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Metadaten, KI-gestützte Werbung: Amazon & Co. rüsten auf

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Der Online-Versandkonzern protokolliert schon seit dem Start von Prime Video die Daten. Inzwischen können in Filmen und Serien zusätzliche Werbebotschaften eingebunden werden.

Seit Jahren diskutieren die amerikanischen Politiker, wie es mit den großen Monopolen in den Vereinigten Staaten von Amerika weitergehen könnte. Google, Apple, Microsoft, Amazon und Facebook dominieren das Internet. Bereits im Jahr 1890 machte sich der Öl-Milliardär John Dr. Rockefeller keine Freunde, weil seine Standard Oil der größte Erdölraffinerie-Konzern der Welt war. Mehrere Jahre stritten US-Regierung und Standard Oil, doch schlussendlich gingen 1911 aus dem Unternehmen die Firmen ExxonMobil, BP, Unilever, Shell, das Beteiligungsunternehmen von Warren Buffet, Berkshire, und der Energie-Riese Chevron hervor.

Vor dem Zweiten Weltkrieg hatten Paramount Pictures und Warner Bros. eine bedeutende Stellung im Kino-Bereich, auch hierfür wurde der Sherman Antitrust Act genutzt. Die Studios mussten ihre Kino-Beteiligungen veräußern und wurden somit deutlich abgeschwächt. Doch aus diesem Verlust lernten die Unternehmen und bauten sich weitere Beteiligungen auf. So gehörten die Fernsehstudios zu wichtigen Einnahmenquellen, die Audio-Unternehmen wurden gegründet. Viele Abspaltungen kamen durch Managementfehler zustande, sodass Plattenlabel Warner Music im Jahr 2011 an die Investmentfirma Access Industrie von DAZN-Besitzer Leonard Blavatnik ging und das Kabelnetzunternehmen Time Warner Cable schließlich von Comcast aufgekauft wurde. Bis in den 80er Jahren war es Fernsehsendern untersagt, bei ihren Tochterfirmen Serien zu bestellen. Doch mit weiteren Playern im Markt wie FOX, UPN und The WB wurde das Gesetz aufgeweicht. Heute gehört die vertikale Integration von Produktion (ABC Signature), Ausstrahlung (ABC, Disney+) und Vermarktung (Disney Entertainment) zum normalen Geschäftsmodell eines Unternehmens.

Problematisch werden aber vor allem zwei Firmen gesehen: Amazon und Apple. Beide Tech-Firmen benötigen weder ihre Videodienste noch sind sie davon abhängig. Da der iPhone-Hersteller aber nur in einem kleinen Umfang im Streamingbereich tätig ist, schauen die US-amerikanischen Behörden lieber auf den in Seattle ansässigen Konzern. Amazon hat über 100.000 Angestellte und operiert nicht einmal in 40 verschiedenen Ländern. Dennoch hat das Unternehmen eine riesige Marktmacht.

Das Unternehmen hat Metro-Goldwyn-Mayer (MGM), das seit Jahrzehnten strauchelte, problemlos für achteinhalb Milliarden US-Dollar geschluckt. Zwar werden weitere Zukäufe abgesehen von Lionsgate (und dem Starz-Pay-TV-Channel) möglich, aber die Übernahme von einem der Big Five (Disney, Warner Bros. Discovery, Sony, Paramount Global, NBC Comcast) ist hingegen fast ausgeschlossen. Dennoch benötigt das Unternehmen von Jeff Bezos prinzipiell keine wirklichen Abo-Gebühren. Bei der Prime-Lieferung ist Prime schon dabei.

Sowohl Finanzinvestoren als auch Medienprofis sind sich einig: Amazon kann die vielen Investitionen in seiner Videosparte nur durch Quersubventionen begleichen. Die «Der Herr der Ringe»-Produktion soll inklusive Rechte bislang 500 Millionen US-Dollar gekostet haben, dann schlug man für eine hohe Summe bei den US-amerikanischen Football-Rechten zu, man übernahm MGM, investiert in viele lokale Sportarten und das ganze Engagement soll für knapp zehn US-Dollar möglich sein? Mitnichten. Aus diesem Grund bringen die Behörden immer wieder Abspaltungen ins Spiel.

Vor allem weil Amazon schon seit dem Start seines Video-Angebots sämtliche Streaming-Inhalte tracken lässt. Der Konzern weiß genau, welche Figuren die Zuschauer lieben, wie lange ein Schauspieler im Bild zu sehen ist und welche Eigenschaften zu hohen Abbruchraten gehören. Die IT-Spezialisten haben in Seattle ein perfides System entwickelt, sodass sich Milliarden von Daten gewinnen lassen.

Trotzdem – oder vielleicht auch deshalb? – hat Amazon noch kein eigenes «Game of Thrones» auf den Markt werfen können. Schon vor Jahren war Unternehmensgründer Jeff Bezos sauer, dass «The Man in the High Castle» ein Rohrkrepierer wurde. Die «Herr der Ringe»-Serie wurde zwar international gehypte, doch nach der ersten Staffel waren die meisten Kritiken eher durchwachsen. Die Serie muss erst noch beweisen, dass sie über mehrere Jahre eine gute und abgeschlossene Story erzählen kann.

Vielleicht wird man aber auch einfach mit anderen Mitteln den Markt beherrschen. Bereits vor knapp 15 Jahren bezahlte die amerikanische Tochter der Telekom viel Geld, dass bei Serien wie «The Closer» der typische Firmensound gespielt wurde. In Zukunft könnte in jedem Land ein anderer Ton abgerufen werden. Auch die Montage von digitalen Billboards am Straßenrand ist für die Macher keine besonders aufwändige Sache mehr. Ist so eine Werbetafel einmal gebaut, kann sie kontinuierlich mit verschiedener Werbung befüllt werden. In den Vereinigten Staaten wirbt dann Walmart für ein Angebot, die gleiche Anzeige kann in Deutschland für HelloFresh benutzt werden.

Amazon sagt zwar, dass sie eng mit ihren Inhalteherstellern zusammenarbeiten, um Platzierungsorte für Werbung in Videoproduktionen einzubauen. Die Gratis-Video-Tochter Freevee bietet sich mit diesem Geschäftsmodell ja geradezu an, dass man hier stetig mit Werbung am Sichtfeldrand überrollt wird. Auch andere Unternehmen arbeiten an solchen Geschäftsmodellen: Comcast NBC bietet inzwischen zwar noch statische Werbelösungen, die noch ohne künstliche Intelligenz arbeiten, aber gerade auf dem Spielemarkt stehen Milliarden an Werbeerlöse bereit.

Die Frage ist schlussendlich nicht, ob man diesen Trend der Film und Fernsehindustrie aufhalten kann, sondern wie sich die Werbung in den Produktionen auswirkt. Eine völlig überfrachtete Produktion mit zahlreichen Produktionshilfen, Werbetafeln und Markenintegrationen kann eine gute Serie kaputt machen oder ein Filmerlebnis deutlich schmählern. Doch mit Hilfe der Streamingdienste wird die Verbreitung von Top-Inhalten immer leichter. Vielleicht wird schon ein kommender Blockbuster nur einzelne von einer künstlichen Intelligenz gesteuerten Werbebotschaften enthalten. Doch dieser Trend wird kommen. Sofern man es weiter in einem geringen Rahmen machen wird, fällt das Ergebnis mit Sicherheit nicht allzu schlimm aus.

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