Die Kritiker

Wie der Titel so der Film

von

«Die Müttermafia-Patin», Fortsetzung der Romanverfilmung «Die Müttermafia», verwirrt nicht nur die Protagonistin Conny, sondern über weite Strecken auch den Zuschauer.

Cast & Crew

  • Regie: Tomy Wigand
  • Buch: Johannes Wünsche, Tomy Wigand
  • Idee: Kerstin Gier (Romanvorlage)
  • Musik: Wolfgang Glum, Warner Poland
  • Kamera: Egon Werdin
  • Besetzung: Annette Frier, Roeland Wiesnekker, Eva Löbau, Tim Bergmann, Chiara Schoras, Claudia Neidig, Charlotte Uedingslohmann, Claudio Magno, Dominique Siassia, Monica Kaufmann u. a.
Das ZDF eröffnet seinen jüngsten Sonntagabendfilm mit einem Rückblick auf den ersten Teil, womit Fernsehenden mit eher schwachem Gedächtnis oder jenen, die die Ausstrahlung von «Die Müttermafia» vor rund einem Jahr gar gänzlich verpasst haben, zumindest die theoretische Chance eingeräumt wird, die Handlung der Fortsetzung nachvollziehen zu können. Tröstend dürfte auf etwas verwirrte Zuschauer der Umstand wirken, dass auch Hauptdarstellerin Annette Frier als Conny eher von den Ereignissen überrumpelt wird, als dass sie Herrin der Lage wäre. Die ganz zentrale Rolle spielt dabei Anton, dargestellt von Roeland Wiesnekker, an den sie ihr Herz verloren hat – unsicher, ob er ihre Gefühle schlussendlich erwidern oder am Ende doch mit einer leichtlebigen Blondine durchbrennen wird. Dass ihr Noch-Ehemann, dessen unerwarteter Scheidungswunsch ihr sorgenfrei dahinplätscherndes Leben überhaupt erst in den Wasserfall verwandelt hatte, in dessen Strömung sie nun Halt sucht, langsam zu erkennen beginnt, was er an seiner Gemahlin hatte, verschärft das Gefühlschaos noch. Die Pubertät ihrer Tochter, die Abneigung der Sechsjährigen ihres Traummanns gegen ihre Person und das nicht minder chaotische Leben ihres freundschaftlichen Umfelds tragen darüber hinaus nur bedingt dazu bei, die Situation zu entspannen.

Die sprunghafte Handlung ist dabei nicht nur dem ZDF zuzuschreiben, sondern geht auch auf die Autorin der Romanvorlage, Kerstin Gier, zurück, deren bekanntestes Werk die ebenfalls in Teilen verfilmte Trilogie „Liebe geht durch alle Zeiten“ sein dürfte. Gier hat seit 2005 insgesamt vier Erzählungen über das unstete Leben der Protagonistin verfasst und ein unzweifelhaftes Talent für griffige Titel – ihr Druckwerk ging als „Die Patin“ über den Ladentisch, was dem Sender wohl zu wenig auf den Erstling verwies, weshalb es der grauenhaft ungelenke Name «Die Müttermafia-Patin» tatsächlich in dieser Form in die Programmübersichten schaffte und damit ein neues, unrühmliches Kapitel in der langen Geschichte der peinlichen deutschen Filmbezeichnungen aufschlug. Verständlich, dass Annette Frier selbst den Titel nicht in den Mund nehmen möchte und auf ihrer offiziellen Internetpräsenz lieber von „Die Patin“ spricht.

Tatsächlich gewinnt man den Eindruck, dass sich die Produzenten ganz und gar auf den Geschmack und das Talent der Hauptdarstellerin verlassen haben, ist sie doch mit die einzige Konstante des Werks. Ihr Schauspiel macht den Film unterm Strich durchaus sehenswert, woran auch Roeland Wiesnekker einen Anteil hat. Er verkörpert einen Typ Mann, der es in der aalglatten Welt der ZDF-Unterhaltungsfilme sonst nur selten auf den Bildschirm schafft, da der ungewohnte Eindruck entsteht, dass die Figur des Anton wirklich mehr ist, als nur ein Spiegelbild klischeebeladener weiblicher Sehnsüchte, sondern ganz reale Eigenschaften besitzt. Das Hin und Her der beiden Rollen ist so chaotisch wie interessant und die verkrampft-charmanten Begegnungen der beiden stellen unzweifelhaft die Höhepunkte des Films dar.

Dass es diesen Höhepunkten und ganz im Allgemeinen der Erzählung an sich jedoch über weite Strecken an einem roten Faden mangelt, trübt den Genuss des Betrachters deutlich. Die Handlung will ein authentisches und damit facettenreiches Leben nachzeichnen, scheitert aber daran, eine Balance zwischen Relevantem und Nebensächlichem zu finden. Stattdessen wird der Zuschauer in Überschallgeschwindigkeit von neuen Eindrücken und Ereignissen überhäuft, was eine stimmige Geschichte vereitelt. Weder ist ein klarer Anfang, noch ein eindeutiges Ende auszumachen – und die Strecke dazwischen wird im wilden Wechsel variantenreicher Gangarten absolviert. Die verschiedenen Stilmittel, wie das visualisierte Wunschdenken von Conny, würden einem Film mit gelungenem Rhythmus gut tun, hier hingegen untermauern sie den chaotischen Gesamteindruck nur noch.

Was bleibt, ist ein vielschichtiger Film, der in etwa so stimmig wirkt, wie eine Ketchup-Gurken-Sahnetorte. Für sich genommen sind die einzelnen Szenen technisch und schauspielerisch gut gemacht, die Mixtur will aber nicht so recht beim Zusehenden wirken. Mit dem zu erwartenden Erfolg des Streifens wird aber wohl die Produktion der Fortsetzung einhergehen und damit die Hoffnung, dass die weitere Handlung im Rückblick ein wohlwollenderes Fazit auf «Die Müttermafia-Patin» erlaubt – vielleicht denkt das ZDF ja auch noch einmal über den anstrengenden Titel nach. Bis dahin kann sich ein eigener Eindruck vom Film durchaus lohnen, wobei das ein oder andere Glas Rotwein dazu beitragen mag, die gröbsten Falten, die die Handlung in den eigenen Gehirnwindungen schlägt, auszubügeln.

Das ZDF strahlt die Fortsetzung «Die Müttermafia-Patin» am Sonntag, den 12. April 2015, ab 20.15 Uhr aus.

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