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Das Jüngste Quoten-Gericht: «GNTM» – Mehr ist nicht mehr

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Montags blickt Quotenmeter auf aktuelle Quoten-Highlights und Marktanteil-Flops und ordnet diese ein. Diesmal geht es um das ProSieben-Schlachtschiff «Germany’s Next Topmodel», das einen horrenden Sinkflug erlebt.

Ende Mai in Deutschland. Die großen Schlachten im deutschen Fernsehen sind geschlagen. Diego Pooth gewann die RTL-Show «Let’s Dance», Jayden Swingewood ist das diesjährige «Supertalent», schon im November wurde Christian Jährig zu Deutschlands nächstem «DSDS»-Superstar gekürt. Wincent Weiss gewann dank Nachwuchs-Sänger Neo «The Voice Kids», Jennifer Lynn aus Team Samu Haber gewann die Erwachsenen-Version im Dezember. Ja, selbst Joko Winterscheidt durfte sein Haupt in den eigenen „Walk of Brain“ pressen.

Doch eine Entscheidung dieser TV-Saison steht noch aus. Wer wird « Germany’s Next Topmodel»? Heidi Klum wählt am 19. Juni ihre Favoritin und ihren Favoriten, denn wie erstmals im vergangenen Jahr werden ein weiblicher und ein männlicher Kandidat zum Sieger erklärt. Obwohl die aktuelle Staffel erst in knapp drei Wochen zu Ende geht, hat ProSieben schon jetzt mehr Folgen ausgestrahlt als je zuvor. Das liegt vor allem daran, da in den ersten sechs Wochen «GNTM» zweimal pro Woche on air ging – mittwochs und donnerstags.

Die Topmodel-Flut tat dem Format aber nicht gut. Das Flaggschiff am Donnerstag geriet in diesem Jahr noch mehr in Schieflage, als man es ohnehin aus den vergangenen Jahren gewohnt war. Die 2022-Staffel verzeichnete im Durchschnitt 2,06 Millionen Zuschauer. Durch die Nachgewichtung kamen weitere 200.000 Zuschauer hinzu. Zum Jahr verabschiedeten sich 400.000 Zuschauer. Dank des Kniffs mit den männlichen und weiblichen Models konnte ProSieben das Interesse im vergangenen Jahr konstant halten, was in einem strauchelnden linearen TV-Markt sogar für eine Verbesserung der Quoten sorgte. Von einem relativen Kuchen wird man aber nur bedingt satt.

In diesem Jahr erreichte die neue Staffel ihren bisherigen Höhepunkt äußerst früh: Zum Staffelstart. Diesen sahen am 13. Februar 1,62 Millionen Zuschauer, weitere 290.000 Zuschauer wurden in der zeitversetzten Nutzung gezählt. Selbst die traditionell besonders gefragte Umstyling-Folge konnte nur auf dem Quoten-Markt für ein Highlight sorgen. Die Reichweite belief sich am 6. März aber nur auf 1,59 Millionen Menschen. Die Nachgewichtung steigerte das Ergebnis auf 1,86 Millionen. Seither befindet sich «Germany’s Next Topmodel» im freien Fall.

Nur zwei Wochen später musste man sich am Donnerstag mit 1,30 Millionen Zuschauern begnügen. Zwar gab es am 10. April noch ein Aufbäumen auf 1,54 Millionen, dabei handelte es sich jedoch nur um ein Strohfeuer. Sieben Tage später sackte das Ergebnis auf 1,17 Millionen ab. In der vergangenen Woche kam es zu einem Meilenstein – im negativen Sinne. Heidi Klum sendete am Feiertag vor weniger als einer Million Zuschauern. Nie hatte eine reguläre Donnerstags-Folge weniger Zuschauer. Trotz eines überschaubaren Konkurrenz-Programms reichte es für die Castingshow nur für 12,3 Prozent. Nur die erste Mittwochs-Folge in diesem Jahr hatte diesen Wert unterboten.

Derzeit bewegt sich die 20. Staffel bei einer durchschnittlichen Reichweite von 1,26 Millionen Zuschauern, wobei klar festzustellen ist, dass die Ausgaben vom Mittwoch den Schnitt deutlich in den Keller ziehen. Um «GNTM» mit den Vorjahren zu vergleichen werden an dieser Stelle nur die Donnerstag-Sendungen betrachtet. Doch auch hier ergibt sich ein eindeutiges Bild: Das Format hat erneut enorm an Reichweite eingebüßt. Standen im vergangenen Jahr 1,60 Millionen (Nachgewichtung: 1,86 Mio.) zu Buche, fiel man in diesem Jahr auf 1,33 Millionen (Nachgewichtung: 1,60 Mio.) zurück. Auf dem Quotenmarkt verlor man mehr als zwei Prozentpunkte und landete bei 15,1 Prozent. Zur Erinnerung: 2021 und 2022 kratzte «GNTM» an der 20-Prozent-Marke (vorläufig gewichtet). Die gesamte Staffel inklusive Mittwoch bringt es sogar nur auf 14,7 Prozent.

Gerade aus ProSieben-Sicht (Monatsmarktanteil Mai 14-49J.: 6,9%) ist das freilich Jammern auf hohem Niveau. Aber «GNTM» ist eben auch nicht irgendein Format. Nicht umsonst tönte Henrik Pabst, Chief Content Officer der Seven.One Entertainment Group, im vergangenen Herbst, als man den Vertrag mit Heidi Klum verlängerte: „Die Show bricht nicht nur linear immer wieder Rekorde, sondern läuft auch digital auf Joyn über allen Erwartungen. Wir werden gemeinsam mit Heidi Klum auf ProSieben und Joyn die Marke ausbauen.“ Der Ausbau auf vorübergehend gleich zwei Sendetage pro Woche hat dem Format sichtlich nicht gutgetan. Hatte die Einführung männlicher Models im vergangenen Jahr noch den Verfall stoppen können, machte sich die anfängliche Geschlechtertrennung nicht bezahlt.

Wie viele Abrufe «Germany’s Next Topmodel» auf der Streamingplattform Joyn generiert, ist nicht bekannt. Anfang März sprach ProSieben davon, dass der „«Germany's Next Topmodel»-Kosmos auf dem Superstreamer alle Rekorde“ breche. Die Watchtime sei im Vergleich zum Vorjahr um 44 Prozent gestiegen. Ob man hier relative Zahlen pro Folge vergleicht oder eben eine Donnerstags-Folge (2024) gegen je eine Mittwochs- und Donnerstags-Sendung (2025) gegenüberstellt, ist nicht bekannt. Dem Unterföhringer Unternehmen wäre diese Milchmädchenrechnung allemal zuzutrauen. Der Sender verweist nahezu ausschließlich auf Nettoreichweiten, die auch zappendes Publikum aufnehmen. Freilich lässt sich damit der Werbewirtschaft reichlich Honig ums Maul schmieren, auch für Joyn ist das Wachstum sicher keine schlechte Nachricht. Es ist aber durchaus problematisch, wenn ein werbefinanzierte Privatsender innerhalb von vier Jahren die Reichweite seines Schlachtschiffes halbiert.

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