Die Kritiker

«Ein Taxi zur Bescherung»

von

Den Auftrag kann sich der Hamburger Taxifahrer Axel Parschke nicht entgehen lassen. Der Fahrgast, der in seinen Wagen einsteigt, hat ein so wichtiges Rendezvous im Erzgebirge-Städtchen Bergrode, dass er bereit ist, ihm 850 Euro für die Fahrt zu zahlen. Alles sieht gut aus, bis die beiden erst einmal in Magdeburg stranden.

Stab

DARSTELLER: Dietmar Bär, Max Riemelt, Gabriele Völsch, Marlene Tanczik, Nhung Hong, Sebastian Reusse, Clemens Kersten, Katja Preuß
DREHBUCH: Claudia Matschulla, Arnd Mayer
REGIE: Dirk Kummer
KAMERA: Feli von Muralt
MUSIK: Mathias Rehfeld
PRODUZENTIN: Heike Wiehle-Timm
Relevant Film Produktion
«Ein Taxi zur Bescherung» ist eine warmherzige, liebenswürdige Komödie, von der man allerdings keinen krachenden Humor oder gar das große, absurde Theater erwarten darf, wie es Christoph Maria Herbst und Bastian Pastewka in ihrem irrwitzigen Roadtrip «Zwei Weihnachtsmänner» 2008 erlebt haben. «Ein Taxi zu Bescherung» ist öffentlich-rechtliches, sonntägliches Herzkino auf einem Sendeplatz, auf dem ansonsten Rosamunde Pilcher die ganz großen Gefühle erlebbar macht oder Inga Lindström das Herz in Wallungen versetzt. Jedoch lässt schon die Besetzung des Axel Parschke aufhorchen: Dietmar Bär stellt den grummeligen Taxifahrer dar, ein Schauspieler, der nicht gerade oft auf dem Radar großer Gefühlsfilme auftaucht.

Bär ist also Axel Parschke. Der will eigentlich Weihnachten durcharbeiten, da auf ihn eh niemand daheim wartet. Doch dann tritt am Bahnhof Dammtor Jan Olsmer in sein Leben. Jans Zug ist ausgefallen. Wenn Axel ihn nach Bergrode bringt, soll das nicht zu seinem Nachteil sein. Also lässt sich Axel, der von Natur aus ein eher misstrauischer Mensch ist, die Hälfte der vereinbarten Summe schon einmal im Voraus bezahlen - dann fahren sie los. Auf der Fahrt erfährt Axel, dass Jan vor einigen Jahren einen schweren Unfall hatte. Seither ist der offenbar gut betuchte IT-Analyst blind. Mit allerlei technischen Gadgets bewegt er sich problemlos durchs Leben. Soweit geschieht erst einmal nicht viel – bis sie in einen Stau geraten, Axel diesen umfahren will, dabei aber in den nächsten Stau gerät, der eine Weiterfahrt unmöglich macht – und die beiden Männer in einem Motel landen. Zum Verdruss des eiligen Fahrgastes, denn der hat über eine Dating-App die Frau seines Lebens kennengelernt. Dessen ist er sich sicher. Sie ist es. Sie ist perfekt. Axel findet das zwar etwas befremdlich, aber gut, der Gast zahlt, der Gast hat recht; dass die beiden aber die Nacht in einem Doppelbett verbringen müssen ... Axel trägt es mit Fassung!

Am folgenden Morgen setzen sie ihre Fahrt zu dritt vor. Linh ist, oder besser gesagt war, Kellnerin in ihrer Absteige. Linh scheint ganz patent zu sein, etwas vorlaut, aber nett. Immerhin hat sie die beiden vor dem ungenießbaren Essen in ihrer Absteige gewarnt. Als sie erfährt, dass sich die beiden auf den Weg nach Bergroda befinden, nutzt sie die Gunst der Stunde, den ungeliebten Job einfach hinzuschmeißen und sich den beiden anzuschließen, denn: Linhs Vater lebt in Bergroda. Den hat sie seit Jahren nicht mehr gesehen. Da ihre Mutter ihre erkrankte Oma in Vietnam besucht, wäre sie dieses Weihnachtsfest ganz alleine. Das kann Jan nicht zu lassen. So nimmt die Fahrt ihren Lauf und endet am anvisierten Zielort.

Jan wird von der Frau seines Lebens, Jenny, am vereinbarten Treffpunkt abgeholt und, nun ja, diese ist erstaunt, dass Jan blind ist. Das hat er ihr nämlich nicht mitgeteilt. Und dann ist da die unfreundliche Dame, mit der sich Axel zofft, weil er ihr angeblich fast in den Wagen gefahren wäre. Als würde dieser eine Zwischenfall nicht reichen, wird er tatsächlich kurze Zeit später von einem Wagen geschnitten, ratscht über einen Bordstein und kann nicht mehr weiterfahren. Ein Relais ist kaputt. Immerhin steht der unachtsame Fahrer zu seinem Fehler. Eddy heißt er, ist gerade Vater von Zwillingen geworden, schläft seit Wochen nicht mehr durch und - er ist Automechaniker. Seine Chefin Sofia wird das mit Axel schon klären. Und wer ist Sofia? Die unfreundliche Dame, mit der sich Axel gerade erst gezofft hat. Das Problem: Das Relais muss bestellt werden, was sicher bis Heiligabend dauern wird ...

«Ein Taxi zur Bescherung» erfindet das Genre der Komödie nicht neu. Die einzelnen Versatzstücke, aus der die Handlung besteht, sind hinlänglich bekannt. Aber als Feel-Good-Komödie vor dem Fest funktioniert die ZDF-Produktion dennoch tadellos. Dietmar Bär gibt den kauzigen Taxifahrer mit sichtbarem Spaß an der Rolle. Er ist der Dreh- und Angelpunkt der Geschichte, bei dem die einzelnen Handlungsfäden zusammenlaufen. Die Geschichte von Jan und Jenny etwa nimmt eine unerwartete Wendung (da auch Jenny eine Kleinigkeit „vergessen“ hat zu erwähnen). Linh wiederum ist im Grunde auf der Suche nach einer Familie, denn es hat Gründe, warum sie ihren Vater lange nicht gesehen hat. Und Sofia ist natürlich auch nicht so laut, wie sie in die Geschichte eingeführt wird. Bär stellt Axel als einen Typen dar, der doch eigentlich nur seine Ruhe haben will. Er will Taxi fahren, dafür bekommt er sein Geld und das ist gut so. Er ist kein Paartherapeut, schon gar nicht für Paare, die sich eigentlich noch gar nicht richtig kennen. Er ist kein Vater (und muss sich doch – auf seine Art zumindest – Linhs annehmen). Und mit Frauen hat er es eigentlich auch schon lange nicht mehr, auch wenn er nicht verhehlen kann, dass er mit dieser Sofia ja auf den zweiten Blick ganz gut klarkommt. Sofia-Darstellerin Gabriele Völsch ist in diesem Zusammenspiel ein Casting-Glückfall, denn sie weiß ihre Rolle nicht nur resolut (mit einem überraschend verletzlichen Kern) anzulegen, sie spielt vor allem die gesamte Spielzeit über auf Augenhöhe mit Dietmar Bär.

Irgendwann ist dann Weihnachten. Ein Lächeln huscht übers Gesicht. Und das Leben ist doch eigentlich schön.

Am Sonntag, 18. Dezember 2022, 20.15 Uhr, ZDF

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