Hintergrund

Das Jüngste Quoten-Gericht: WM-Finals im Vergleich

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Immer montags blickt Quotenmeter auf die Quoten-Highlights und Marktanteil-Flops der zurückliegenden Woche. Diesmal vergleicht Quotenmeter die Finals der vergangenen Turniere.

Die Fußball-Weltmeisterschaft ist vorbei und somit auch eine Zeit des Boykotts vieler Fußball-Fans. Im Vorfeld des Turniers war mit Spannung erwartet worden, wie sich die Zuschauer verhalten werden und der vielen Boykott-Aufrufe Folge leisten werden. Schon nach den ersten Turniertagen ließ sich festhalten, dass das Interesse für dieses umstrittene Turnier in Katar deutlich geringer ausfiel als bei vorherigen Turnieren. Dies spiegelte sich auch in den letzten Tagen des Turniers wider. Die Halbfinal-Partien zwischen Argentinien und Kroatien sowie Frankreich und Marokko verfolgten nur 9,14 beziehungsweise 10,58 Millionen Zuschauer. Es ist bezeichnend, dass das zweite Halbfinale die erste Partie ohne deutsche Beteiligung bei der WM 2022 war, die mehr als zehn Millionen Zuschauer anlockte. Mit Marktanteilen von 31,0 und 36,1 Prozent beim Gesamtpublikum können ARD und ZDF zwar erfolgreiche Werte vermelden, doch im Vergleich zu 2018 sind dies jeweils mehr als 20 Prozentpunkte weniger.

Damals schalteten 18,25 und 19,23 Millionen die Spiele zwischen Frankreich und Belgien sowie Kroatien gegen England ein. In der Zielgruppe kam man damit auf 58,3 und 61,4 Prozent. Diesmal bewegten sich die Werte bei den 14- bis 49-Jährigen bei 37,3 und 41,9 Prozent. 2014 als das erste Halbfinale mit deutscher Beteiligung stattfand und historisch mit 7:1 endete gelangen dem ZDF 89,3 Prozent. Die Gesamtreichweite lag bei 32,57 Millionen Menschen. Niederlande gegen Argentinien spielten damals vor 19,52 Millionen deutschen Zuschauern – also vergleichbar mit dem Turnier vier Jahre später. Auch 2010 holte die Partie ohne deutsche Beteiligung – es spielten Uruguay gegen die Niederlande – 19,50 Millionen Zuschauer.

Das Finale 2014 ausgenommen, lassen die vergangenen Finals ein gewisses Desinteresse am Fußball erkennen, wenngleich natürlich auch ein verändertes Sehverhalten einberechnet werden muss. Dennoch: Nur 13,86 Millionen Menschen verfolgten den Triumph der Argentinier in Katar, mit Marktanteilen von 53,6 Prozent dominierte man zwar über drei Stunden hinweg die TV-Landschaft, doch im Vergleich zu 2018 ist dies ein deutliches Minus. Frankreich Sieg über Kroatien in Moskau sahen 21,32 Millionen Fußball-Fans, der Marktanteil lag bei 76,1 Prozent. Beim jungen Publikum ist die Entwicklung ähnlich deutlich. Statt 7,65 Millionen 14- bis 49-Jährigen schalteten diesmal „nur“ 4,06 Millionen ein, die Einschaltquote fiel von 77,2 auf 59,4 Prozent. 2014 schaffte Das Erste dank Mario Götze und Co. sage und schreibe 90,1 Prozent. Die Gesamtreichweite lag bei 34,65 Millionen, der Marktanteil bei 86,3 Prozent. Das Deutschland-Finale wurde aber auch zu einer noch zuschauerfreundlichen Uhrzeit um 21:00 Uhr deutscher Zeit angepfiffen. Um 20:30 Uhr wurde das Finale 2010 zwischen Spanien und der Niederlande angepfiffen. 25,11 Millionen schalteten im ZDF ein, was zu Marktanteilen von 71,4 und 70,9 Prozent führte. Das Halbfinale zwischen Deutschland und dem späteren Weltmeister sahen vier Tage zuvor noch 31,10 Millionen. Die Marktanteile beliefen sich auf 83,2 und 86,1 Prozent.

