Hintergrund

Das Jüngste Quoten-Gericht: Warum «SOKO Hamburg»?

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Immer montags blickt Quotenmeter auf die Quoten-Highlights und Marktanteil-Flops der zurückliegenden Woche. Diesmal geht es um die Zuschauer-Verteilungen der «SOKO»-Reihen.

Hamburg, Köln, Wismar, Stuttgart, Linz, Leipzig – das ist nicht der Tourplan eines Musikers, sondern der Programmplan des ZDF in der vergangenen Woche am Vorabend. Zur «SOKO»-Senderreihe gesellt sich noch ein Ableger aus Potsdam. Der Mainzer Sender kommt auf insgesamt sechs Vorabend-Reihen sowie mit «SOKO Leipzig» auch auf eine Primetime-Ausgabe. Wie das ZDF am Freitag jedoch bekannt gab, verabschiedet sich «SOKO Hamburg» im kommenden Jahr aus dem Programm. Das ZDF wolle sich „einer zukunftsfähigen Programmentwicklung“ unterziehen und „verstärkt in Angebote für jüngere Zielgruppen investieren“, hieß es in einer Mitteilung (Quotenmeter berichtete). In der Tat weist das ZDF das älteste Publikum aller großen acht Vollprogramme auf. Im Schnitt sind die Zuschauer 65 Jahre alt.

Anhand der Zuschauerzahlen der «SOKO»-Reihen in der vergangenen Woche lässt sich herauslesen, das bei diesen Sendermarke das Publikum im Verhältnis besonders alt ist. «SOKO Hamburg» hatte am Montagvorabend 3,79 Millionen Zuschauer insgesamt, aber nur 0,17 Millionen unter 50-Jährige. Das ergibt einen Anteil von gerade mal 4,5 Prozent. «SOKO Köln» kam auf vergleichbare Werte von 3,85 Millionen Zuschauern insgesamt und 0,18 Millionen Jüngeren, was einem Verhältnis von 4,7 Prozent entspricht. Niedriger war der Anteil gar am Mittwoch bei «SOKO Wismar»: Dort entsprachen 0,17 Millionen 14- bis 49-Jährige 4,2 Prozent der Gesamtreichweite, also 4,05 Millionen. Am schlechtesten lief es aber für «SOKO Stuttgart», das mit 3,9 Prozent U50-Anteil den niedrigsten Wert der Woche schaffte. Auch die absolute Reichweite von nur 0,15 Millionen bedeuteten den Minus-Rekord. Am Freitag stieg bei «SOKO Linz» das Verhältnis auf 5,3 Prozent. Die Reichweite lag mit 0,18 Millionen jedoch nicht signifikant über den Folgen der anderen Sendungen. Lediglich die Gesamtreichweite von 3,37 Millionen lag eindeutig unter den Werten der anderen «SOKOs».

Interessant ist der Blick in die Primetime zu «SOKO Leipzig», das am Freitagabend um 21:15 Uhr auf 4,85 Millionen Zuschauer kam und 0,45 Millionen jüngere Seher einfuhr. Das Jung-Alt-Verhältnis betrug damit 9,3 Prozent und lag damit nur knapp über dem Wochenschnitt des restlichen Primetime-Programms des ZDF – das Viertelfinale der Handball-WM rausgerechnet. Dieses lockte insgesamt 7,49 Millionen Menschen an, darunter 2,23 Millionen Jüngere, was einen Anteil von 29,8 Prozent ergibt. Die restlichen Werte der 20:15-Uhr-Formate liegen bei 6,7 Prozent («Unter anderen Umständen»), 12,5 Prozent («ZDFzeit»), 11,1 Prozent («Der Bergdoktor»), 8,9 Prozent («Der Staatsanwalt»), 6,3 Prozent («Das Quartett») und 9,7 Prozent («Frühling»). Das ergibt für die vergangenen sieben Tage einen durchschnittlichen Anteil von 9,2 Prozent an jungem Publikum in der Primetime.

In der 19-Uhr-Stunde nach den «heute»-Nachrichten liegt der Wert im Wochenschnitt bei 7,8 Prozent. Dies unterstreicht: die «SOKO»-Reihen, die teilweise Anfang und Mitte der Nullerjahre gestartet wurden, unterhalten ein altes Publikum. Dementsprechend ist Nadine Bilkes (ZDF-Programmdirektorin) Entscheidung an dieser Stelle den Hebel anzulegen, nachvollziehbar. Warum es aber nun ausgerechnet die Hamburger Sonderkommission trifft, ist anhand der Zuschauerzahlen nicht offensichtlich.

Betrachtet man die aktuelle «SOKO Hamburg»-Staffel ergibt sich ein durchschnittlicher Anteil von unter 50-Jährigen im Verhältnis zur Gesamtreichweite von 5,2 Prozent. Betrachtet werden hierbei jedoch nur vier Folgen. Dennoch es sind immerhin zwei Zehntel Prozentpunkte mehr als für die aktuelle «SOKO Köln»-Staffel, die seit September zu sehen ist. Ebenfalls auf einen Fünf-Prozent-Anteil kommt «SOKO Linz» in den vergangenen rund drei Monaten. Wie verhält sich das Rechenspiel bei «SOKO Potsdam», das wie der Hamburg-Spin-off 2018 debütierte? Die Brandenburger konnten in der fünften Staffel wie «SOKO Hamburg» aktuell 5,2 Prozent unter 50-jähriges Publikum vorweisen.

Große Ausreiser nach oben gibt es also nicht, nur eben in der Primetime-Reihe «SOKO Leipzig», die seit November auf 7,8 Prozent junges Publikum kommt. Dass es eine richtige Entscheidung ist das «SOKO»-Angebot auszudünnen, wird anhand der Zahlen offensichtlich. Das Publikum der Krimi-Reihen ist alt und an Krimi-Ware im Allgemeinen mangelt es dem ZDF ohnehin nicht. Statt am Vorabend muss sich das «SOKO»-Publikum zumindest am Hamburg-Montag an anderer Stelle nach passenden Inhalten umschauen. Trotz aller Strategiewechsel und Millionen-Umverteilungen ist aber höchst unwahrscheinlich, dass die Marke «SOKO» in naher Zukunft ganz aus dem Programm verschwindet, schließlich erfolgt die Absetzung erst im kommenden Jahr. Bis dahin lässt sich Deutschland weiterhin prima erkunden – vom Sofa aus und für monatlich 18,36 Euro statt 49-Euro-Ticket.

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