Interview

‘Die ‚kinky' daherkommende aber eben auch 'mitten ins Herz treffende' love story funktioniert einfach‘

von

Guido Broscheit hat die Young-Adult-Komdie «BROKE. ALONE. A kinky love story» produziert, die mit Nora Islei besetzt und von Anna Unterweger gedreht wurde.

Herr Broscheit, was war für Sie der Auslöser, dieses Projekt zu produzieren – was hat Sie an «BROKE. ALONE. A kinky love story» von Anfang an begeistert?
«BROKE. ALONE. A kinky love story» war für mich zunächst eine echte Bauchentscheidung. Ich sah darin einen jungen, sehr frechen Film, der humorvoll und augenzwinkernd aber auch mutig-sexy aktuelle Themen, Zeitgeist und Erotik verbindet. Ich war über Hauke Schlichting mit seiner Take 25 Pictures zunächst als Schauspieler für eine der Rollen im Film angefragt. Wir kannten uns über meine Dropkick Pictures Indie Buddy-Komödie «Ronny & Klaid». Ich war der festen Überzeugung, dass in der zugrunde liegenden Idee, dem Genremix sowie in den die ProtagonistInnen umtreibenden Themen und Herausforderungen große kreative und wirtschaftliche Möglichkeiten lagen. Deshalb bin ich dann auch als Produzent mit dazu gestoßen. Ich bin natürlich froh, dass der Film am Ende diese Überzeugung allein über das Vertrauen der vielen Kinobetreiber und auch das quantitativ wie qualitativ zumeist tolle Presseecho vollkommen bestätigt hat. Das Beste kommt ja aber noch, da «BROKE. ALONE. A kinky love story» mit seinen Themen und seiner sexyness aber auch seiner romantic love story vor allem auch ein Streamer/TV Film geworden ist, der Jung und Alt begeistert und 'abholt‘. Entsprechend greifen wir jetzt eben über EST, TVOD und anschließend über SVOD und TV die weiteren Auswertungsfenster an.

Der Film ist frech, jung, bunt und ungewöhnlich – wie würden Sie die Tonalität des Films beschreiben und wie bewusst war diese Gratwanderung zwischen Komödie, Erotik und Gesellschaftskommentar?
Sie sagen es, alle 4 von Ihnen genannten Attribute treffen meines Erachtens zu. Es war hier bei diesen sexuellen, teils auch in der allgemeinen Wahrnehmung ‚schlüpfrigen' Themen, mit denen die junge Hauptdarstellerin Nora Islei ständig konfrontiert war, auch richtig, dass mit Anna Unterweger eine Frau die Regie übernimmt. Unsere beiden 'leading ladies' sind von Drehtag 1 an ein starkes Team gewesen mit vollstem gegenseitigen Vertrauen zu-/ und ineinander und viel Experimentierfreude. Und natürlich beinhaltet jeder Film, der sich in diesem Bereich mit viel Sexualität in allen Varianten in der CamGirl-Welt umtreibt, die Gefahr, dass es eindimensional, platt, billig oder vorhersehbar wird. Das ist per se eine Gratwanderung. Wir haben die damit verbundene Gefahr des Abrutschen ins Banale oder ins Befremdliche mit vereinten Kräften aller Departments aber vor allem durch die mutige und immer sensible Regie / Darstellung gebannt. Die zwar ziemlich ‚kinky' daherkommende aber eben auch 'mitten ins Herz treffende' love story zwischen unseren beiden Protagonisten’innen Nora Islei und Julian Bloedorn inmitten dieses ganzen CamGirlSzenarios funktioniert einfach.

Was waren aus Produzentensicht die größten Herausforderungen während der Entwicklung und Umsetzung dieses Films – gerade mit Blick auf das Thema, die Corona-Quarantäne als Setting oder auch das junge Ensemble?
Sicherlich war Corona insgesamt ein Riesenthema. Ich bin ja als Produzent zu einem Zeitpunkt dazu gestoßen als Hauke Schlichting mit seiner Take 25 Pictures schon eine längere Zeit mit dem Projekt auch in der sehr schwierigen Corona-Hochphase aktiv war. Gemeinsam haben wir dann einen neuen Anlauf unternommen, der ja dann auch am Ende funktioniert hat. Und ja, während der Dreharbeiten, die im Oktober/ November 2022 zu über 90 Prozent in einem gepachteten alten Gasthof stattfanden, in den alle ‚Locations‘ bzw. ‚Sets' eingebaut wurden, war die Corona-Pandemie immer noch ein störender, den Dreh potentiell belastender Faktor.