Auffällig war bei diesem Turnier, dass auch die Partien des DFB-Teams weit hinter den Erwartungen zurückblieb. Das Auftaktmatch gegen Japan sahen gar weniger als zehn Millionen Zuschauer im Fernsehen. Die ARD gab am Montag erstmals auch Zahlen zur digitalen Nutzung heraus. ARD-Sportkoordinator Axel Balkausky bezeichnete das „große Interesse“ an den digitalen Angeboten als „sehr erfreulich“. Im Vier-Jahres-Vergleich sei die Nutzung der WM-Spiele über die WM-Livestreams sowie den Das Erste-Livestream deutlich gestiegen, so die ARD in ihrer Mitteilung. An jedem der elf Übertragungstage des Ersten wurden die Livestreams im Schnitt fast 6,5 Millionen Mal abgerufen. Was diese Zahl genau aussagt, ist schwierig zu beurteilen. So dürfte ein Aktualisieren der Webseite wohl schon als Klick gezählt worden sein. Die höchste Nutzung sei beim Spiel der Deutschen gegen Japan gemessen worden, das bekanntlich bereits um 14:00 Uhr startete. 12,6 Millionen Abrufe seien allein an diesem Tag gemessen worden. Es sollte dringend an einer Methode gearbeitet werden, um diese Zahlen mit in die Quotenmessung miteinfließen zu lassen, um ein repräsentativeres Bild der Reichweiten und Marktanteile zu erhalten.

Ein Blick auf die anderen Sender
Keine Frage, der Fußball ist weiter dominant und weist mit seinen Großturnieren das Privatfernsehen in die Schranken, wenn das öffentlich-rechtliche Fernsehen die Spiele live überträgt. Doch sehenden Auges ins Verderben zu reiten, sollte dennoch nicht die Lösung sein. ProSieben legte dieses Verhalten am vergangenen Mittwoch dennoch an den Tag. Es wäre nur allzu verständlich zu Beginn der Primetime auf Erstausstrahlungen zu verzichten, da sich gegen König Fußball ohnehin nur mäßige Quoten einfahren lässt. Doch die Spiele sind meist nach zwei Stunden – oder mit Verlängerung und Elfmeterschießen nach drei Stunden – vorbei, der Unterföhringer Sender setzte aber gleich acht Stunden auf die Zweitverwertung von «Galileo 360° Ranking XXL». Mit einer Sendung die bis 4:30 Uhr dauert, lassen sich auch ohne Fußball als Konkurrenz nur schwer gute Quoten generieren. Bis 3:00 Uhr sahen durchschnittlich nur eine Viertelmillion Menschen zu, in der Zielgruppe standen miserable 3,0 Prozent zu Buche. Die letzten 90 Minuten der Sendung kam auf 60.000 Zuschauer und 9,9 Prozent bei den Umworbenen.

Fast noch bemerkenswerter als die Primetime-Ausstrahlung ist der Fakt, dass ProSieben allen Ernstes den gesamten Sonntag-Morgen, - Mittag und -Nachmittag mit der Sendung gefüllt hat. Ab 7:48 Uhr wiederholte man das Marathon-Format. Und wer dachte, dass die Programmplaner so auch das WM-Finale überbrückten, dem sei gesagt, dass 24 Minuten nach Anpfiff «taff weekend» on air ging. Diese Programmstrategie gleicht einem Armutszeugnis und ist eine Farce für den Zuschauer und jeden Aktionär des Unternehmens. Mit einem Tagesmarktanteil von 4,8 Prozent lässt sich kein Geld verdienen. Und wer das Argument anbringt, warum man gegen Fußball hochwertiges Programm senden sollte, dem seien die oben erwähnten Zahlen ans Herz gelegt. Nicht erst seit dieser Woche haben die Zuschauerzahlen bei Fußballübertragungen massiv abgenommen.

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