Serientäter

«Shardlake»-Kritik: «Der Name der Rose» für Arme?

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Die hierzulande bei Disney+ untergebrachte Krimiserie «Shardlake» bedient sich historischer Ereignisse, lässt dabei allerdings jeglichen Funken von Authentizität vermissen.

Angesiedelt während der Auflösung der englischen Klöster und damit der Regentschaft von Henry VIII., wird die aus den Büchern von CJ Sansom bekannte Romanfigur Matthew Shardlake von keinem geringeren als Thomas Cromwell beauftragt, einen Mord in einem Kloster zu untersuchen und dabei nichts unversucht zu lassen, einen Grund für die Auflösung dieses Klosters zu finden. Im Gegensatz zu Trailer und Plakaten zur Serie wird schnell deutlich, dass der prominent beworbene Sean Bean hier lediglich eine äußerst kleine Nebenrolle einnimmt. Zentraler Dreh- und Angelpunkt ist die Titelfigur Matthew Shardlake, ein an Skoliose leidender Anwalt. In klassischer Buddy-Manier wird ihm der aufmüpfige Jack Barak zur Seite gestellt. Beide harmonieren in ihrer kratzbürstigen Art auch durchaus gelungen miteinander und bieten eine schauspielerisch solide Darstellung. Gepaart mit einem brutalen Mord, den es aufzuklären gilt und einigen Intrigen, sollte «Shardlake» damit eigentlich genügend Potential für durchweg unterhaltsame historische Krimiunterhaltung bieten.

Doch leider fehlt es der Serie abseits ihrer beiden Protagonisten massiv an Authentizität und damit auch Immersion. Räumlichkeiten und Stadtbilder wirken stets künstlich, so als wäre hier massive Computeranimation am Werk gewesen, vergleichbar mit einem echten Apfel der auf dem Tisch liegt und einem aus Kunststoff. Moderne Frisuren, blitzblanke Polyesterkleidung und ein, mittlerweile offensichtlich selbst bei einer im Mittelalter angesiedelten Serie, obligatorisch diverses Casting, sorgen kumuliert für fehlende historische Glaubwürdigkeit. «Shardlake» ist damit aufgrund dieser Aneinanderreihung von immersionsraubenden Entscheidungen im Bereich Set-Building, Casting oder Kostüm- und Maskenbild bestenfalls im Bereich der reinen Fiktion, mit von der Geschichte geliehenen Ereignissen einzuordnen.

Auch wenn es durchaus schwierig erscheint, über das schwache Filmset, insbesondere auf das als zentraler Handlungsort fungierende Kloster bezogen, hinwegzuschauen, scheitert «Shardlake» nicht an den hauptsächlich visuellen Kritikpunkten. Woran die Serie hingegen scheitert, ist die fehlende Steigerung der Handlung hin zu einem Höhepunkt. Die Miniserie vermag es innerhalb ihrer lediglich vier Folgen nicht den Spannungsbogen merklich anzuheben. Statt einer Spannungskurve in Pyramidenform, schreitet die Handlung in einem waagrechten Strich von Folge eins bis vier fort.

Abschließend verwundert es nicht, dass Sean Bean auf dem Plakat zur Serie so zentral beworben wurde, tatsächlich dann aber kaum in Erscheinung tritt. Denn die gesamte Serie ist auf Erwartungen aufgebaut, die sie nicht erfüllen kann. Wer gelungene, authentische Krimiunterhaltung im Kloster sucht, sollte sich lieber noch einmal «Der Name der Rose» anschauen.

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