
Was wir hier sehen, ist eine Serie, die lieber in Großbuchstaben schreit, statt zu flüstern. Die Subtilität, die uns einst das Fürchten lehrte, ist dem bombastischen Totalangriff gewichen. Die Spannung, früher ein psychologisches Minenfeld, wirkt jetzt wie kalkulierter Nervenkitzel ohne Seele. Und das alles unter dem Deckmantel, es ginge um „etwas Größeres“ – doch dieser Deckmantel ist durchsichtig wie ein Glas voller Neonlicht.
Man fühlt sich erinnert an einen teuren Sportwagen, der um eine enge Kurve rast: beeindruckend, ja – aber ohne Steuerung, ohne Richtung. Das Format prescht durch, jongliert mit Wendungen, Effekten, Bildern, als wolle es uns sagen: Seht her, das ist Kunst. Doch wer hinschaut, erkennt: Das ist vor allem ein Kunstprodukt. Ein wohlfeiles Konstrukt, produziert von Leuten, die längst vergessen haben, was es heißt, etwas zu erzählen.

Dabei wäre Substanz so leicht wiederzubeleben gewesen: durch Reduktion, Charakterstudien, den Konflikt zwischen Überleben und Ethik. Stattdessen gibt es nun dramatische Akzente, als hätte man vergessen, dass lauter Lärm allein noch keine Bedeutung ist.
Man spürt eine Annäherung an ein finales Showdown-Spektakel, doch es fehlt jeglicher Epochenmoment. Das könnte sich anfühlen wie ein kultureller Schlussstrich. Stattdessen ist es eher der Abriss eines Bauwerks, das nie ganz gewachsen ist. Es ist bedrückend – und zugleich banal. Ein Brennen, das keinen Schmerz hinterlässt.

Die finale Staffel versucht, uns zu schocken – und tatsächlich, man wird geschockt, aber anders, als beabsichtigt: nicht betroffen, sondern abgestoßen. Ein Gefühl, das im Ohr bleibt, aber ohne Echo. Insbesondere das Tempo ist zum Problem geworden: Die Staffel jagt von einem Höhepunkt zum nächsten, als müsse jede Folge ihr eigenes Feuerwerk abbrennen. Wer allerdings nach dem Knall hört, was gesagt wurde, erlebt eine Leere. Es fehlt die Nachhaltigkeit. Kein Nachdenken über das, was vorher lief, kein melancholisches Aufraffen am Ende – nur dieses angestrengt finale Pathos, das interessanterweise leicht zu umgehen gewesen wäre, hätte man den Schlussstrich einfach schon nach Folge fünf gesetzt.
Denn wenn man mit etwas absolut abschließt, muss es auch moralisch, inhaltlich, intellektuell passen – oder einfach konsequent unschlüssig sein. Aber dieser Schluss hier will alles und erreicht nichts. Zu viel Programm, zu wenig Haltung. Zu viel Schein, zu wenig Sein. Die dritte Staffel von «Squid Game» ist damit ein Monument der Inszenierung, aber zugleich ein Denkmal innerer Verwaisung. Sie liefert Spektakel ohne Gehalt, Pathos ohne Substanz, Effekte ohne Erkenntnis.
Die Finale Staffel von «Squid Game» wird bei Netflix gestreamt.
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