
Kanzler Friedrich Merz (CDU) und sein potenzieller Konkurrent Markus Söder (CSU) standen gleich zweimal im Rampenlicht: Merz am 13. Juli in der ARD und am 31. August im ZDF, Söder am 24. August bei der ARD und am 3. August beim ZDF. Das Ergebnis: Während Merz in der ARD nur 1,07 Millionen Zuschauer erreichte (8,6 % Marktanteil), verfolgten im ZDF 2,20 Millionen Menschen das Interview – 13,3 %. Bei Söder fällt der Unterschied noch deutlicher aus: 1,37 Millionen Zuschauer in der ARD stehen 2,90 Millionen im ZDF gegenüber. Mit 15,6 Prozent Marktanteil war Söder der Reichweitenkönig der diesjährigen Sommerinterviews. Diese Diskrepanz zeigt: Das konservative Publikum scheint stärker am ZDF orientiert zu sein. Für die Union bedeutet das einen klaren Vorteil, denn wer dort Präsenz zeigt, erreicht ein breiteres Publikum.
Die SPD schnitt im direkten Vergleich deutlich besser im ZDF ab. Während Bundestagspräsidentin Bärbel Bas im ARD-Interview mit 1,21 Millionen Zuschauern solide, aber nicht überragend performte, kam SPD-Chef Lars Klingbeil im ZDF auf 2,16 Millionen Zuschauer und 12,8 Prozent Marktanteil. Die Sozialdemokraten profitieren also vom späteren Sendeplatz und vom stärkeren Nachrichtenumfeld des Mainzers.
Bei den Grünen fällt die Bilanz gemischt aus. Felix Banaszak erreichte im ARD-Interview nur 1,16 Millionen Menschen – das schwächste Ergebnis aller Sommergespräche. Franziska Brantner konnte im ZDF immerhin 1,99 Millionen Zuschauer überzeugen, doch der Marktanteil von 11,9 % lag deutlich unter den Spitzenwerten von Söder oder Chrupalla. Das lässt zwei Schlüsse zu: Die Grünen mobilisieren zwar ihr Publikum, erreichen aber weniger Breite. Außerdem spielt die Personalisierung eine große Rolle: Während Annalena Baerbock oder Robert Habeck in den vergangenen Jahren große Quotenhits waren, bleiben zweite Reihen im Zuschauerinteresse zurück.

Jan van Akten (ARD: 1,22 Mio. / 9,8 %) und Ines Schwertner (ZDF: 2,03 Mio. / 11,6 %) bewegten sich im soliden Mittelfeld. Auch hier zeigt sich das bekannte Muster: Im ZDF verdoppeln sich fast die Reichweiten im Vergleich zur ARD. Politisch bedeutet das, dass die Linke zwar nicht zu den Quotenstars gehört, aber stabile Präsenz im politischen Diskurs halten kann.

Die Quotenunterschiede haben reale Folgen:
• Politiker planen ihre Kommunikation strategisch stärker auf das ZDF aus.
• Journalisten der Mainzer Anstalt haben größeren Einfluss auf die Deutungshoheit.
• Die ARD droht, trotz ihres Renommees, in der politischen Reichweite ins Hintertreffen zu geraten.
Gerade in Wahljahren oder Krisenzeiten ist es jedoch gefährlich, wenn ein Sender die politische Öffentlichkeit so deutlich prägt. Pluralismus lebt vom Ausgleich – doch aktuell zeigt sich eine deutliche Schlagseite.
Die Sommerinterviews 2025 sind ein Lehrstück über das Zusammenspiel von Politik und Medien. Während die ARD solide, aber unspektakuläre Reichweiten liefert, gelingt es dem ZDF, die Debatten stärker in die Haushalte zu tragen. AfD-Interviews sind Quotenmagneten, Union und SPD profitieren besonders von der Mainzer Reichweite, die Grünen und Linken kämpfen um mehr Sichtbarkeit. Für die Zukunft stellt sich die Frage: Bleibt das ZDF der Taktgeber der politischen Kommunikation, oder gelingt es der ARD, ihr Sommerinterview-Format aufzuwerten? Klar ist: Wer am Sonntagabend in Mainz spricht, redet zur Nation – und setzt die Agenda für die Woche.
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