Schwerpunkt

ZDF: Hier wird geklotzt und nicht gekleckert

von

In den vergangenen Jahren entwickelte sich der Sender zu einer echten Reichweitenmacht – mit Programmen, die kaum zu schlagen sind.

Während zahlreiche ARD-Anstalten gemeinsam Das Erste füllen, muss das ZDF lediglich seinen Hauptkanal stemmen – und das gelingt bemerkenswert gut. In der vergangenen Fernsehsaison erreichten die Mainzer 14,9 Prozent Marktanteil beim Gesamtpublikum und übertrafen damit sogar das Vorjahresergebnis um 0,1 Prozentpunkte. Bei den 14- bis 49-Jährigen liegt das ZDF mit 7,6 Prozent hinter RTL (10,1 %) und Das Erste (8,3 %) auf Platz drei. Mit Intendant Dr. Norbert Himmler, Verwaltungsdirektorin Karin Brieden und Programmdirektorin Dr. Nadine Bilke ist der Sender personell gut aufgestellt.

Das ZDF punktet weiterhin am Mittag: Erst wird gekocht, dann verhandelt Horst Lichter antikes Trödelgut, bevor die «Rosenheim-Cops» in Endlosschleife übernehmen. Während andere Sender in diesen Zeitschienen Zuschauer verlieren, bleibt das ZDF stabil. Mit «hallo deutschland» um 17.15 Uhr folgt ein Boulevardmagazin, danach startet die werktägliche Serienstrecke. Die «SOKO»-Formate um 18.00 Uhr sind gesetzt, auf dem 19.25-Uhr-Sendeplatz gibt es Licht und Schatten: «WISO» liefert Qualität, die «Rosenheim-Cops» am Dienstag funktionieren gut, der Mittwoch mit seinen Factual-Formaten dagegen weniger. Am Donnerstag läuft «Notruf Hafenkante» solide, freitags ist «Bettys Diagnose» ein Erfolg.

Aktuell scheint das ZDF einen Höhepunkt zu erleben – doch einige Formate sind merklich in die Jahre gekommen. «Notruf Hafenkante», die «Rosenheim-Cops» oder der «Bergdoktor» sind längst nicht mehr taufrisch. Neue Projekte wie «Fritzie» wurden bereits wieder eingestellt. Die letzten Programm-Neustarts waren meist Krimi-Reihen, die jedoch kaum Aufmerksamkeit erzeugten.

Dennoch liefern etablierte Formate wie «Ein starkes Team» und «Wilsberg» regelmäßig Spitzenquoten – auch ohne Corona-bedingte Abende zu Hause. Bis zu sieben Millionen Zuschauer sprechen eine deutliche Sprache. Mainz hat zum Glück das große Ganze im Blick: Neben Krimis laufen am Wochenende Shows und Spielfilme. Nach der Primetime am Samstag folgt das «aktuelle sportstudio», das rund 1,5 Millionen Menschen erreicht. Fraglich bleibt, ob Das Erste und ZDF wirklich identische Fußballrechte benötigen – einzig mit unterschiedlicher Sendezeit.

Auffällig ist, dass am ZDF-Wochenende wenig Bewegung herrscht. Früher liefen am Samstagvorabend Tier-Dokus, heute gibt es Wiederholungen von «SOKO»-Serien oder dem «Bergdoktor» – mit oft enttäuschenden Quoten. Zwischen Wintersport und Sportgroßereignissen laufen immer wieder «Bares für Rares» oder erneut die «Rosenheim-Cops». Dabei wäre gerade hier Platz für neue Experimente. Doch weil die Privaten stärker an Reichweite verlieren, kann sich das ZDF entspannt zurücklehnen.

Aufpassen muss man allerdings bei der Ausweitung von «Aktenzeichen XY». Die Marke fiel zuletzt unter die Vier-Millionen-Marke. Da stellt sich die Frage, ob nicht manche Spezialthemen besser im Rahmen der Hauptsendung untergebracht wären. Ein starkes Format sollte man pflegen – ebenso wie die Talkshows von Markus Lanz und Maybrit Illner. Lanz entwickelte sich während der Pandemie zum anerkannten Talk-Journalisten, Illner moderiert seit über 25 Jahren souverän. Auch der Freitagabend wird erfolgreich bespielt: Frische Serien, starke Comedys wie «heute-show» und «ZDF Magazin Royale». Selbst das weniger quotenstarke «Die Anstalt» passt ins Gesamtbild.

Der Dienstag bleibt der Informationsabend des ZDF – allerdings mit einer gewissen Beliebigkeitsfalle: Mal widmet sich «ZDFzeit» der Ernährung, mal geht es um royale Familien oder US-Politik. Die inhaltliche Bandbreite macht eine Zuschauerbindung schwierig. Doch immerhin: Das ZDF sendet überhaupt hochwertige Dokumentationen – was bei anderen Sendern oft nur angekündigt und dann wieder eingestellt wird.

Kurzum: Das ZDF fährt mit seinem Hauptkanal konstant gute Quoten ein. Neben starken Shows und Krimis helfen auch Großevents und ein stabiles Nachrichtenangebot. Kritische Stimmen werden vom Intendanten Dr. Himmler konsequent abgewiegelt. Doch eines bleibt gewiss: Das ZDF weiß, wie Fernsehen funktioniert – und wo es sich lohnt, zu klotzen.

Kurz-URL: qmde.de/162935
Finde ich...
super
schade
Teile ich auf...
Kontakt
vorheriger ArtikelBBC zeigt mehr Frauen-Rugbynächster ArtikelNessiontour – Authentisch, persönlich und mitten im Leben
Schreibe den ersten Kommentar zum Artikel

E-Mail:

Quotenletter   Mo-Fr, 10 Uhr

Abendausgabe   Mo-Fr, 16 Uhr

Datenschutz-Info

Letzte Meldungen


Mehr aus diesem Ressort


Jobs » Vollzeit, Teilzeit, Praktika


Surftipp


Surftipps


Werbung