Wie kam die Zusammenarbeit mit Regisseurin Anna Unterweger zustande – und wie gestaltete sich der gemeinsame kreative Prozess in der Stoffentwicklung und Inszenierung?
Unsere Regisseurin Anna Unterweger war bereits im Rahmen der Vorproduktion auf dem Projekt, als ich zum Produzententeam dazu stieß. Es war Ihr Debüt-Langspielfilm in voller Regieverantwortung. Insbesondere bei diesem Stoff und einer weiblichen Protagonistin ist es - gerade in diesen sensiblen Zeiten - wie gesagt die richtige Entscheidung gewesen, dass eine Frau diesen Stoff zu Ihrem macht bzw. Ihren ureigenen Take auf diese Themen einfließen lässt. Es war letztlich ein Glücksfall für den Film, dass Anna und Nora Islei als 'weibliche Doppelspitze' so gut harmoniert haben. Sowohl in Stoffentwicklung aber auch in der Inszenierung war allen wichtig, dass ganz normal und natürlich mit Sexualität umgegangen wird und auch vermeintliche Tabus (die eben keine sind/sein sollten) nicht gescheut werden.

Die Geschichte spielt stark im digitalen Raum – Online-Plattformen, Video-Chats, virtuelle Nähe. Hat das auch die Art beeinflusst, wie der Film produziert wurde?
Na klar…auf der einen Seite machte es das um einiges einfacher, da wir im Grunde alle User bzw. Anrufer/Kunden der fiktiven Online-Plattform unseres Neu-Camgirls Sarah in unserer Hauptlocation drehen konnten. Das spart an allen Ecken und Enden Zeit und Geld. Zum anderen waren natürlich extrem viele VFX-Shots zu machen, was später für unseren großartigen Post-Partner KAEPTN Postproduktion (Oliver Anlauf und Team) zu wirklichen Herausforderungen führte. Hier konnten wir uns wunderbar aufeinander verlassen. Der Film kommt dadurch sehr zeitgemäß, jung und frech rüber.

Sie haben ein bewusst frisches, diverses und spielfreudiges Ensemble gecastet. Was war Ihnen bei der Besetzung der Hauptrollen besonders wichtig?
Keine Schranken, viel Spielfreude … insbesondere die CamGirl-Kunden spielten ja extreme Charaktere, die schreiend, schmachtend, posend oder gar onanierend vor ihren Bildschirmen und damit 'vor unserer Protagonistin Sarah' saßen. Überrascht hat mich, dass viele Agenturen Ihren Schauspieler’innen von der Übernahme einer der Rollen, insbesondere auch von der Übernahme der Hauptrolle Sarah, abgeraten haben. Meines Erachtens sind fast alle Rollen aufgrund Ihrer oftmals extremen Profile auch ein totales Geschenk für die jeweiligen Schauspieler'innen.

Mit Nora Islei und Gedeon Burkhard haben Sie zwei sehr unterschiedliche Generationen vor der Kamera – wie hat sich das auf die Stimmung am Set ausgewirkt?
Das war überhaupt kein Problem! Beide haben sehr gut harmoniert. Gedeon weiß natürlich mit all seiner Erfahrung auch worauf es ankommt. Und Nora hat es einfach durchgehend richtig gut gemacht. Alles lief sehr konzentriert und professionell aber eben auch mit viel Spielfreude und Mut. Da sind tolle, sehr anrührende Tochter/Vater - Szenen entstanden. Schon bei den ersten Sichtungen musste ich ein paar Tränchen der Rührung verdrücken.

