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Da ist etwas faul im Staate Disney!

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Vor wenigen Wochen feierte der Streamingdienst des Micky-Maus-Konzerns den dritten Geburtstag. Kurz nach der Party warf man den Geschäftsführer Bob Chapek vor die Tür.

In den vergangenen drei Monaten wurde es bei Disney etwas ruhig, denn nach dem dritten Geburtstagtag des Streamingdienstes Disney+, der Verkündung der Wirtschaftszahlen des dritten Quartals und der Neuausrichtung läuft es überraschend gemächlich – bis auf einen großen Knall: Man hat den Geschäftsführer Bob Chapek gebeten zu gehen, sodass der frühere Mastermind Bob Iger den Laden wieder leiten kann. Große Ankündigungen in der Presse – wie Warner. Bros Discovery-Chef David Zaslav – macht Iger nicht. Am 8. Februar 2023 erwarten die Investoren Antworten, denn dann ist anlässlich der Veröffentlichung der Quartalszahlen das erste öffentliche Meeting.

Nach dem fulminanten Start mit «The Mandalorian» im November 2019 mussten die Fans lange auf die neuesten Geschichten des Space-Westerns warten. Eine dritte Staffel soll am 1. März Premiere feiern, eine vierte Staffel ist inzwischen ebenfalls bestellt. Doch zahlreiche Formate aus dem «Star Wars»-Universum sind mittelmäßige Massenproduktion. Da wäre beispielsweise «The Book of Boba Fett» und «Obi-Wan Kenobi», die nicht überzeugen konnten und «Rangers of the New Republic» wurde schon in der Entwicklung gestoppt. Nur die mehrteilige Serie «Andor» hat bislang die Zuschauer begeistert. Mit «Ahsoka», «Skeleton Crew» und «The Acolyte» sind weitere Serien angekündigt. Doch bleiben die Kritiken ähnlich, wird sich das Kapital in ein paar Jahren schon wieder schließen.

Zahlreiche Serien, die Disney auf den Markt warf, haben mittelmäßige Qualität. Die Marvel-Serien wie «Loki», «Hawkeye» und Co. wurden als Füllmaterial bezeichnet, «Diary of a Future President», «Turner & Hooch» oder «Dr. Doogie Kamealoha» waren keine sonderlichen Hits. Während «Santa Clause: Die Serie» recht schnell für eine zweite Staffel verlängert wurde, ist die Zukunft von Formaten, die aus dem Jahr 2021 gestartet sind, noch ungeklärt. Wirkliches Vertrauen seitens Disney sieht anders aus.

Auch im Bereich der animierten Serien hat das Unternehmen seine Kunden eher enttäuscht. «Monster bei der Arbeit» war nicht sonderlich lustig, Mike und Sulley waren zeitweise auch nur eher unscheinbare Randfiguren. «Dug Days», «Cars on the Road» und «Star Wars: Geschichten der Jedi» sind kleine, enttäuschende Projekte. Selbst bei Pixar brennt’s: Seit «Oben», das schon vor 13 Jahren veröffentlicht wurde, fehlt ein wirklicher Hit. «Soul», «Luca» und «Rot» mögen gute Filme gewesen sein, doch hauptsächlich investiert das Studio seine Kapazitäten in Prequels oder Spin-offs.

Nach drei Jahren muss Disney+ endlich eine vernünftige Struktur aufbauen. Die Menschen möchten nicht irgendwann «The Mandalorian» vorgeworfen bekommen, sondern eine erwartbare Haltung. Beim Fernsehen konnten sich die Zuschauer darauf verlassen, dass es im Herbst mit neuen Folgen weitergeht. Inzwischen brauchen Serien im Streaming – auch bei Netflix – bis zu zwei Jahre, ehe es mit neuen Geschichten weitergeht.

In den Vereinigten Staaten von Amerika offenbart sich das größte Problem von Disney: Obwohl ein Abonnement durchaus preiswerter ist als Netflix, schauen nur sechs Prozent der Menschen den Streamingdienst. Das zusammengestauchte HBO Max erreicht immer noch vier Prozent, der werbefinanzierte Streamingdienst Pluto kommt auf drei Prozent. Hulu erreicht trotz deutlich höherer Kosten mehr Menschen, die Abonnenten schauen vier Mal so viel Netflix.

Disney setzt mit seinem Angebot nur 6,10 US-Dollar pro Abonnement im Monat in den Staaten um, im Ausland sind es verschwindend geringe 5,83 US-Dollar. Dabei vereint Disney+ außerhalb der Vereinigten Staaten von Amerika nicht nur das Angebot der selbstproduzierten Disney+-Serien, der eigenproduzierten Hulu-Serien, das riesige Archiv von 20th Century und den Disney-Studios, sondern bekommt auch noch laufend Serien von den 20th Century Television Studios und den ABC-Signature-Studios angeliefert. Die gesamte Welt von National Geographic gehört ebenfalls zum Angebot. Für das, was Disney in seinem Angebot hat, löst es dennoch extrem wenig Begeisterung aus.

Außerhalb der Vereinigten Staaten von Amerika investiert Disney viel Geld – unter anderem in Live-Sport in Indien. Zwar hat das Unternehmen mit Disney+ Hotstar trotz Preiserhöhung seine Abos von knapp 20 auf 40 Millionen erhöhen können. Mit 18,34 US-Dollar Jahresbeitrag ist der Streamingdienst allerdings ein Milliardengrab – alleine für Fünf-Jahre-Livesport Cricket zahlt man 3,01 Milliarden US-Dollar. Natürlich muss der asiatische Bereich bedient werden, weil unter anderem die Parks und das Merchandising die Geldquelle für den Micky-Maus-Konzern ist. Dann sollte das Unternehmen aber nicht nur Milliarden in Märkte ausgeben, sondern auch gleichzeitig an einer Refinanzierung arbeiten. Die zahlreichen Gratis-Abonnements, die beispielsweise Kunden von Telekommunikationsanbieter bekommen, ist allerdings keine Lösung.

Als Inhaber von Disney-Aktien kann man durchaus nervös werden, denn bislang hat man nur eine Konstante bei dem hauseigenen Streamingdienst vorzuweisen: Möglichst viel Geld auszugeben. Obwohl jährlich mehrere Milliarden in das Portfolio gesteckt werden, ist die Begeisterung überschaubar. «Only Murders in the Buildung» hat sicherlich viele Menschen erfreut, gehörte aber nicht zu den stärksten Sendungen. Es bleibt nur zu hoffen, dass Bob Iger gemeinsam mit seinem Team eine vernünftige Ausgaben- und Einnahmen-Struktur auf die Beine stellen kann. Davon sollten sie in New York allerdings Ahnung haben, denn das hat schon immer mit dem Network-System und den Studios funktioniert.

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