Stab
Darsteller: Michael Epp, Dirk Borchardt, Mercedes Müller, Henriette Richter-Röhl, Adrian Grünewald, Artemis ChalkidouMusik: Roman Fleischer und Tim Schwerdter
Kamera: Christian Huck
Drehbuch: Xaõ Seffcheque und Lina Victoria Schmeink
Regie: Adolfo J. Kolmerer
Eines gleich vorneweg: «Die Tote vom Jakobsweg» ist weniger Thriller als thermolabiler Thermobecher – außen heiß angekündigt, innen lauwarm serviert. Wer hier Spannung sucht, findet leider nur Dialoge wie aus dem Mittelstufen-Spanischkurs, Charaktere mit der Tiefe eines Instagram-Posts von 2013 und Krimi-Stimmung, die sich anfühlt wie ein schlecht klimatisierter Regionalzug auf dem Weg nach nirgendwo.
Hauptkommissar David Acosta (Michael Epp) wird frisch aus Valencia in das raue Galicien versetzt – „rau“ bedeutet hier offenbar: unfreundlich, regenverhangen und durchweg mit kriselnden Ehen dekoriert. Der gute David ist einer von diesen Fernsehkommissaren, die aussehen, als hätten sie eigentlich ein Fitnessstudio zu leiten, sich aber für einen dramatischeren Lebensentwurf entschieden haben. Seine Miene changiert zwischen „Ich habe schlecht geschlafen“ und „Ich habe sehr schlecht geschlafen“. Die Tochter fremdelt, die Ex-Frau auch – aber das scheint ihn nicht daran zu hindern, mit dem Enthusiasmus eines Frühstücksmoderators durch die Ermittlungen zu schlurfen. Das Ermittlerteam? Ein Alpha-Männchen alter Schule (Dirk Borchardt), das offenbar in jeder Szene versucht, seine Stoppeln lauter sprechen zu lassen als seine Dialogzeilen. Und eine taffe Kommissarin (Mercedes Müller), die zwar klug sein soll, aber vor allem viele leere Sätze aufzusagen hat.
Der geheimnisvolle Pilger Carmelo – gespielt von Max Befort – ist derweil der Typ Mann, den das Drehbuch offenbar für gefährlich, düster und verführerisch hält, als er ins Visier der Kommissare gerät. Tatsächlich erinnert er aber eher an jemanden, der nachts vor einer Jugendherberge auf seine Gitarre aufpasst. Wenn er schließlich aus dem Fokus gerät, ist man fast erleichtert – bis man merkt, dass das Drehbuch dann gar nichts mehr weiß, wohin mit sich.

«Die Tote am Jakobsweg» hätte das Zeug zu einem düsteren Psychodrama gehabt – oder wenigstens zu einem halbwegs spannenden Regionalkrimi mit Pilgerflair. Stattdessen bleibt der Film wie ein Jakobsweg-Magnet aus dem Souvenirladen: glitzert kurz, fällt aber ab, sobald man einmal zu lange hinsieht. Pilgern soll ja der Selbsterkenntnis dienen. Doch dieser Film dient vor allem der Erkenntnis, dass ein stimmungsvoller Schauplatz und ein Krimi-Plot aus der Retorte eben keinen echten Weg ergeben.
Der Film «Die Tote vom Jakobsweg» wird am Donnerstag, den 22. Mai um 20.15 Uhr im Ersten ausgestrahlt.
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