«BROKE. ALONE. A kinky love story» thematisiert finanzielle Not, digitale Selbstvermarktung und sexuelle Wünsche auf humorvolle Weise. Gab es Überlegungen, wie weit man mit diesen Themen im Mainstreamkino gehen darf?
Gute Frage … das war tatsächlich oft ein Thema. Wir hatten ja zusammen mit unserem Kinoverleiher Filmweltverleihagentur einen tollen und großen deutschlandweiten Kinostart mit fast 250 Kinos/Kopien in Deutschland und Österreich auf die Beine gestellt. Das ist eine Menge für jeden Independent-Film. Wir mussten also ordentlich ‚trommeln'. Bis zuletzt im Bereich Marketing, etwa bei der Trailer- oder Kinoplakatherstellung musste man aber schon immer wieder abwägen, wieviel Sexualität oder Sinnlichkeit - ob im Bild oder auf verbaler Ebene - wir hineinnehmen. Gleichzeitig hatten wir natürlich stets 'das FSK-Thema'. Wir sind da letztlich bei FSK 16 gelandet.

Der Film erscheint im Kino, aber auch digital als EST und TVOD. Welche Strategie verfolgen Sie mit dieser Verwertung – und wie wichtig sind solche hybriden Modelle für kleinere Produktionen?
Der Kinorelease war für uns alle ein Bonus! Wir sind froh, dass wir diese Reise mit Filmwelt / Christoph Ott und Team machen konnten. Kinotour, eine Wahnsinnspremiere im Zoo Palast, riesige Zustimmung der Kinobetreiberbranche in Deutschland und auch in Österreich. Er ist aber insbesondere auch in 'Look und Feel' der perfekte Streamerfilm geworden. Deshalb sind wir jetzt für die laufenden / anstehenden Gespräche für SVOD und die TV-Auswertung sehr guter Dinge. Ich verfolge diese Hybrid-Strategie mit meiner Dropkick Pictures übrigens auch mit einigen unserer aktuell laufenden Dropkick-Projekte: So starten wir im Herbst diesen Jahres die Dreharbeiten zu unserem englischsprachigen Featurefilm «Epilogue» in der Toscana. Auch für die Verfilmung des Spiegel-Bestsellers «Bikergirl» von Ann-Kathrin Bendixen sind wir bereits in der Vorproduktion. Und die vom MBB-geförderte 6-teilige Mini-Serie «Vegan Killing», die wir gemeinsam mit unseren Partnern von Camcore produzieren werden, befindet sich in der finalen Buchentwicklungsphase und wird in Kürze im Markt platzierbar sein. Die hybriden Produktions- und Finanzierungsmodelle sind einfach Teil unserer momentanen Marktrealität.

Abschließend gefragt: Was hat Sie als Produzent dieser speziellen „kinky love story“ persönlich am meisten überrascht – sei es inhaltlich, beim Dreh oder im Feedback der ersten Zuschauer?
Inhaltlich war das eindeutig unsere Hauptdarstellerin Nora Islei. Sie ist ein echter Glücksfall. Mit welchem Mut, welcher Selbstverständlichkeit und Neugier sie alle Herausforderungen (Comedy-Timing, gesamte Tonalität und konkret etwa die wunderbaren, sehr sinnlichen ‚Farbentänze‘ oder auch die ständigen, teils herausfordernden Kostümwechsel) annahm und bewältigte war ganz toll.

Außerdem: Das direkte Feedback der Zuschauer bei der Kinotour etwa… die Begeisterung kannte da auch keine Altersschranken. Die älteren Semester haben den Film ebenso gefeiert wie die Jungen aus der Gen Z etwa. Schließlich hat es mich extrem gefreut, dass sich mein lieber Freund, Musikikone Mousse T. für das Musikkonzept unseres Indie-Films begeistern ließ und dass wir mit meinem Dropkick Pictures-Partner und KoProduzent Jan Beuck eine weitere, stets verlässlichen Größe an unserer Seite wussten.

Dann wünsche ich weiterhin viel Erfolg!

«BROKE. ALONE. A kinky love story» kann beispielsweise ab Donnerstag bei Amazon geliehen werden.


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