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Die griechische Tragödie – Part 1: Die Geburt

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Dichter Thespis war nach Aufzeichnungen der erste Dichter, der eine Tragödie aufführte. Schon 500 Jahre vor Christus wurde die erste große Geschichte erzählt.

Die Anfänge der griechischen Tragödie und des Theaters
Um 600 bis 500 v. Chr. begann im antiken Athen die Zeit der Dionysien. Das waren sechstägige Feste, die einmal jährlich im März zu Ehren des Weingottes und Gottes der Ekstase, Dionysos, gefeiert wurden. In dieser Zeit wurde ausgelassen gegessen, getrunken und getanzt, ohne viel Rücksicht auf Anstand und Moral. Der Tyrann Peisistratos erhob die Dionysien zum Staatskult in Athen. Nach dem griechischen Mythos wird der Gott Dionysos von einem Gefolge wilder Dämonen, den Satyrn, begleitet. In diesem Schauspiel, das von Gauklern und Chören begleitet wird, entstehen im antiken Griechenland die Anfänge des Theaters und der griechischen Tragödie. Ein Chor, dessen Sänger als Satyrn verkleidet sind, singt Lieder zu Ehren des Gottes Dionysos. Im Jahr 534 v. Chr. führte der Dichter Thespis zum ersten Mal eine Tragödie auf. Dabei stellte er dem sonst nur singenden und tanzenden Chor einen einzelnen Schauspieler gegenüber. Dieser Schauspieler trägt keine Tiermaske wie die Figuren des Chores, sondern eine menschliche Maske. Gesang, Rede und Gegenrede sind die Folge. So tritt der einzelne Schauspieler vor den Gott Dionysos, stellt Fragen an das Schicksal und entdeckt sich selbst. Die Urform der griechischen Tragödie ist geboren!

Allgemeines zu den Anfängen der griechischen Tragödie
Nach dem Philosophen Aristoteles soll eine Tragödie (Trauerspiel/Drama) beim Zuschauer Furcht und Mitleid erregen. Am Ende soll er als besserer Mensch nach Hause gehen. Goethe widerspricht dem und meint, dass der Ausgang eines Stückes nichts mit dem Zuschauer zu tun hat.

Die bekanntesten Tragiker ihrer Zeit waren Aischylos, Sophokles und Euripides. Aischylos war der erste, der einen zweiten Schauspieler in die Tragödie einführte. Sophokles soll der erste gewesen sein, der einen dritten Schauspieler in die Tragödie einführte. Alle drei Dichter haben in ihren Tragödien, die im 5. Jahrhundert v. Chr. entstanden sind, ähnliche Überlegungen angestellt. Von Aischylos über Sophokles bis hin zum jungen Euripides wendet man sich allmählich von den Göttern ab und den Menschen zu. Auf die Tragödien der genannten Dichter wird später noch näher eingegangen.

Zunehmend geht es in der griechischen Tragödie nicht mehr nur um Kult. Auch Spannung und weltliche Kunst spielen eine Rolle. Spezielle Maschinen (z.B. zur Darstellung von Donner und Blitz) werden entwickelt und neue Masken für die Schauspieler hergestellt. Große Theateranlagen entstehen. In Epidauros z.B. findet sich die am besten erhaltene Anlage mit Orchestra (Vorplatz) und Bühnenhaus (Skene) davor. Gegenüber erstrecken sich großzügige Zuschauerränge vom Boden bis in die Höhe.

Daten zu den drei bedeutendsten griechischen Tragödiendichtern
Aischylos wurde 525 v. Chr. in Eleusis als Sohn eines Gutsbesitzers geboren. Er nahm als Soldat für Athen an den Perserkriegen teil. Schon früh begann er mit der Tragödiendichtung und gewann 12 Tragödienwettbewerbe. Er schrieb etwa 90 Dramen, von denen leider nur sieben vollständig bekannt sind. Aischylos lebte später in Gela auf Sizilien, wo er 456 v. Chr. starb.

Sophokles wurde 496 v. Chr. in Kolonos, nordwestlich von Athen, geboren. Er gilt als der klassischste griechische Dichter und war 20 Mal Preisträger der Dionysien. In seinen Werken sind die Charaktere und ihre Beziehung zur Gemeinschaft das Hauptthema. Von seinen rund 100 Stücken sind nur sieben vollständig erhalten. Sophokles starb 406 v. Chr. in Athen.

Euripides, 480 v. Chr. in Salamis geboren, gehörte zur gehobenen Gesellschaft Athens. Er hatte unter anderem Kontakt zu Sokrates und anderen bekannten Philosophen. Typisch für Euripides sind sozialkritische Themen, Alltagssprache und das Auftreten von Personen aus den unteren Gesellschaftsschichten. Menschlicher und göttlicher Wille stehen sich bei ihm kritisch gegenüber. Er schrieb etwa 90 Tragödien, von denen 18 erhalten sind. Kurz vor seinem Tod im Jahr 406 v. Chr. ging er an den makedonischen Königshof.

Hauptmerkmale der griechischen Tragödie
Der Grundaufbau der griechischen Tragödie ist unveränderlich:
1. der Prolog, in dem ein Schauspieler auftritt, sich und die Handlung vorstellt (Einleitung)
2. Parados, das Eröffnungslied mit Einzug des Chores
3. Episodion als erste Spielszene
4. Stasimon als Ende der ersten Szene mit Gesang des Chores
5. Wechsel von mehreren Episodia und Stasima
6. Exodus als Schlussgesang mit Auszug des Chores

Eine Besonderheit war z.B. das überraschende Erscheinen eines Gottes und sein entscheidendes Eingreifen in die Handlung. Da diese Göttergestalt in einem kranartigen Fluggerät schwebte, war auch das Staunen der Zuschauer wirkungsvoll.

In einer griechischen Tragödie befindet sich der Protagonist (Hauptdarsteller) in einer ausweglosen Situation. Es gibt kein Happy End, sondern immer ein Ende, das mit "schuldlos schuldig" beschrieben werden kann. Dies lässt sich auch durch noch so große Anstrengungen der anderen Akteure nicht verhindern. Die Themen drehen sich um Sein und Nichtsein, Schuld und Sühne, Menschen und Götter, Charaktere und Schicksale. Es geht um existentielle, philosophische und religiöse Fragen.
Ursprünglich hatte die griechische Tragödie folgenden Ablauf: Auftritt Chor - Mono- und Dialoge Schauspieler. Die Schauspieler, es durften nur Männer auftreten, trugen Masken, Identität und Individualität waren damit aufgehoben. Der Aufbau erfolgte nach den drei Einheiten Handlung, Ort und Zeit. Die dargestellte Handlung ist linear, das Geschehen spielt sich bis auf wenige Ausnahmen am gleichen Ort ab. Die Spielzeit der Tragödie ist identisch mit der Dauer der jeweiligen Aufführung.

Auch wenn sich die Moderne mit Kult und Göttern schwer tut, bleibt die Größe und Tiefe der antiken Tragödien unbestritten. Aus diesem Grund haben sie nach wie vor einen festen Platz auf den Theaterbühnen der Welt. So gewannen die griechischen Tragödien im 16. Jahrhundert in Westeuropa stark an Interesse.

Vor allem der Name Antigone aus der gleichnamigen Tragödie von Sophokles spielt dabei oft eine Rolle. Später wird die antike Welt z.B. als christliche Ritterwelt mit schöner Königstochter (Antigone) und höfischem Brautwerbungszeremoniell dargestellt. Aus griechischem Mythos und griechischer Tragödie wird plötzlich eine Tragödie mit interessantem mittelalterlichem Flair!

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