Serientäter

«I Am Not Okay with This»: Mit bekannten Zutaten zum nächsten Serien-Hit?

von   |  4 Kommentare

Netflix hat eine neue Serie von den Machern von «Stranger Things» und «The End of the F***ing World» im Portfolio. Obwohl die Machart an sich nicht innovativ ist, kann die Serie überzeugen und zwar hauptsächlich dank ihrer Figuren.

Ein Mädchen im Ballkleid, von Kopf bis Fuß blutverschmiert, läuft mit versteinerter Miene auf mitten auf der Straße. Aus dem Off spricht die 17-jährige Sydney Novak (Sophia Lillis, «It») zu ihrem Tagebuch: „Dear diary, go fuck yourself.“ Der Schriftzug «I Am Not Okay with This» erscheint. Netflix bewirbt seine neue Serie nicht ohne Hintergedanken damit, dass sie von den Machern der Mega-Hits «Stranger Things» und «The End of the F***ing World» kommt – und ja, die Parallelen sind alleine schon vom Look und Feeling kaum zu übersehen. Man lässt das Ganze in einer amerikanischen Kleinstadt stattfinden, lässt alles ein wenig Retro aussehen und legt fetzige Musik drunter, die aus den 80er-Jahren kommt oder zumindest danach klingt, und schon läuft das.

Die introvertierte Syd gibt sich am liebsten mit ihrer besten Freundin Dina (Sofia Bryant) ab: Mit ihr kann sie unbeschwerter sein, lacht und tollt viel herum. Als Dina dann ihren ersten Freund vorstellt, den beliebten Football-Spieler Brad Lewis (Richard Ellis), stößt das bei Syd auf wenig Gegenliebe. Von da an passieren schräge Dinge mit Syd: Sie bringt Dinas neuen Freund nur mit der Kraft ihrer Gedanken zum Nasenbluten, kann mit einem Schrei einen halben Wald zu Fall bringen. Offenbar geschieht sowas immer dann, wenn Syd verängstigt oder wütend ist und ihre Emotionen nicht kontrollieren kann.

Zuhause ist die Lage zwischen Syd und ihrer Mutter (Kathleen Rose Perkins, «Colony») angespannt. Seit sich ihr Vater umgebracht hat, ist Syd hauptsächlich für die Betreuung ihres Bruders und den Haushalt zuständig. Mit ihrer Mutter redet sie nicht über die vergangenen Vorkommnisse, häufig enden ihre Gespräche im Streit.


Wie es sich für eine Coming-of-Age-Story gehört, muss sich Syd erst noch selbst finden – und bemerkt im Laufe der Zeit, dass Dina vielmehr ihr Typ ist als der offenkundig interessierte und liebenswerte Best-Buddy-Nachbarsjunge Stanley Barber (Wyatt Oleff, «Guardians of the Galaxy»). Dieser Konflikt, der zum Glück nicht in einem großen Liebesdreieck-Drama ausufert, deutet sich schon recht früh an und ehrlich gesagt sind auch die weiteren Ereignisse leicht vorherzusehen. Das tut «I Am Not Okay with This» aber deshalb keinen Abbruch, weil einem die Figuren recht schnell ans Herz wachsen. Darstellerisch liefern die jungen SchauspielerInnen ebenfalls ab.

Zudem schafft «I Am Not Okay with This» den Drahtseilakt, zwischen Positivem und Negativem zu switchen. Mit dem Suizid des Vaters wird schließlich ein ernstes Thema behandelt und Syds psychischer Zustand ist alles in allem sehr instabil. Gleichzeitig gibt es aber auch immer wieder Dialoge und Momente, die einer gewissen Komik nicht entbehren – oft eben bedingt durch Syds sarkastische Art oder dem Umstand, dass Syds geheime, durchaus angsteinflößende Fähigkeit bitte auch erstmal geheim bleiben soll.

Die ganze erste Staffel fühlt sich eher wie ein großer Prolog an. Insbesondere die oben erwähnte «Carrie»-eske Vorausblende zeigt, dass in «I Am Not Okay with This» noch weitaus mehr Potential steckt – die Hauptfigur steht am Ende mit dem Rücken zur Wand. Inwiefern spielt die Vergangenheit von Syds Vater eine Rolle für ihre jetzige Situation? Das Mysterium rund um Syds telepathischen Fähigkeiten steht quasi noch ganz am Anfang. Ebenso spannend dürfte es sein, in weiteren Folgen auf die neu entstandene Dynamik zwischen den Figuren zu blicken.

Auch, wenn die Comic-Vorlage von Charles Forsman dann bereits aufgebraucht ist: Es wäre schade, wenn daraus nicht noch was gemacht werden würde. Zumal der erste Lauf mit nur sieben kurzweiligen Folgen von maximal 28 Minuten Dauer recht flott anzuschauen ist. Showrunner Jonathan Entwistle liebäugelt jedenfalls schon mit eigenen Ideen. Da sich «I Am Not Okay with This» bisher tapfer im Top10-Ranking von Netflix hält, erscheint eine Fortsetzung derzeit auch sehr wahrscheinlich. Alles andere fänden wir nicht okay.

Kurz-URL: qmde.de/116281
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Es gibt 4 Kommentare zum Artikel
Sentinel2003
02.03.2020 14:41 Uhr 1
Es ist seit langem die erste Serie, die ich durch gesuchtet habe....dank der richtig starken Leistung von Sophia Lillis!
Kingsdale
02.03.2020 16:08 Uhr 2
Netter Trailer der vieles mischt. Sabrina trifft auf Stranger Things usw. Aber aus dem Alter bin ich wohl raus. Doch für meine Freundin, die im passenden Alter ist, hab ich sie runtergeladen und werd wohl mal mit reinschauen. Soweit ich weiss, gibt es in Staffel 1 nur 7 Folgen a 30 Minuten. Mh, etwas dünn, oder?
Sentinel2003
02.03.2020 20:08 Uhr 3
Nun, das wird leider im Zuge des starken Trends sein, nur noch kurzen Serien Staffeln zu produzieren.....ich finde auch, es hätten doch durchaus 10 Folgen sein können!
Kingsdale
02.03.2020 21:11 Uhr 4
Ich mag diese "neue Generation" von Serien mit keinen 20 oder mehr Folgen, sondern nur noch ca. 10 oder 13. Da konzentriert man sich auf das Wesentliche, braucht keine Füll-Folgen mehr und behandelt keine Themen die nichts mit dem Verlauf zu tun haben. Aber dannsollte doch die Laufzeit seine 60 Minuten haben. Soweit ich weiss, ist hier aber schon eine zweite Staffel geplant.
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