Interview

Hannes Jaenicke: ‚Eisbären, Raubkatzen, Elefanten und andere haben in Zoos nichts verloren‘

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Der erfahrene Schauspieler setzt sich für zahlreiche Tiere ein. Nun ist er für das ZDF im Einsatz für Meeresschildkröten.

Hallo Herr Jaenicke, wie oft sitzen Sie auf dem Sofa und schauen einfach nur Fußball?
Nie. Wenn ich auf dem Sofa sitze gucke ich Filme, Serien, Dokus, Satire, oder mache ein Nickerchen.

Ihre Vita ist sehr lang, Sie sind bei zahlreichen Filmen, Reihen und Serien dabei gewesen. Gibt es ein Projekt, auf das Sie besonders stolz sind?
Schwer zu sagen. Auf unsere ZDF-Dokus «Im Einsatz für...» bin ich ein wenig stolz. Und auf ein paar Filme auch. Es gibt einen kleinen TV-Film namens «Bodycheck» von 2017, den ich bis heute sehr mag. Wie auch die Sachen, die ich mit Dominik Graf gemacht habe. Ansonsten hab‘ ich zuviel gedreht um auseinanderzuhalten, was relevant war und was nicht. Spaß hatte ich bei fast allen Sachen die ich drehten durfte.

Das Erste fährt mit Ihnen und dem «Amsterdam-Krimi» sehr hohe Einschaltquoten ein. Freut es Sie, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk seit Corona wieder wächst?
Sehr sogar. Vor allem weil wir beim «Amsterdam-Krimi» ziemlich wild herumexperimentieren und jeweils zwei volle Jahre an den Büchern sitzen. Das die ARD das ermöglicht ist großartig. Ich habe das Lästern über die Öffentlich-Rechtlichen nie so recht verstanden. Sie sind weiterhin die zuverlässigste Quelle und größten Hersteller von Nachrichten, Reportagen, Dokus und guter Satire, wie «heute-show», «Extra3», «Quer» oder Böhmermann. Außerdem bin ich Radio-Junkie und empfinde das pseudo-eregte Geplärr und Dauer-Abspulen der immer selben Hits auf Privatsendern als akustisches Guantanamo. Der Horror, wie Marlon Brando in «Apocalypes Now» sagt.

Als Umweltaktivist drehen Sie unter anderem für das ZDF zahlreiche Reportagen. Ärgert es Sie, wenn Sie so viel Arbeit in ein Projekt steckten und «Im Einsatz für» nur maue Reichweiten abwirft?
Interessanterweise sieht das unser Sender anders. Der ist überaus zufrieden mit den Quoten, wir liegen mit diesem doch eher ambitionierten Format immer bei über zehn Prozent. Sonst dürften wir diese Reihe wohl kaum seit 16 Jahren drehen. Auch werden unsere Dokus häufig im Schulunterricht eingesetzt, haben gute Klickzahlen in der Mediathek, und rund um den Globus so ziemlich jedes Dokumentarfilm-Festival gewonnen, das es gibt.

In den vergangenen Jahren waren Sie unter anderem für den Lachs und den Wolf «Im Einsatz». Was kann der einfache Bürger unternehmen, um sich für die Tiere einzusetzen?
Die Liste ist endlos. Fleisch- und Fischkonsum reduzieren, Produkte aus Massentierhaltung meiden, Tönnies, Wiesenhof und Co. boykottieren, Bio kaufen, Plastik meiden wie die Pest, Steingärten zu grünen Gärten machen, Vögel rund ums Jahr füttern, sein Kreuzchen so machen, dass es endlich eine Agrar- und Verkehrswende gibt, das Artensterben und der Flächenfraß bekämpft werden, mehr Nationalparks und Naturschutzgebiete eingerichtet werden u.v.m.

Sind eigentlich Zoos Ihrer Meinung nach noch zeitgemäß? Jeder Haushalt kann doch heute Reportagen in Ultra-HD bei YouTube schauen…
Das stimmt. Zoos können gute Erziehungseinrichtungen sein, solange die Tiere dort artgerecht gehalten werden können. Eisbären, Raubkatzen, Elefanten und andere haben in Zoos nichts verloren. Und in Zirkussen schon mal gar nicht. Es sagt alles über die vermeintliche deutsche Tierliebe, dass Wildtiere im Zirkus in Deutschland immer noch erlaubt sind.

Die Wissenschaft entwickelt sich stetig weiter. Sind Tierversuche überhaupt noch nötig?
Nein. Dank moderner Computer- und Simulations-Technologie sind sie längst überflüssig.

Frankfurt am Main, Pittsburgh, Regensburg, Wien, Ammersee und Los Angeles. Sie lebten an vielen Orten. Woran erinnern Sie sich gerne zurück?
Am liebsten zur Schule gegangen bin ich in Pittsburgh. In Regensburg hab‘ ich immer noch Freunde, in Frankfurt Familie, In L.A. arbeite ich am liebsten, am Ammersee gehe ich mit meinen Doku-Partnern segeln. Ich lebe wegen meiner Arbeit seit gut 30 Jahren hauptsächlich in Hotels und mache es mir überall schön.

Sie stammen aus keiner Schauspielerfamilie, ihre Eltern waren Musikerin und Biochemiker sowie ihr Bruder Maler. Wie sehen und sahen die Gespräche am Tisch aus? Wer hatte da die meisten Geschichten zu erzählen?
Alle. Bei uns wurde am Esstisch immer gequatscht und diskutiert als gäbe es Geld dafür. Die spannendsten Geschichten hatte meine Oma auf Lager, die war Jahrgang 1895 und wurde 93 Jahre alt. Die hatte alles erlebt was man sich nur vorstellen kann.

Zuletzt würde ich gerne auf die RTL-Serie «Post Mortem» zurückkommen, bei der Sie Hauptdarsteller im Jahr 2007 waren. Wussten Sie damals, dass das eine «CSI»-Kopie wird?
Wir kannten natürlich alle «CSI». Aber da es in fast jedem Land der Welt Morde und Rechtsmediziner gibt, gab es auch in fast jedem Land ein TV-Format über Morde und Rechtsmediziner. Unsere Serie sah total anders aus als die «CSI»-Formate. Auch fallen mir nur sehr wenige deutsche Formate ein, bei denen nicht kopiert wurde und wird. Da haben andere viel frecher geklaut. Bei «Stromberg» z.B. war es so offensichtlich, dass Ricky Gervais sich bis heute freut, wie lukrativ für ihn der Rechte-Klau von «The Office» war. Und die Produktionsfirma von «Post Mortem» brigens ein US-Konzern, die sind beim Klauen aufgrund der amerikanischen Rechtslage und Klagewut eher vorsichtig.

«Hannes Jaenicke: Im Einsatz für Meeresschildkröten» ist Dienstag, den 9. Mai, um 22.15 Uhr im ZDF zu sehen. Bereits 24 Stunden erfolgt die Premiere in der ZDFmediathek.

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