natürlich war es eine demokratische Wahl, das haben wir doch zu akzeptieren“, verteidigt sich Merz. Schließlich fasst er zusammen: Man müsse nach einer Wahl auch nach Wegen suchen, wie man „gemeinsam die Stadt, das Land, den Kreis gestaltet“. Der interviewte Friedrich Merz möchte keine Zusammenarbeit in Sachen Gesetze, macht aber einen entscheidenden Fehler. Schließlich ist es seiner Partei nicht gelungen, die zum Teil rechtsradikale Partei mit eindeutig rechten Mitgliedern nicht zu bekämpfen. Am Montag steuerte Merz nach und schloss eine Zusammenarbeit auch auf kommunaler Ebene aus, das von einigen Mitgliedern seiner Partei schnell einkassiert wurde.



Die Lage in einigen Teilen des Ostens ist besorgniserregend: An einer Schule im Spree-Neiße-Kreis (Brandenburg) gehören rassistische Beleidigungen und rassistische Postings in sozialen Medien zum Alltag. Zwei Lehrer haben sich mit Hilfe eines offenen Briefes an die Öffentlichkeit gewendet. Am vergangenen Wochenende wurde an einer Schule in Naumburg an der Saale (Sachsen-Anhalt) eine Treppe in Regenbogenfarben in Schwarz-Weiß-Rot übermalt. Dieses Zeichen ist klar als Reichsflagge zu erkennen.

In Deutschland herrscht eine zunehmende Ablehnung der Multikulti-Gesellschaft. Diese herrscht meist dort, wo Zugezogene kaum vorhanden sind. In der politischen Auseinandersetzung passiert schon wieder das, was überhaupt nicht zur Problemlösung passt. Die Gesellschaft, die Presse und auch die Politiker verheddern sich in der deutschen Sprache. Es sollte doch allen Personen klar sein, dass CDU-Vorsitzender Friedrich Merz keine AfD stärken möchte. Die Union versucht schon – ähnlich wie die Europäische Union – den konservativen Flügel zu besetzen. Taucht man tiefer in die Materie ein, so stellt man fest, dass das „Dublin 3“-Abkommen von 2014 genau das Gegenteil einer rot-grünen multikulturellen Gesellschaft ist. Der Vertrag sorgt nämlich dafür, dass (Wirtschafts-)Flüchtlinge dort Asyl beantragen müssen, wo sie innerhalb der Europäischen Union als erstes den Boden betraten. Weil natürlich zahlreiche Vertriebene diese Verordnung nicht kennen, sind sie oftmals illegal eingereist und die Europäische Union verschafft sich viel Zeit, um eine Asylpolitik zu verschleppen.

Zurück zu Friedrich Merz und das Problem der AfD. In der Silvesternacht verzeichnete die Polizei Ausschreitungen in Berlin, aber auch in Essen und Hannover. Bereits am Morgen wurden voreilige Schlüsse gezogen, obwohl eine Bearbeitung an einem Feiertag gar nicht so schnell von statten gehen kann. Die gewalttätigen jungen Menschen, die zum Teil Rettungskräfte angriffen, wurden von Friedrich Merz in der gesellschaftspolitischen Talkshow «Markus Lanz» als „Paschas“ verteidigt. Es ist eine Blaupause: Wenn die Union keine Erklärungen liefern kann, flüchtet sie sich in Scheindebatten. Die Medien haken bei diesem Thema auch nicht nach, sondern verlieren sich in ausufernden Diskussionen.

Zahlreiche Politiker und Journalisten tappen in diese Falle. Einer der prominentesten Köpfe ist auch «ZDF Magazin Royale»-Entertainer Jan Böhmermann, der mit seinem Wechsel ins Mainzer Hauptprogramm keine „trottelige Krawallshow“ mehr produziert, sondern eine politische Satire herstellt. Mitte Juni schrieb Böhmermann „Sandra Maischberger lädt Nazis in ihre Talkshow ein, damit Nazis nach der Machtergreifung Sandra Maischberger auch [in] (sic!) ihre Talkshow einladen“ und verunglimpfte damit die ARD. Selbstverständlich war der Auftritt von Tino Chrupalla (AfD) ein Desaster. „Jeder Tag, den der Krieg früher beendet wird, auch mit Gebietsabgabe, ist ein guter Tag“, so der Politiker. Für diese Aussage ist man aber nicht auf den Schutz von Böhmermann angewiesen, der als moralisches Leitbild der Medien dienen möchte.

Bei Friedrich Merz stürzte die sogenannte Brandmauer ein. Aber Böhmermann kippte nur Öl ins Feuer: „Keine Sorge, die Nazis mit Substanz wollen nach aktuellem Stand voraussichtlich nur auf kommunaler Ebene mit Nazis zusammenarbeiten“, teilte der Entertainer des «ZDF Magazin Royal» mit. Durch seine Fernsehshow habe Böhmermann allerdings schon bewiesen, dass er durchaus solche Themen kritisch hinterfragen kann, als mit solchen Zitaten stetig ins Wespennest zu stechen. Man darf durchaus hinterfragen, warum Jan Böhmermann ungestraft Friedrich Merz als „Nazi“ bezeichnen darf. Das führt ebenso an einer Lösung des rechten Problems in Deutschland vorbei, wie mit echten Nazis zusammenarbeiten zu wollen.



Die Gesellschaft, die Politik und auch die Medien müssen sich endlich hinterfragen, ob sie mit Nebenschauplätzen tatsächlich Punkte machen wollen. Die Diskussion um die Merz’schen „Paschas“ verklang lautlos, der Auftritt der Polizeihauptmeisterin Claudia Pechstein drehte sich nur um ihre Dienstkleidung, die sie bei einer politischen Veranstaltung trug. Die Diskussion war lang, der Wert der Auseinandersetzung war vergeudete Liebesmüh. Es ging schlichtweg im Diskurs unter, welche Aussage die ehemalige Eisschnellläuferin vermitteln wollte.

Mit dieser unsachlichen Politik wird das Problem mit der AfD nicht gelöst.

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